Gebet bewegt die Weltgeschichte

Der Buß- und Bettag ruft dazu auf, eigen Schuld zu bekennen und sich Gott zuzuwenden. Für die kirchliche Friedensarbeit in der DDR war das ein zentraler Gedanke. Er hat die Welt verändert.
Von Jonathan Steinert

Jerusalem hat keine Chance: Das übermächtige Heer der Großmacht Assyrien mit seinem König Sanherib belagert die Hauptstadt Judas, eines im Vergleich dazu winzigen Reichs. Andere Städte hat Sanherib bereits eingenommen. Nun stehen die ausgebesserten Mauern und eine geheime Wasserleitung den Belagerern entgegen – und das Gottvertrauen von König Hiskia. Als die Assyrer vor den Toren der Stadt über den Glauben Hiskias spotten und das Volk gegen seinen König aufwiegeln wollen, geht der in den Tempel, um zu beten.

In größter Not folgt Hiskia dem Rat der Propheten und wendet sich an seinen Gott. Sein Glaube wird belohnt – die Assyrer werden schließlich kampflos geschlagen, womöglich durch die Pest. So erklärt es Harald Bretschneider im PRO-Podcast „Glaube. Macht. Politik.“. Er initiierte 1980 als Landesjugendpfarrer von Sachsen die ökumenische Friedensdekade in der DDR und rief dafür die Aktion „Schwerter zu Pflugscharen“ ins Leben. 100.000 Lesezeichen ließ er mit diesem Motto drucken samt dem Bild einer Skulptur, die genau dieses Motiv zeigt: ein Mann, der aus einem Schwert einen Pflug schmiedet.

Schwerter zu Pflugscharen Foto: Harald Bretschneider; PRO
Das Motiv, das Harald Bretschneider zur Friedensdekade 1980 entwickelte, ist bis heute das Logo der Ökumenischen Friedensdekade

Die biblische Grundlage dafür liegt in dieser Geschichte von Hiskia und in den Worten, die ihm die Propheten Micha und Jesaja im Auftrag Gottes mitgegeben haben, erklärt Bretschneider.

Im fast gleichen Wortlaut heißt es bei Micha und Jesaja: „Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des HERRN, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. Und er wird richten unter den Nationen und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“ (Jesaja 2,3-4; Micha 4,2-3)

Hiskia hat sich nicht auf Waffen verlassen, sondern auf Gott. Er hat sich und die Situation Gott anvertraut. Bretschneider sieht darin einen Akt der Buße. Und das war auch sein Anliegen mit der zehntägigen Friedensdekade, die mit dem Buß- und Bettag endete. In einer Zeit der Not, wo Kriegsgefahr in der Luft lag, die Spannungen zwischen Ost und West zunahmen, die beiden deutschen Nachbarstaaten aufrüsteten und die Gesellschaft der DDR durch und durch militarisiert war – da sollte von den Kirchen der Ruf zum Gebet, zur Umkehr, zum Frieden ausgehen. Am Buß- und Bettag, einem Mittwoch, sollten die Kirchenglocken 13 Uhr zum Gebet einladen – zum selben Zeitpunkt, an dem, wie jeden Mittwoch, die Sirenen und Sicherheitsanlagen des Staates für den militärischen Ernstfall getestet wurden.


Im Podcast berichtet Harald Bretschneider, wie er die Aktion „Schwerter zu Pflugscharen“ entwickelte, wie die DDR-Führung darauf reagierte und welche Rolle sie für die Friedliche Revolution spielte.

Glaube. Macht. Politik. Foto: PRO
Glaube. Macht. Politik.
(14) „Schwerter zu Pflugscharen“: Ein Friedenssymbol schreibt Geschichte (Harald Bretschneider)
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Friedensarbeit ist nicht ohne Buße möglich, davon ist Bretschneider überzeugt. Buße hat für ihn drei wesentliche Aspekte, erklärt er bei „Glaube. Macht. Politik.“:

  • Erkennen, dass die Welt kompliziert ist und es auf das Allermeiste keine einfachen Ja-Nein-Antworten gibt. Und gleichzeitig bekennen, dass es einen Gott gibt, der diese komplizierte, verworrene, Not leidende Welt in seiner Hand hat.
  • Bekennen, dass man als Mensch schuldig wird, verführbar und manipulierbar ist, wie es Adam und Eva im Paradies waren. Zum eigenen kurzfristigen Vorteil schließt man Kompromisse und verliert den Fokus auf Gottes Weg und Willen aus dem Blick.
  • Bekennen und darauf vertrauen, dass Gottes Möglichkeiten größer sind als menschliche Unmöglichkeiten.


Bretschneider hat es in der Friedlichen Revolution 1989 ebenso wie Hiskia 701 vor Christus bei der Belagerung seiner Stadt erlebt: Das Gebet, die Umkehr zu Gott, hat weltbewegende Kraft. Das ist der Schatz des Buß- und Bettages.

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Eine Antwort

  1. „Gebet bewegt die Weltgeschichte. “ Unser Gebet vermag viel, wenn es ernsthaft ist. Ein großer Trost!

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