Feministische Moschee in Berlin eröffnet

In Berlin hat am Freitag eine Moschee eröffnet, die gezielt Frauen als Imame einsetzt und in der beide Geschlechter gemeinsam beten. Dazu hat die Feministin Seyran Ates Räume einer evangelischen Kirchgemeinde angemietet.
Von Anna Lutz
Seyran Ates

In Berlin gibt es seit Freitag eine in Deutschland einzigartige Moschee: Im Stadtteil Moabit sollen Frauen gemeinsam mit Männern beten, das Gebet anleiten und auch predigen. Acht Jahre lang habe sie auf die Eröffnung hingearbeitet, sagte Seyran Ates bei der Eröffnung. Andere Gemeinden diskriminierten Frauen, indem sie sie in einem seperaten Raum beten und nicht predigen ließen. Deshalb habe sie selbst bisher keine Glaubenseinrichtung regelmäßig besucht.

Viele Mitstreiter seien aus Angst, „dass etwas passieren könnte“, abgesprungen, beschrieb sie den Protest, den ihr Projekt unter Muslimen ausgelöst hat. Denn die Moschee ist nicht nur feministisch ausgerichtet. Sie soll auch alle muslimischen Richtungen vereinen. Sunniten, Schiiten, Aleviten und Sufis sollen hier zusammenkommen. „Wir suchen ausdrücklich auch den Dialog und Kontakt zu anderen Religionen und Weltanschauungen“, sagte Ates. Damit meine sie ausdrücklich auch Atheisten. Auch der Lesben- und Schwulenverband in Berlin will künftig mit der Moschee zusammenarbeiten.

Ates will mit ihrem Projekt Gesicht zeigen „gegen alles, was im Namen unserer Religion Böses betrieben wird“. Dafür hat sie zunächst aus eigener Tasche Gelder vorgelegt, hofft allerdings, dass sich die Moschee künftig durch Spenden finanzieren kann. Ihre Vision für die Zukunft: Ein großes eigenes Gebäude für alle Denominationen zusammen.

Protest aus der Kirchgemeinde

Denn bisher hat sich die sogenannte Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in den Räumen der Evangelischen Kirchengemeinde Tiergarten eingemietet. Die Pfarrerin der Gemeinde, Sabine Röhm, erklärte, ihre Gemeinde lebe „in der Tradition des multikulturellen Zusammenlebens“. Deshalb habe man gerne Starthilfe gegeben für eine liberale Moschee. Im Fokus der Zusammenarbeit soll stehen, die friedensstiftenden Gemeinsamkeiten der verschiedenen Glaubensrichtungen zu betonen.

Sorgen aus der Gemeinde hätten vor allem Sicherheitsfragen betroffen. Gleich neben der Kirche liegt eine Kita. Ein Erzieher aus der Einrichtung äußerte während der Eröffnung die Angst, Terroristen könnten die Moschee ins Visier nehmen. Röhm hingegen ist sich sicher, was die Kooperation mit den liberalen Muslimen angeht: „Das muss sein.“ Es habe im Vorfeld Gespräche mit Sicherheitsbehörden gegeben, die derzeit keine Gefahr sähen. Auch Ates beschwichtigte: Drohungen habe sie bisher keine erhalten, lediglich einige unangenehme Twitternachrichten.

Ich stehe hier und kann nicht anders

Der Islamwissenschaftler Abdel-Hakam Ourghi unterstützte die Pfarrerin: „Heute wird Geschichte geschrieben und zwar auf der Grundlage der reflektierenden Vernunft“, sagte er in Anlehnung an Martin Luther: „Ich bin hier und ich kann nicht anders.“ Der Islam befinde sich in einer Identitätskrise. Es sei nötig eine Form der Moschee anzubieten für eine schweigende Mehrheit, die sich einen liberalen Islam wünsche. Seiner Meinung nach machten diese 85 Prozent aller Muslime aus. Er kritisierte die Islamverbände in Deutschland: Immer zu betonen, der Islam habe nichts mit dem Terror zu tun, helfe nicht weiter. „Der Islam hat mit Gewalt zu tun“, sagte er. Aufgabe islamischer Theologen sei es, dies aufzuarbeiten, damit sich die Dinge langfristig änderten.

Zur Eröffnung gab es neben der Vorstellung ein Freitagsgebet, das von einer Frau und einem Mann gemeinsam angeleitet wurde. (pro)

Von: al

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