FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube hält Frauke Brosius-Gersdorf vor, in ihrer Erklärung zum Rückzug von der Kandidatur zur Bundesverfassungsrichterin blind um sich zu schlagen. Im Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt er, die Behauptung sei „verstiegen“, „Journalisten dieser Zeitung hätten eine ehrabschneidende Kampagne gegen sie geführt“.
Kaube führt an, dass die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ sich bei ihrer von Brosius-Gersdorf kritisierten Berichterstattung auf Quellen aus der Unionsfraktion gestützt habe. „Dass die Juristin es für unstatthaft hält, dass aus anonymen Quellen zitiert wird, ist vom Presserecht nicht gedeckt. Dass sie das, was diese Quellen aus der Union sagten, in einem zweiten Schritt dem Journalisten vorwirft, kommt hinzu“, schreibt der Journalist.
In den FAZ-Berichten war von einer „ultralinken Juristin“ und einem „Aktivistenduktus“ die Rede gewesen. Brosius-Gersdorf hatte es zuvor in ihrer Erklärung „erstaunlich“ genannt, „dass im Politik-Teil (nicht: im Feuilleton) eines Qualitäts- und Leitmediums einzelne Journalisten (nicht: Journalistinnen) zunächst ‚Speerspitze‘ eines ehrabschneidenden Journalismus waren“.
„Kann nicht der Anspruch eines Qualitätsmediums sein“
So sei in dem Blatt, dessen Namen die Juristin nicht nennt, das Narrativ einer „ultralinken Aktivistin“ geprägt worden, obwohl die Verantwortlichen hätten wissen müssen, dass hiermit ein wirklichkeitsfremdes Zerrbild gezeichnet wird. „Dies kann nicht dem Anspruch eines Qualitätsmediums entsprechen, das gerade in Juristenkreisen Verbreitung und Wertschätzung genießt. Die veränderte Berichterstattung im Blatt in der letzten Zeit könnte Ausdruck einer entsprechenden Selbstreflektion sein“, schrieb die Potsdamer Rechtsprofessorin.
Brosius-Gersdorf war von der SPD als Richterin für das Verfassungsgericht vorgeschlagen worden. Die Nominierung erfolgte in Absprache mit den Koalitionspartnern CDU und CSU. Kurz vor der für den 11. Juli geplanten Abstimmung im Bundestag wurde jedoch in der Unionsfraktion Kritik an Brosius-Gersdorf laut, insbesondere mit Verweis auf ihre Position zum Abtreibungsrecht.
Die Abstimmung über die Juristin sowie eine weitere Kandidatin und einen Kandidaten für das Verfassungsgericht wurde daraufhin kurzfristig abgesetzt. Am Donnerstag zog Brosius-Gersdorf ihre Kandidatur zurück, weil ihr aus der Unionsfraktion signalisiert worden sei, dass ihre Wahl ausgeschlossen sei.