Meinung

Eine Nonne gegen eine Mauer aus mächtigen Männern

Sie kämpfte gegen ignorante, mächtige Männer und gegen ihre eigene Kirche. Am Ende schuf sie eine der größten christlichen Hilfsorganisationen des 19. Jahrhunderts. Ein Spielfilm setzt der katholischen Nonne Franziska Cabrini ein Denkmal.
Von Jörn Schumacher
Franziska Cabrini

Als sie damit begann, ihre Idee in die Tat umzusetzen, standen die Chancen schlecht, dass auch nur der Grundstein gelegt werden würde. Alles, was Franziska Cabrini hatte, war eine Vision, ihr Glaube und eine enorme innere Kraft, die ausreichte, auch gegen die mächtigsten Männer anzustehen. Am liebsten hätte sie ein ganzes Reich gegründet, sagt Cabrini selbst, für die Armen, ein „Reich der Hoffnung“, von China angefangen bis nach Amerika.

Es ist das Jahr 1889, und der Film „Cabrini“ startet in den Armenvierteln der Stadt New York, die schon damals ein Moloch war, in der untergehen musste, wer es nicht schaffte, sich nach oben zu beißen. Unzählige Immigranten aus der ganzen Welt versuchten es, viele dachten, die Straßen dieser wunderbaren Stadt seien mit Gold gepflastert. Die meisten wachten auf dem harten, schmutzigen Boden der Realität auf: Kinder verhungerten, starben verwaist in Erdlöchern unter der Stadt. Die Menschen oben scherten sich nicht um diese Neuankömmlinge, Rassismus grassierte überall, Polen gegen Iren gegen Italiener.

In dieser Welt will Franziska Cabrini ein Licht sein, Kinder von den Straßen holen, ein Waisenheim und ein Krankenhaus gründen. „Zwischen 1889 und 1910 emigrierten zwei Millionen Italiener in die USA“, klärt der Film zu Beginn auf. „Sie waren sehr arm, häufig Analphabeten und sprachen meistens kein Englisch. Viele Amerikaner hielten sie für etwas dumm, nur tauglich für niedere Arbeit und sahen in ihnen eine Gefahr für die Gesellschaft.“ Um ihre Vision Wirklichkeit werden zu lassen, wendet sich Mutter Cabrini an ihre Kirche, doch bereits hier begegnet ihr eine Mauer an mächtigen Männern, die sie ablehnen, weil sie eine Frau ist, noch dazu eine Italienerin, und weil sie Dinge in dieser Welt ändern will. Erst der Papst höchstpersönlich gibt Cabrini eine Chance.

Schöne Bilder, gute Schauspieler, feministische Botschaft

Der Film, der am 8. März in den amerikanischen Kinos startet, wurde von Angel Studios produziert. Das christliche Fernsehstudio hat nicht nur Kassenschlager wie die Serie „The Chosen“ verantwortet, sondern auch erfolgreiche Filme wie „Sound of Freedom“ über den Kampf eines ehemaligen Polizisten gegen einen Kinderhändlerring. Derselbe Regisseur dieses erfolgreichen Kinofilms von 2023, der Mexikaner Alejandro Gómez Monteverde, hat auch bei „Cabrini“ Regie geführt.

Monteverde ist ein äußerst sehenswertes Biopic gelungen, das mit seiner feministischen Botschaft in unsere Zeit passt. Der Film ist aufwendig und in schönen Bildern gedreht, die Aufnahmen wirken historisch authentisch, man fühlt sich versetzt ins News York des späten 19. Jahrhundert, mit all seiner Pracht, aber auch all dem Elend, in dem die vielen Verlierer des Turbokapitalismus um ihr Leben kämpfen.

Nicht zuletzt hatte der Regisseur ein gutes Händchen bei der Wahl seiner (teils prominenten) Schauspieler. John Lithgow, der zwei Mal für den Oscar nominiert war, als unnachgiebiger Bürgermeister New Yorks, der sich um alles, nur nicht um die Armen seiner aufstrebenden Stadt kümmern möchte. David Morse (zwei Mal für den Emmy nominiert) überzeugt als Erzbischof Corrigan, der Cabrini genauso kalt abprallen lässt wie die weltlichen Herren der Stadt. Der Charakterdarsteller Giancarlo Giannini, bekannt unter anderem als Rene Mathis in zwei Bond-Filmen mit Daniel Craig, spielt Papst Leo XIII. In einer Nebenrolle zu sehen: der Sänger Rolando Villazón.

Ein globales Netzwerk der Hoffnung für die Armen

Es ist faszinierend, die kleine aber starke Nonne Cabrini auf ihrem Weg zu begleiten, wie sie ein Netzwerk an Armenhäusern von China bis nach Amerika vor Augen, ganz klein und ganz unten anfängt. Sie wird dabei allein deswegen abgelehnt, weil sie Italienerin ist, aber eben auch als Frau. „Aber war es nicht Maria Magdalena, die den Aposteln von der Auferstehung Jesu berichtete?“, fragt sie. „Wenn Gott eine Frau mit solch einer großen Aufgabe bedachte, warum sollte der Papst Frauen dann nicht größere Aufgaben geben?“

Nicht nur die mächtigen Männer stehen ihr bei ihrem Vorhaben im Weg, sie selbst ist eigentlich sterbenskrank, der Arzt gibt ihr wegen ihrer schwachen Lungen nur noch höchstens drei Jahre zu leben. „Alles ist möglich durch den, der uns stärkt“, sagt sie trotzig und voller Energie.

Cabrini tut schließlich das, was man auch heutzutage tut, wenn man etwas erreichen möchte: man macht Medienarbeit. Sie geht zur „New York Times“ und bekommt einen Artikel mit griffiger Überschrift, der die New Yorker wachrüttelt: „Sogar Ratten leben besser“, heißt es, und die New Yorker spenden.

Immer wieder sagen ihr die Männer, sie als Frau gehöre einfach nicht hier hin und könne nichts erreichen. Einem Beamten des Bürgermeisters ruft sie dann schließlich frustriert ins Gesicht: „Ich bin eine Frau, und ich bin Italienerin. Und ich bin kleine Männer satt, die zu blind sind zu sehen, dass alle Menschen gleich sind, Kinder Gottes.“ Als sie eines Tages dann doch mit dem Bürgermeister sprechen darf, sagt der ihr beeindruckt: „Schade, dass Sie eine Frau sind. Sie gäben einen exzellenten Mann ab.“

Ach ja: das Ziel, ein kleines Imperium der Hoffnung aufzubauen, und zwar von Westen nach Osten, Mutter Cabrini am Ende gelungen. Mehrere Krankenhäuser, Waisenhäuser und Schulen in den USA gründete die Mission Cabrinis, später auch in zahlreichen anderen Ländern auf dem ganzen Globus.

Der Film klärt auf: „Es war das größte wohltätige Netzwerk, das die Welt je gesehen hat. Und den Erfolg kann man vergleichen mit den großen Unternehmen von all den Rockefellers und Vanderbilts. Und alle Institutionen wurden von Frauen geleitet.“ Schön, dass diese Frau, ein Vorbild, die erste amerikanische Heilige, einmal porträtiert wurde, und dann auch noch so eindrucksvoll.

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