„Digitalgottesdienste hatten keine missionarische Wirkung“

Maria Sinnemann hat untersucht, ob gläubige Menschen die Pandemie anders erlebt haben als nichtgläubige. Für das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD fand sie heraus: Die Kirchen haben vor allem ihren Mitgliedern bei der Krisenbewältigung helfen können. Eine missionarische Wirkung nach außen gab es nicht.
Von Anna Lutz

PRO: Frau Sinnemann, sind gläubige Menschen besser durch die Pandemie gekommen als nichtgläubige?

Maria Sinnemann: Ja, Menschen, die gläubig sind, hatten durch die Pandemie hindurch eine höhere Lebenszufriedenheit, eine bessere Struktur im Alltag, sie hatten ein besseres soziales Netz. Das liegt aber weniger am Glauben selbst, sondern daran, dass religiöse Menschen beispielsweise feste Rituale und Strukturen haben und in einer sozialen Gemeinschaft eingebunden sind.

Also nicht der Glaube hat durch die Krise geholfen, sondern die Lebensweise, die der Glaube mit sich bringt?

Genau. Jedenfalls für die Mehrheit der Kirchenmitglieder. Wir sehen aber auch, dass Menschen, die eine ganz tiefe Verbundenheit zu ihrer Religionsgemeinschaft spüren oder Menschen, die sehr gläubig sind, zu Beginn der Krise einen großen Halt in ihrem Glauben gefunden haben. Das ist aber eine eher kleine Gruppe.

Haben die Kirchen als Institutionen den Menschen bei der Krisenbewältigung helfen können?

Das sagt etwa ein Drittel der Kirchenmitglieder. Betrachten wir das ganze soziologisch und über die Grenzen von Deutschland hinaus, dann kann man schon sagen: Religionsgemeinschaften haben einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Krise geleistet, weil sie eine starke soziale Infrastruktur geboten und über die Coronapandemie aufgeklärt haben.

Bleiben wir bei Deutschland: Ein Drittel der Kirchenmitglieder sagt, die Kirche hat geholfen. Wie?

Durch ihre Angebote. Digitalgottesdienste und andere kreative Dinge. Die haben vor allen Dingen nach innen gewirkt, also die Kirchenmitglieder erreicht. Sie waren fruchtbar und hatten eine positive Wirkung. Langfristig haben die meisten Gemeinden einen sehr guten Weg gefunden, weiter für ihre Mitglieder da zu sein und auch Seelsorge zu leisten.

Zu Weihnachten 2020 gingen nur vier beziehungsweise sieben Prozent der evangelischen und katholischen Kirchenmitglieder in einen Gottesdienst.

Ja, weit weniger als sonst.

Zu Ostern 2021 kamen nur noch zwei beziehungsweise drei Prozent der evangelischen oder katholischen Befragten in den Gottesdienst – also noch weniger. Hat die Kirche durch die Pandemie hindurch an Bindekraft verloren?

Das mag so wirken. Insgesamt sehen wir aber, dass die Bindekraft der Kirchen geblieben ist. Unsere Befragten gaben an, dass die Verbundenheit zur Kirche über all die Monate hinweg stabil war. Spannend ist auch: Wenn wir an Weihnachten 2020 und an Ostern 2021 die Teilnahme an Präsenzgottesdiensten, Fernsehgottesdiensten und Onlinegottesdiensten vergleichen, dann kommen wir an beiden Feiertagen zu einer ähnlich hohen Teilnehmerzahl von rund 15 Prozent. Dieser Anteil liegt natürlich vor allem im Hinblick auf das Weihnachtsfest weit unter den Besuchszahlen normaler Jahre. Trotzdem deutet sich hier aus meiner Sicht eine Etablierung neuer Formate an.

Also waren die alternativen Angebote der Kirchen ein adäquater Ersatz für den Präsenzgottesdienst?

Zumindest können wir sagen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Kirchenmitglieder sagt, dass er digitale Angebote in der Krise gut für sich nutzen konnte. Das ist ein positives Signal für zukünftige Verkündigungsformate.

Konnten die Kirchen mit diesen neuen Angeboten auch kirchenferne Menschen erreichen?

Ganz klare Antwort: Nein. Die Wirkung hat sich nach innen gezeigt und war positiv. Aber nach außen können wir keine missionarische Wirkung neuer Verkündigungsformate feststellen.

Frau Sinnemann, vielen Dank für das Gespräch!

Hier geht es zur Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD.

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2 Antworten

  1. „Also nicht der Glaube hat durch die Krise geholfen, sondern die Lebensweise, die der Glaube mit sich bringt?“

    Oder, in der Formulierung von Jakobus:
    „So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber.“

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  2. „…die Kirche hat geholfen“. Und Jesus Christus???

    Oft werden wichtige Bibelaussagen bei dem Wunsch nach Heilung von Krankheiten nicht beachtet,
    daher hier ein kurzer Einblick:

    Gott heilt alle deine Krankheiten. Psalm 103,3
    Jesus Christus kann Wunder vollbringen (Psalm 77,15), aber auch durch Ärzte, andere Therapeuten und Medikamente handeln.

    Mein Sohn, achte auf meine Worte, neige dein Ohr meiner Rede zu!
    Lass sie nicht aus den Augen, bewahre sie tief im Herzen!
    Denn Leben bringen sie dem, der sie findet, und Gesundheit seinem ganzen Leib.
    Die Sprüche Salomos (Sprichwörter) 4,20-22

    Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein… Psalm 92,15

    Wenn ihr Gott um etwas bittet und darauf vertraut, dass die Bitte erfüllt wird, dann wird sie auch erfüllt. Markus 11,24

    Alles, was wir erbitten, empfangen wir von Gott, weil wir seine Gebote halten und tun, was ihm gefällt. 1.Johannes 3,22

    Freut euch immerzu! Lasst nicht nach im Beten. Dankt Gott in jeder Lebenslage.
    1.Thessalonicher 5,16-18

    Lesen Sie bitte auch Jakobus 5,13-16 und rufen Sie Ihre Ältesten der Gemeinde zum Gebet.

    Zwischen Krankheit und Sünde kann ein Zusammenhang bestehen (Apostelgeschichte 12,23 und 13,4-12; 2.Chronik 21,15; 1.Korinther 11,26-30 ), muss aber nicht (Glaubensprüfung Hiob 5,17-18 dazu 1.Korinther 10,13; Erziehung Hebräer 12,4-11; zur Verherrlichung Gottes Johannes 9,3; Handeln Satans Lukas 13,16).

    Daher ist es geboten, Jesus Christus um Erkenntnis zu bitten. Jakobus 1,5-8

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