Meinung

Die Wähler im Farbenladen

Wer wird nächster Bundeskanzler? Oder Bundeskanzlerin? Jürgen Mette erinnert daran: Auch Angela Merkel hat mal klein angefangen.
Von Jürgen Mette
Jürgen Mette

Es war am Tag der letzten Bundestagswahl. Ich bin als Gastprediger in einer konservativen ländlichen Gemeinde. Der Moderator betet: „Herr, Du kannst das „rechte“  Wahlergebnis schenken!“ Gemeint war das „richtige“ Wahlergebnis. Ein Ergebnis, das seiner politischen Gesinnung entspricht. Das Gebet wurde erhört, die „rechte“ Partei bleibt in Führung. Das ist Geschichte. Eine überwiegend gute Geschichte. 

Man kann der scheidenden Kanzlerin viel anhängen, aber uns werden am Wahlabend und die Wochen bis zur Regierungsbildung noch einmal bewusst werden, was wir an ihr hatten.

Man kommt kaum noch von der Glotze weg. Meine Frau bildet sich ihr politisches Urteil bei Anne Will, Maybrit Illner, Markus Lanz und Plasberg. Und alle paar Minuten ruft sie nach mir und klagt, dass ich wichtige Informationen verpassen würde, wenn ich nicht sofort ins Bügelzimmer kommen würde. Und ob ich das morgen noch einmal mit ihr in der Mediathek schauen könnte. Übrigens erkenne ich an der Art, wie sie meine Hemden bügelt, ob sie sich gerade über Scholz oder über Laschet aufgeregt hat. 

Ich frage den Wahlomat, lese Die Zeit und die Oberhessische und staune über den Politik-Podcast „Glaube. Macht. Politik.“ von PRO. Das ist eine echte Horizonterweiterung. Und ich diskutiere mit meinen Söhnen über diverse politische Farbmischungen. Und das ohne Bekehrungseifer. Ich höre zu. Nehme mich zurück, lasse mich auf ihre Argumente ein, ohne meine zu verbergen: Wer gegen stramm rechts ist, kann nicht stramm links wählen und umgekehrt. Ansonsten kann man sich am Farbkasten die verschiedenen Mischungen zusammenrühren.

Die Zeiten sind vorbei, als konservative Christen in zuverlässiger Konstanz immer schwarz gewählt haben, Arbeiter immer rot, stramme Ossis immer blutrot, freiheitsliebende Wessis gelb und Umweltbewusste immer grün. Es wird auf jeden Fall bunter.

Die CDU/CSU soll am Sonntag in die Opposition geschickt werden. Die tragische Figur in diesem Wahlkampf heißt Armin Laschet. Er hat zum  falschen Zeitpunkt am falschen Ort gelacht. Er ist ein guter „Landesvater“, aber ich fürchte, dass er nicht das Zeug hat, Deutschland auf europäischer und internationaler  Ebene zu vertreten. Das gilt ohne Einschränkung  auch für Annalena Baerbock und auch für den Spitzenkandidaten der SPD. Aber hat nicht Angela Merkel auch mal so leichtgewichtig angefangen? Die eine hatte in ihrer Vita nicht „alles auf dem Schirm“, die andere – promovierte Physikerin – musste nie auf ihre Vita verweisen. Die grüne Kanzlerkandidatin  ist fesch und gut zu Fuß unter der Nase und sie ist immer gut vorbereitet.

Aber dass Markus Söder, der ja der Bayerischen Kreuzschnitzer-Innung mit seiner Kreuz-in-alle-öffentliche-Gebäude-Kampagne einen wirtschaftlichen Boom beschert und bei konservativen C-Wählern gepunktet hat, nun den Kirchen rät, homosexuelle Paare zu segnen und damit die Katholiken und Evangelikalen irritiert, ist entweder ein berechneter Effekt oder es sind Save-our-Souls-Signale eines sinkenden Schiffes.   

Und Olaf Scholz? Dass er ohne den Gottesbezug seinen Amtseid sprechen wird, spricht nicht gegen ihn. Das ist konsequent und ehrlich.

Ich bete für das richtige Wahlergebnis, nicht für das „rechte“. Noch ist der Bär und die Bärböckin nicht „erlegt“, solange wird das Fell nicht verteilt, lieber Herr Lindner!

Wir haben die Wahl. Gott sei Dank!

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7 Antworten

  1. „…aber uns werden am Wahlabend und die Wochen bis zur Regierungsbildung noch einmal
    bewusst werden,was wir an ihr hatten.“
    Das kann natürlich auch ganz anders gesehen werden !

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  2. Wir haben sicher alle unsere Gründe, eine bestimmte Partei zu wählen, nicht zu wählen. Da spielen langfristige Überzeugungen eine Rolle, Sympathien und Antipathien. Man kann die Wahlprogramme durchlesen, WahlOmat und Prophetomat testen, aber am Ende muß man vertrauen. Dabei ist klar, daß es in jedem Fall wieder ein Koalition geben wird, ob mit zwei oder drei Parteien, wie seit Jahrzehnten in Deutschland. Und das bedeutet immer, daß Kompromisse anstehen, keiner der an einer künftigen Regierung beteiligten Parteien wird sich voll durchsetzen können, da gilt es manche „Kröte zu schlucken“. Und selbst dann muß noch so manches Gesetz durch den Bundesrat, die Länderkammer. Dann muß man wieder bedenken, daß in den Ländern wieder unterschiedliche Koalitionen arbeiten, die durch die Landtagswahlen während der Bundestagslegislaturperiode auch noch Änderungen unterworfen sind. Weiter ist zu beachten, daß niemand weiß, ob der oder die, welche das Kanzleramt innehaben werden, auch „durchhalten“. Da kann viel passieren, die Gesundheit oder ein „Königsmord“ der eigenen Anhänger, Brandt mit seinem Genossen Spion und Heide Simonis gescheiterte Wahl sind ja noch in Erinnerung. So ist überhaupt nicht klar, daß nicht irgendwann Harbeck statt Baerbock, Merz statt Laschet oder gar Kevin Künert statt Scholz im Kanzleramt sitzen. Da ist nichts sicher oder gewiß, nichts „in Stein gemeißelt“ oder „bereits abgemacht“.
    Wieviel besser haben wir es als Christen. Wer sich für Jesus entscheidet, bekommt Jesus, jetzt und in Ewigkeit, darauf ist sicher Verlaß. Deswegen können und sollen wir beten, egal wie am Sonntag die Wahl ausgeht, wer in Kanzleramt einzieht, jeder wird auch Gottes Hilfe brauchen, ob er oder sie sich im Amtseid darauf beruft, das ist egal, beten wir für die Mächtigen.

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  3. Ehrlicher ist ein Amtseid ohne „so wahr mir Gott helfe“, als im Parteinamen sich „christlich“ zu nennen, den Amteid frömmelnd „mit Gottes Hilfe“ betonen und dann….konsequent gegen Gottes Anweisungen handeln ( nur z.B.: Gesetze durchsetzen (wollen), um christliche Asylanten zum Getötet-Werden in ihre muslimischen Herkunftsländer zurückzuverfrachten – zu entsorgen.

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  4. Ich verstehe nicht weshalb sich Christen noch mit politischen Themen befassen.
    Ist es nicht wichtiger sich auf die Wiederkunft Christi vorzubereiten?

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    1. Lieber „Guest“,
      Wer sich als Christ politisch engagiert, ein Mandat in Komune, Landtag oder Bundestag übernimmt und gleichzeitig mIt der Wiederkunft Jesu rechnet, der hat Martin Luthers Zwei-Reiche-Lehre verstanden. Wer sich der Politik fernhält und noch nicht mal von seinem Wahlrecht Gebrauch macht, nimmt passiv Einfluß auf das Wahlergebnis. Weltflucht ist immer der falsche Weg. Christen sind immer bereit, dem wiederkommenden HERRN zu begegnen, aber noch sind wir hier und wachen und arbeiten, um den Menschen einen Vorgeschmack auf den Himmel zu gebebn.

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  5. Lieber Jürgen Mette,
    während ich das hier schreibe, habe ich immer noch ein positives Lächeln im
    Gesicht…
    Vielen herzlichen Dank ( WIEDER ! ) für so eine würzigen Kommentar !
    Das mit dem „Bügelzimmer“ kommt mir sehr bekannt vor, nur umgekehrt:
    ich bin der im „Bügelzimmer“ und meine liebe Frau „kann das alles nicht mehr hören“..
    Super auch das Beispiel, für was wer „betet“.
    Vielen Dank und herzliche Grüsse !
    JoMüllerberg

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  6. Danke lieber Jürgen Mette für die erhellenden Einblicke in ihr Eheleben, vielleicht sollten sie ihren Schwerpunkt auf die Eheberatung verlegen? Ihren politischen Einsichten mag ich nicht folgen, vor allem ihre Bewunderung für Angela Merkel löst bei mir eine Gegenreaktion aus !
    Aber um ehrlich zu sein, mein Vertrauen in Politiker jeglicher Couleur ist schon länger erschüttert.
    Eigentlich geht es mir ähnlich wie „Guest“ meine Hoffnung ist das Reich Gottes, das so nahe ist wie nie !

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