Der schottische Reformator, der gegen Frauen wetterte

Die Zeit als Sträfling auf der Galeere hat vielleicht seinen Umgangston verroht: Der schottische Reformator John Knox wetterte gegen die Herrschaft von Frauen im Allgemeinen – und gegen die schottische Königin Maria Stuart im Besonderen.
Von Jörn Schumacher

John Knox gilt als der Wegbereiter der Reformation in Schottland und Mitbegründer der presbyterianischen Kirchen. Nicht nur in Schottland ist diese Kirche heute weit verbreitet, sondern auch in England und den Ländern des Commonwealth sowie in Frankreich, Kenia, Malawi, Südafrika und Südkorea. In den USA ist heute die Presbyterian Church mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern die größte presbyterianische Kirche. Das Reformationsdenkmal auf dem Gelände der Universität Genf zeigt Knox neben drei anderen wichtigen Reformatoren.

Er war gewiss kein zaghafter Theologe oder feinfühliger Streiter für seine Sache. Sein Ton war rau, besonders wenn es um den Katholizismus, die Marien-Verehrung und die katholischen Regentinnen seiner Zeit ging, die auch noch allesamt Maria hießen. Am 24. November vor 450 Jahren verstarb John Knox, der das protestantische Evangelium in die englischsprachige Welt brachte.

Ein Reformator als Leibwächter

John Knox wurde um 1514 im schottischen Haddington geboren. Er studierte Theologie und Rechtswissenschaften an der Universität St. Andrews, der ältesten Universität Schottlands. Im Jahr 1536 wurde er zum Priester geweiht. Knox arbeitete zunächst als Hauslehrer in verschiedenen Adelsfamilien. Schon während seines Studiums interessierte er sich für die Lehren Martin Luthers.

Als der Reformator George Wishart den Wohnort von Knox besuchte, hatte seine Lehre großen Einfluss auf Knox. Der schottische Schuldirektor Wishart hatte sich in der Schweiz den Anhängern Johannes Calvins angeschlossen und war in Schottland wegen Ketzerei zum Tode verurteilt worden. Als er wieder zurück nach Schottland kam, wurde Knox zu Wisharts Begleiter und Leibwächter.

Zur Strafe auf die Galeere

Nachdem Wishart 1546 hingerichtet wurde, schloss sich Knox einer Gruppe von anti-katholischen Aufständischen an, predigte öffentlich gegen die römische Lehre und verteidigte den Calvinismus.

Im Jahr 1547 eroberten französische Soldaten St. Andrews, und auch Knox wurde von ihnen gefangengenommen. Der Theologe wurde zum Dienst auf einer Galeere verurteilt. Auf dem Schiff freundete er sich mit dem Mithäftling James Balfour an, der später Kirchenrechtler wurde. Im Jahr 1549 wurde Knox nach Verhandlungen zwischen England und Frankreich wieder freigelassen.

Knox ging ins protestantische England und wurde Prediger in Berwick-upon-Tweed und ab 1551 in Newcastle-upon-Tyne. Er wurde als reformatorischer Theologe bekannt und zu einem der sechs königlichen Kapläne ernannt. Das Bischofsamt von Rochester und das Rektorat von All Hallows lehnte er ab, so wie er auch den katholischen Kultus der anglikanischen Kirche ablehnte. Knox arbeitete an der zweiten Ausgabe des „Book of Common Prayer“ mit, einem anglikanischen Glaubensbekenntnis. Er setzt als Kompromiss die Einfügung der „schwarzen Rubrik“ durch, die verdeutlicht, dass durch den Empfang des Abendmahls im Knien nicht die reale Gegenwart Christi in den Elementen ausgedrückt wird, da Christus im Himmel zur Rechten Gottes sitzt.

Aufenthalt in Frankfurt am Main

Nach der Thronbesteigung der Königin Maria I. wurde der Römische Katholizismus zur Staatsreligion erklärt. Knox floh daraufhin 1554 wie viele andere Protestanten auf das europäische Festland. Auf seinen Reisen kam Knox auch nach Frankfurt am Main, wo er auf Wunsch des Genfer Reformators Johannes Calvin Prediger für die englische Flüchtlingsgemeinde wurde.

Wegen eines Streits um die Umsetzung der Genfer Gottesdienstordnung und das richtige Gesangbuch und weil er Kaiser Karl V. öffentlich angriff, verwies der Frankfurter Magistrat Knox der Stadt. Knox reiste nach Genf, wo er Pastor der englischen Gemeinde wurde und Schüler des Reformators Calvin. Er arbeitete zudem an der Übersetzung der Genfer Bibel mit. Von Genf aus forderte er den schottischen Adel dazu auf, die Reformation voranzutreiben. Die protestantischen Adligen schlossen am 3. Dezember 1557 einen Bund zur Verteidigung der evangelischen Kirche.

Im Jahr 1559 kehrte Knox nach Schottland zurück. Dort hatte Marie de Guise für ihre noch minderjährige Tochter Maria Stuart die Regentschaft von Schottland übernommen. Knox wurde Pfarrer der St. Giles’ Cathedral in Edinburgh. Er setzte sich für die Unterdrückung des Katholizismus ein, verfasste reformatorische Traktate und wurde so zum führenden Kopf der schottischen Reformation. In seiner Schrift „The Scots Confession“ propagierte Knox den aktiven politischen Widerstand gegen eine tyrannische Obrigkeit. Mit fünf anderen protestantischen Pfarrern hatte Knox diese evangelische Bekenntnisschrift im Auftrag des Parlaments niedergeschrieben. Die Verabschiedung durch das Parlament gilt als Gründungsstunde der „Church of Scotland“, auch „the Kirk“ genannt, der noch heute rund 32 Prozent der Schotten angehören. Fast ebenso viele Schotten geben heute keine Religion an, nur 15 Prozent gehören zur Römisch-Katholischen Kirche.

„Der vollendetste religiöse Fanatiker der Geschichte“

Viele Schotten begegneten damals der strenggläubigen Katholikin Maria mit Misstrauen, ebenso wie die Königin des protestantischen Nachbarlandes England, Elisabeth I. Antifranzösische Protestanten rebellierten gegen die Regentin, Knox unterstützte diese Gruppe und war zeitweise deren Sekretär. Knox wetterte öffentlich gegen Maria, schrieb heftige Polemiken gegen sie und forderte sogar ihren Tod wegen Ehebruchs und Mord an ihrem Gatten. Maria Stuart galt nicht nur als fromme Katholikin, sondern hatte wohl auch mehrere Liebhaber.

Der Schriftsteller Stefan Zweig spricht von Knox in seinem Roman „Maria Stuart“ (1935) von Knox als einen „Meister der religiösen Demagogie“ und vom „vielleicht vollendetsten Typ des religiösen Fanatikers, den die Geschichte kennt“. Knox sei „der eisenköpfigste, zelotischste, unbarmherzigste aller Kirchengründer und seinen eigenen Lehrer Calvin an Unerbittlichkeit und Unduldsamkeit noch übersteigend“. Der Forscher James L. Cameron vermutete: „Die maßlose, ja abstoßende Sprache, die, wie die Zeitgenossen wohl zu Recht meinten, viel Öl in die Flammen gegossen haben dürfte, mag sich zum Teil aus seiner Erfahrung als Galeerensklave erklären.“

„Der erste Trompetenstoß gegen die entsetzliche Weiberherrschaft“

In seiner wohl berühmtesten Schrift „Der erste Trompetenstoß gegen die entsetzliche Weiberherrschaft“ aus dem Jahr 1558 spricht Knox der Regentschaft von Frauen allgemein jegliche Legitimation ab. „Unter all den Ungeheuerlichkeiten, die in unseren Tagen das Angesicht der Erde entstellen, ist keines so grässlich, so abscheulich, wie die Monstren gebärende Herrschaft der Frau“, schreibt Knox darin. Zudem lehnte er den Marien-Kult als Götzenkult ab.

Über John Knox’ familiären Hintergrund ist wenig bekannt. Im Jahr 1556 heiratete er Marjorie Bowes, mit der er zwei Söhne hatte. Nach dem Tod seiner Frau heiratete er 1564 die wesentlich jüngere, angeblich 16-jährige Margaret Stewart. Das Paar hatte drei Töchter. John Knox starb am 24. November 1572 in Edinburgh. Sein Grab wird indes kaum ehrfurchtsvoll gewürdigt: Auf einem Auto-Parkplatz befindet sich lediglich eine Plakette im Boden auf einem Stellplatz mit der Nummer 23.

Eine Statue auf dem internationalen Reformationsdenkmal in Genf sowie in seiner Heimatstadt Edinburgh in der St. Giles‘ Cathedral erinnern an den schottischen Reformator. In Edinburgh gibt es zudem ein „John Knox Museum“, das wegen seiner Verbindung mit der schottischen Reformation vor der Zerstörung gerettet wurde. Darin lebte Knox allerdings nur eine kurze Periode vor seinem Tod im Jahr 1572.

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3 Antworten

  1. Gegen „Frauen“? – Doch eher gegen bestimmte Machthaberinnen.

    Dass es bei manchen Frauen kritikwürdiges Verhalten gibt, das hatte schon der Prophet Amos beklagen müssen:
    „Hört dies Wort, ihr fetten Kühe* auf dem Berge Samarias,
    die ihr den Geringen Gewalt antut
    und schindet die Armen
    und sprecht zu euren Herren: Bringt her, lasst uns saufen!“

    * Die HfA und GNB übersetzen hier „Kühe“ mit „Frauen von Samaria, gut genährt und schön „. Offensichtlich

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  2. Die Überschrift erscheint irreführend. Sicher war Knox eine mehr als kernige Persönlichkeit mit höchst diskussionsbedürftigem Verhalten, aber wie im Artikel hinreichend beschrieben, kämpfte Knox vor allem gegen den Katholizismus und „wetterte“ keineswegs misogyn gegen irgendwelche oder gar alle Frauen, sondern ganz konkret gegen die damaligen Königinnen der Insel. Er verwarf aus seiner biblischen Sicht sowohl die Herrschaft von Frauen als auch das konkrete Verhalten der Königinnen mit angriffigen Worten.

    Die zitierte Schrift von Knox ist gerade in den einleitenden Sätzen extrem richtend, der ganze restliche Text dann jedoch überraschend theologisch argumentierend und biblische Geschehnisse in die damalige Gegenwart übertragend, ob man dem nun inhaltlich und vom Stil her folgt oder nicht. Der Text war im Prinzip eine Gerichtsrede gegen „that horrible monster Jezebel of England“, geschrieben 1558 im Genfer Exil, wohin er wegen der Herrschaft von Maria I. geflohen war.

    Das Zitat mit der „Monstren gebärende Herrschaft der Frau“ finde ich im Original nicht, es scheint völlig falsch übersetzt. „Monstruous“ bedeutete damals auch etwas anderes als „monströs“ für uns heute. Wortlaut hier: https://www.swrb.com/newslett/actualnls/FirBlast.htm und Erläuterung hier: https://en.wikipedia.org/wiki/The_First_Blast_of_the_Trumpet_Against_the_Monstruous_Regiment_of_Wo
    men

    Unerfreulich, dass hier ein Zitat ohne Kontext und Erklärung als vernichtendes „Pars pro toto“ über den Autor gesetzt wird. Dazu noch ein Urteil über Knox aus einem Roman? Stefan Zweig war zwar brillanter Schriftsteller, hatte jedoch zum jüdisch-christlichen Glauben wohl keinen Zugang und konnte daher die Rage von Knox auch nur menschlich beurteilen.

    (Irgendwie erinnert der Artikel etwas an http://www.ekd.de/john-knox-wegbereiter-der-reformation-in-schottland-29937.htm …)

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