Der 44. US-Präsident heißt Barack Obama – und jetzt?

Erstmals in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika ist der Präsident ein Schwarzer. Seit fünf Uhr früh deutscher Zeit ist es amtlich: der 44. Präsident der USA heißt Barack Obama. Nicht nur in Amerika jubelt die Mehrheit, auch in Deutschland dürften über 90 Prozent der Menschen erleichtert aufatmen.
Von PRO

Um kurz vor fünf Uhr meldete CNN: der Senator aus Illinois hat mehr als die für einen Sieg notwendigen 270 Wahlmännerstimmen gewonnen. Beim landesweiten Stimmenverhältnis erreichte Obama einen Anteil von 51 Prozent, sein Gegner von den Republikanern, John McCain, folgte mit 48 Prozent dicht dahinter.

Mit dem 47-Jährigen, Kind eines Schwarzen aus Kenia und einer weißen Mutter aus Hawaii, zieht rund 140 Jahre nach dem Ende der Sklaverei am 20. Januar 2009 ein Afro-Amerikaner ins Weiße Haus ein. Die Wahlbeteiligung war selten so hoch wie bei dieser historischen Wahl: Von den 213 Millionen Wahlberechtigten haben sich 187 Millionen für die Wahl registrieren lassen. Bei der letzten Präsidentschaftswahl 2004 betrug die Beteiligung 60,7 Prozent – was den höchsten Wert seit 1968 darstellte. Seit Mitte der sechziger Jahre hat kein demokratischer Präsidentschaftskandidat einen derart hohen Wähleranteil errungen wie Obama.

Als der Wahlsieg offiziell war, jubelten mehr als 100.000 Menschen bei der offiziellen Wahlparty der Demokraten im Grant Park in Chicago dem künftigen US-Präsidenten enthusiastisch zu. Obama sagte: „Der Wechsel ist in Amerika angekommen.“ „Change“ war das Wort, das den Wählern im Zusammenhang mit Obama eingetrichtert wurde. Hinter den Slogans steckt David Axelrod, Miteigentümer einer PR-Firma. Das wiederholte „Hope“ und der Slogan „Change, we can believe in“ stammen von ihm. Die positiven Wahlsprüche könnten nach Meinung der britischen „Times“ angesichts der Finanzkrise bald auf dem Boden der Tatsachen ankommen. In einem Interview mit einem Radiosender in Colorado gab auch Obama zu, dass es „hart“ werde, die Ziele – Gesundheitsreform, Aufhalten des Klimawandels, Ende des Irak-Krieges – zu erreichen.

Obama führte einen der teuersten Wahlkämpfe in der Geschichte. Er schaffte es, die Rekordsumme von 640 Millionen Dollar an Spenden zu sammeln. Historisch war auch ein Wahlwerbespot, den Obamas Team kurz vor der Wahl schaltete: der 30 Minuten lange Film mit Obama in der Hauptrolle lief auf allen wichtigen Sendern Amerikas und sollte endgültig klarmachen, wer der richtige Kandidat sei.

Obamanie löst in Europa Bush-Hass ab

In Europa, vor allem in Frankreich und Deutschland, löste der große, schlanke Demokrat geradezu eine „Obamanie“ aus; hierzulande hätten ihn über 90 Prozent ohne Zögern gewählt. Das „Wall Street Journal“ sprach von einer „Europäisierung Amerikas“. Obama bekam die Aura eines Popidols, immer wieder fiel das Wort „Messias“, sogar der „Spiegel“ schrieb vom „Showpolitiker“.

Wie das New Yorker Magazin „Esquire“ berichtet, schaffte es Obama am Ende sogar, das Herz hartgesottener Neonazis und Rassisten zu gewinnen. Drei von vier mehr oder weniger bekannten amerikanischen Neonazis – wie etwa Tom Metzger, ehemaliges Führungsmitglied des Ku Klux Klan, oder Erich Gliebe (Boxername: „The Aryan Babarian“), Vorsitzender der „National Alliance“ – äußerten sich sehr positiv über Obama. Auch der politische Berater des palästinensischen Premierministers Ismail Hanije, Ahmed Jusef, sagte gegenüber dem Radiosender WABC, die Hamas sei für Obama. „Wir mögen Herrn Obama, und wir hoffen, dass er die Wahl gewinnt.“ Der Grund? „Er hat eine Vision für Amerika.“

McCain gratulierte seinem Konkurrenten kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses und nannte es ein „historisches Ereignis“, insbesondere für Afro-Amerikaner. „Das amerikanische Volk hat gesprochen und es hat klar gesprochen.“ Der Republikaner forderte seine Anhänger in Phoenix auf, Obama zu unterstützen. Denn: „Dies sind schwere Zeiten für unser Land.“

Die Erfolgswelle Obamas war so stark, dass ein überraschender Sieg McCains in letzter Minute für viele eine Katastrophe gewesen wäre. Die „Netzeitung“ schrieb im Voraus: „Viele Anhänger Obamas sind überzeugt: Wenn der afro-amerikanische Senator das Rennen verliert, dann nur weil die Wahl manipuliert wurde oder aus rassistischen Gründen.“ Der US-Politikwissenschaftler und Wahlforscher Kenneth Warren sagte, eine Niederlage Obamas wäre „ein Desaster für Amerika“, „kein Mensch würde daran glauben, dass McCain die Wahl tatsächlich gewonnen hat“.

Taumel könnte Enttäuschung folgen

Die Republikaner haben bereits vorher im Falle eines Wahlsieges des Demokraten gewarnt: „Wenn die Wahl vorbei ist, zählen glitzernde Rhetorik und Stil nichts“. Obama als Präsident bringe ein „Ende der amerikanischen Zeit“, so schrieb etwa Jeffrey Kuhner in der „Washington Times“. Die USA würden sozialdemokratisch, dominiert von „wirtschaftlichem Dirigismus, moralischer Zügellosigkeit und zahnlosen Internationalismus – eine nordamerikanische Variante Skandinaviens“. Obamas Sieg bedeute „die Totenglocke für die moderne konservative Bewegung“.

Einig sind sich in den USA viele, dass Obama die Hoffnungen vor allem der Europäer enttäuschen wird. Laut dpa sagte ein hoher Diplomat aus Europa in Washington: „In neun Monaten sind die Europäer ernüchtert.“ Ein hoher Beamter aus dem US-Außenministerium erwiderte: „Das dauert keine drei Monate.“

Obama will die Europäer vor allem an den Krisenherden der Welt in die Pflicht nehmen, in erster Linie in Afghanistan, wo er auch von den Deutschen mehr Truppen und mehr Geld verlangen wird. Und auch wenn er wohl eher als Bush zu direkten Gesprächen mit dem Iran bereit sein sollte, hat Obama doch betont, dass ein „atomar bewaffneter Iran mit allen Mitteln verhindert werden muss“. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy bezeichnete Obamas Einstellung zum Iran als „absolut unreif“.

Vor allem für die Israelfreunde in der Welt dürfte am 20. Januar mit der Bush-Regierung eine Regierungsmannschaft ihre Arbeit beenden, die vielleicht die bisher am meisten pro-Israel eingestellte Politik verfolgte. Obamas Position zu Israel wechselt noch, wie so viele andere Standpunkte. Vor dem Treffen des „American Israel Public Affairs Committee“ erklärte Obama am 4. Juni 2008 vor über Tausend Israelfreunden, er stehe uneingeschränkt für ein ungeteiltes Jerusalem ein. Doch nach Druck von Palästinensern änderte er seine Meinung binnen 24 Stunden, in einem CNN-Interview sagte Obama anschließend, auch Jerusalem müsse Teil von Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern werden. Kritik erntete Obama zudem für sein Vorhaben, auch Gespräche mit der iranischen Führung aufnehmen zu wollen, obwohl das Land erklärt hat, Israel vernichten zu wollen. Auf einem Video, das der „Los Angeles Times“ vorliegt, das aber nicht veröffentlicht werden sollte, sagt Obama: „Israel hat kein von Gott gegebenes Recht, Palästina zu besetzen“ und sprach von einem „Völkermord am palästinensischen Volk durch Israelis“. Es bleibt abzuwarten, ob Barack Hussein Obama seine Karte, zumindest als Jugendlicher Kontakt mit dem Islam gehabt zu haben, irgendwann ausspielen und so einen besseren Kontakt zu muslimischen Führern herstellen kann.

Das wichtigste Ziel dürfte für viele erst einmal erreicht sein, Obamas Vorgänger George W. Bush abzulösen. Herausforderer McCain konnte dem Schatten seines Parteifreundes nie wirklich entkommen. Inwiefern sich Obamas politische Linie nun tatsächlich von seinem Vorgänger unterscheiden wird, wird sich in den kommenden vier Jahren zeigen. Einen Wechsel hat Obama angekündigt und dazu versprochen: „Yes, we can“. (PRO)

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Eine Antwort

  1. Ich finde Obama bei weitem besser als Bush. Eine ganz große Politiker-Persönlichkeit. Niemanden bisher ist es gelungen in den USA eine allgemeine Gesundheitsversorgung sicher zu stellen. Es ist erst ein Schritt, dass man überhaupt eine Krankenversicherung haben kann, die einen nicht an die Firma bindet und die Menschen, die schon irgendwann mal krank waren in ihrem Leben, versichert.

    So viele Steine ihm auch in den Weg gelegt werden, so viel Großartiges und Wichtiges hat er doch bewegt.

    Es ist viel einfacher, dem Volk nur nach dem Maul zu reden und in der Politik so weiter zu machen, wie es immer war und wie es den Lobbyisten und allen wichtigen Sponsoren recht ist. Barack Obama hat sich sehr viel vorgenommen, hat riesige Ziele erreicht – Beispiele unter https://trovas.ch/109 – oder zumindest die Basis dafür gelegt, dass – egal welcher Nachfolger von welcher Partei dann kommt – es irreversibel ist, weil die Menschen das einfach nicht mehr akzeptieren werden, dass ihnen das wieder weggenommen wird, was in Deutschland eine Selbstverständlichkeit ist.

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