Christen und die Umwelt: Ein Klimawandel

Am Freitag geht die Weltklimakonferenz in Kopenhagen zu Ende – manche Journalisten und Politiker ahnen den ersten wirklichen Durchbruch beim Thema Klimaschutz herbei, andere schreiben die Ergebnisse schon jetzt als unrealistisch ab. Ebenso gegensätzlich scheinen die Auffassungen zum Thema Umweltschutz unter Christen zu sein. Plädieren sie für einen Kampf gegen die Erderwärmung oder nicht?

Von PRO
Klimakrise

Zunächst ein Blick nach Amerika: "Viele Evangelikale in den USA interessieren sich mehr für den Kampf gegen Abtreibung als für den Klimawandel", hieß es kürzlich in einem Beitrag der "Tagesschau". Klaus Kastan, BR-Reporter in Washington, berichtete, Forderungen nach gesetzlichen Regelungen etwa beim CO2-Ausstoß kämen bei der Mehrheit der Evangelikalen in den USA nicht gut an. Nur 34 Prozent der weißen Evangelikalen glaubten, das die Menschen auf der Erde die Hauptschuld an der Klimaerwärmung trügen. Ist das Thema Klimaschutz unter Christen grundsätzlich unpopulär? Zumindest in Deutschland scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein.

Evangelische Allianz und EKD für radikalen Wandel

So plädierte etwa die "Micha-Initiative" der Evangelischen Allianz im Vorfeld des Klimagipfels für eine "radikale Lebensveränderung" im Hinblick auf den Klimawandel. Als "Haushalter" der Erde seien die Menschen dazu verpflichtet, die Schöpfung zu bewahren. "Unser Versagen, treue Haushalter der Erde zu sein, hat die momentane Umweltkrise verursacht, führte zu Klimawandel und brachte das natürliche Ökosystem der Erde ins Ungleichgewicht", heißt es in einer Erklärung der Initiative zum Klimawandel. "Wir werden uns bemühen, nachhaltig zu leben und Konsumismus sowie die damit einhergehende Ausbeutung ablehnen", beschloss die Gruppierung. In einem offenen Brief an die Regierungen der Welt fordert die "Micha-Initiative" ein "solides Klimaabkommen". Bis 2050 sollen die CO2-Emissionen, ausgehend von 1990, um mindestens 80 Prozent reduziert werden, bis 2020 um 40 Prozent. Zusätzlich sollen jährlich mindestens 150 Milliarden US-Dollar als zusätzliche Hilfe an Entwicklungsländer gehen.

Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) warnt vor einem Scheitern der Klimakonferenz. "Wir brauchen jetzt konkrete Verabredungen und konkrete Zusagen, nicht erst in ein paar Monaten oder Jahren", sagte Katrin Göring-Eckardt, Präses der EKD-Synode, im November. Als eine von zahlreichen Kirchenvertretern ist sie derzeit in Kopenhagen. Weiter hieß es von Seiten der EKD, die EU dürfe nicht von ihren ambitionierten Klimazielen abrücken, die USA und die Schwellenländer müssten sich zu drastischen Reduktionen von CO2 verpflichten.

Bereits im Juli gab die EKD eine Denkschrift zu den Herausforderungen des Klimawandels heraus, in der sie "grundlegende Veränderungen in den Konsummustern und im Lebensstil" fordert. Im Vorwort heißt es: "Die Herausforderungen, vor die der Klimawandel Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche stellt, sind gewaltig. Es geht um das Überleben vieler und ein würdiges Leben aller Menschen. Am härtesten sind diejenigen betroffen, die am wenigsten zum Klimawandel beitragen: die Armen in den Entwicklungsländern. Darum vergrößert sich im Klimawandel die Kluft zwischen Arm und Reich."

"Irgendjemand bezahlt immer für unsere Schnäppchen"

Das Thema Klimaschutz ist also in den Kirchen angekommen. Tobias Faix, Theologe und Autor des Buchs "Würde Jesus bei IKEA einkaufen?", erklärt gegenüber pro, warum das in den USA scheinbar in geringerem Maße passiert: Es gebe zwei grobe theologische Linien. Die amerikanisch-konservative Richtung berufe sich in der Anti-Klimaschutz-Argumentation auf Jesu Wiederkunft. Wenn er einst alles neu machen wird, muss sich der Mensch gegenwärtig nicht um den Umweltschutz in einer zerfallenden Welt kümmern, so das stark vereinfachte Argument. Andere Christen hingegen sehe den ganzheitlichen Nachfolgeauftrag Gottes: Zum einen die persönliche Beziehung zu ihm, zum anderen den Auftrag, die Schöpfung zu bewahren, bis Jesus wiederkommt.

Faix selbst steht für den Klimaschutz ein und spricht damit auch für eine nachwachsende Generation von Christen, die oftmals als "Emerging Church"-Bewegung bezeichnet werden. "Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass irgendjemand immer für unsere Schnäppchen bezahlt", sagt Faix. Kaufe man etwa Produkte, die aus Regenwaldhölzern bestehen, anstatt eventuell teurere klimaschonend hergestellte Waren, bezahlten ärmere Völker, die schon heute massiv vom Klimawandel betroffen seien. Ein weiteres Beispiel für diese Logik findet Faix im Wassermangel armer Länder. Günstige Waren würden häufig eben dort hergestellt – und das unter erheblichem Wasseraufwand. Die Konsequenz: Der Bevölkerung fehlt Wasser zum Trinken.

"Ich hoffe, dass sich die Haltung besonders der Christen zu diesem Thema im Laufe der Zeit mehr und mehr wandelt", erklärt Faix. Sein Motto: Jeder kann etwas tun. Er selbst teilt sich etwa eine Waschmaschine mit dem Nachbarn, nutzt Fahrgemeinschaften oder versucht, auf seinen Papierverbrauch zu achten. "Die Umwelt ist Schöpfung und nicht bloß ein Nutzgegenstand", sagt er. Auch diese Erkenntnis gehöre zur christlichen Nachfolge. Um so mehr freut es ihn, dass das Thema Klimaschutz gerade unter evangelikalen Christen "mehr und mehr zum Thema wird", wie er sagt.

Dennoch, auch in den USA engagieren sich Christen, auch evangelikale, für den Klimaschutz. Die "Tagesschau" zitiert etwa den Geistlichen Joel Hunter, der im TV für den Umweltschutz wirbt: "Als Christen zwingt uns unser Glaube in Jesus, unsere Nachbarn zu lieben und Diener Gottes für das zu sein, was er hier auf Erden geschaffen hat." Weiter sagt er: "Die gute Nachricht ist: Mit Gottes Hilfe können wir die Klimaerwärmung stoppen. Für unsere Kinder. Für unsere Welt und für Gott." (pro)   

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