Bundesgericht gibt Söder beim Kreuzerlass Recht

Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hat entschieden, dass Kreuze in Bayerns Amtsstuben hängen dürfen, wie es Ministerpräsident Söder 2018 angeordnet hatte. Geklagt hatte der Bund für Geistesfreiheit München.
Von Johannes Blöcher-Weil
MP Söder

Der sogenannte Kreuzerlass des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder von 2018 ist zunächst rechtens. Das Symbol darf in staatlichen Dienststellen angebracht werden. Zu diesem Urteil sind am Dienstag die Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gekommen. Der Bund für Geistesfreiheit (BfG) München sowie Bayern und 25 weitere Einzelpersonen hatten sich gegen den Erlass juristisch gewehrt.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte Söder recht gegeben, aber eine Revision der Kläger zugelassen. Der BfG München und der BfG Bayern fordern die Rücknahme des Kreuzerlasses und die Abnahme der Kreuze. Söder hatte erlassen, dass im Eingangsbereich jeden Dienstgebäudes als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen ist.

Die Kläger sahen darin das staatliche Neutralitätsgebot verletzt. Außerdem würde die christliche Religion gegenüber anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften bevorzugt. Obwohl das bayerische Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hatte, schreibt es in seinem Urteil, dass das Anbringen des Kreuzes gegen die Pflicht zur weltanschaulich-religiösen Neutralität verstoße.

Das Kreuzsymbol sei Ausdruck einer bestimmten religiösen Überzeugung und „nicht etwa nur Ausdruck der vom Christentum mitgeprägten abendländischen Kultur“. Das Gericht sieht zudem eine Benachteiligung anderer Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Symbole anderer Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften würden nicht in gleicher Weise ausgestellt.

Kein Rechtsschutz gegen Verwaltungsvorschrift

In seiner Urteilsbegründung verweist das Verwaltungsgericht dann aber doch darauf, dass „die Pflicht des Staates zur weltanschaulich-religiösen Neutralität allerdings ein objektiv-rechtliches Verfassungsprinzip“ sei, „das als solches keine einklagbaren subjektiven Rechte der Kläger als Weltanschauungsgemeinschaften begründet“. Gegen eine Verwaltungsvorschrift ohne rechtliche Außenwirkung gebe es keinen Rechtsschutz, befand das Gericht.

Für das Gericht ist das Kreuz an der Wand dann nur „ein im wesentlichen passives Symbol ohne missionierende oder indoktrinierende Wirkung. (…) Eine relevante Wirkung zugunsten des Christentums durch ein Kreuz im Eingangs- und damit Durchgangsbereich eines Dienstgebäudes auf Besucher kann sich bei der naturgemäß nur flüchtigen Wahrnehmung nicht einstellen“.

Mit dieser Argumentation hatte die Lobby-Organisation ihre Probleme. Sie fragt, ob die bayerische Staatsregierung gerade deswegen eine Verordnung gewählt hat, um Klagemöglichkeiten zu erschweren. Zudem führt der Erlass aus Sicht der BfG München zu einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungssatz sowie der Weltanschauungs- und Religionsfreiheit.

Kreuz nicht nur Schmuck, sondern klares Glaubensbekenntnis

Die Verwaltungsvorschrift habe definitiv eine Außenwirkung und greife in die Religions- und Weltanschauungsfreiheit ein. Wer eine Behörde besuche, dem werde das Kreuz als „quasi-staatliches Symbol demonstrativ vorgehalten“. Das Kreuz sei nicht nur Schmuck oder Kunst, sondern das „Glaubensbekenntnis und religiöse Symbol“ schlechthin. Atheisten fühlten sich davon provoziert und ausgegrenzt. Der Verband sieht das Grundrecht auf Gleichbehandlung und auf Religionsfreiheit verletzt.

Als Kompromiss hatte der Journalist der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl, empfohlen, an den besagten Stellen Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes anzubringen, an dem sich jegliches staatliche und gesellschaftliche Handeln orientieren müsse.

Das Bundesverwaltungsgericht gab dem bayerischen Ministerpräsidenten nun Recht, wie unter anderem der „Spiegel“ meldet. Die angebrachten Kreuze stellten „zwar für den objektiven Betrachter ein zentrales Symbol des christlichen Glaubens dar“, sie verletzten die grundgesetzlichen Freiheitsrechte der Kläger jedoch nicht. Sie hätten „keinen Konfrontationsschutz gegenüber im Eingangsbereich von Behörden angebrachten Kreuzen“, so der „Spiegel“.

Auch das grundrechtliche Diskriminierungsverbot wegen des Glaubens in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates werde nicht verletzt.

Das Kreuz solle „Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns“ sein. Die Kreuze in staatlichen Einrichtung stünden der „Offenheit des Staates gegenüber anderen Bekenntnissen und Weltanschauungen nicht im Weg“.

Söders Entschluss hatten sogar die Kirchen heftig kritisiert. Sie warfen ihm 2018 vor, das Kreuz für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen. Der BfG hatte bereits im Vorfeld angekündigt, dass er durch alle Instanzen klagen und bis zum Bundesverfassungsgericht gehen wolle. Die Lobby-Organisation setzt sich für die Trennung von Kirche und Staat sowie für Menschenrechte und Demokratie ein.

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