Bartholomä: Stagnation ist „kein Grund für Hoffnungslosigkeit oder Resignation“

Freikirchen bleiben vor Stagnation nicht verschont. Der Theologe Philipp Bartholomä plädiert für einen „hoffnungsvollen Realismus“ beim Thema Mission.
Von Norbert Schäfer

Die Freikirchen in Deutschland sind in einer missionarischen Krise. Diese Ansicht hat Philipp Bartholomä, Professor für Praktische Theologie an der „Freien Theologischen Hochschule“ (FTH), am Freitag beim „Willow Creek Leitungskongress“ 2024 in Karlsruhe vertreten. Die Freikirchen in Deutschland seien wie die Großkirchen mit Stagnation und Mitgliederrückgang konfrontiert. 

Die Annahme, Freikirche schnitten im „religiösen Wettbewerb“ in Vergleich zur evangelischen oder katholischen Kirche tendenziell besser ab und wüchsen gegen den Trend, halte bei genauerer Betrachtung nicht stand. Die Mitgliederzahlen der meisten Freikirchen stagnierten, oder die Bünde hätten Mitgliederrückgänge zu verzeichnen, erklärte Bartholomä. Seinen Angaben zufolge wachsen nur wenige Verbände im freikirchlichen Bereich. Das rasant wachsende Bevölkerungssegment der Säkular-Unkirchlichen werde auch von Freikirchen kaum erreicht.

Der Mitgliederzuwachs in den Freikirchen sei zu einem Großteil auf „Transferwachstum“ zurückzuführen, also dem Wechsel von bereits gläubigen Christen von einer Kirche oder Gemeinde in eine andere. Der Blick in die Daten offenbare zudem, dass die große Mehrheit der Hinwendungen zum christlichen Glauben von einer überschaubaren Zahl der Gemeinde erzielt werde. In einem konkreten Fall sorgten weniger als die Hälfte der Gemeinden in einem Verband für nahezu 100 Prozent der Bekehrungen. Weniger als die Hälfte der Gemeinden hätten für 100 Prozent der Bekehrungen gesorgt. Die Hälfte der Gemeinde habe keine Bekehrung aufweisen können. „Um es klar zu sagen: Diese Zahlen sind kein Grund für Hoffnungslosigkeit oder Resignation“, sagte Bartholomä, und weiter: „Aber ich würde schon sagen, dass die Realität ernüchternd ist“. 

Nicht am Erwartungsdruck ersticken

Bartholomä plädierte vor den rund 7.000 Konferenzteilnehmer für einen „hoffnungsvollen Realismus“ beim Thema Mission, der die Bedeutung kleiner Anfänge anerkenne und gleichzeitig die „hoffnungsdurchtränkte Sehnsucht nach Erweckung, die Gott wirklich etwas zutraut“, betone. Er verwies auf ein alttestamentliches Bibelwort aus Sacharja 4,10. „Denn wer hat den Tag der geringen Anfänge verachtet?“ 

Der Theologe warnte zudem vor Zynismus und Bitterkeit, sollten Missionsbemühungen in den „normalen“ Gemeinden – also nicht den bekannten Mega-Churches – nicht unmittelbar von Erfolg gekrönt werden. Die Gemeinden dürften nicht an „überbordendem Erwartungsdruck“ ersticken oder entmutigt zusammenbrechen. Stattdessen sollten Christen auf „hoffnungsvoll-bittendes Gebet“ setzen und Gott zutrauen, aus „kleinen, schwachen Anfängen Weltbewegendes“ zu machen.

An der dreitägigen Veranstaltung nehmen laut Angaben der Veranstalter 5.700 Teilnehmer vor Ort in der „DM-Arena“ Karlsruhe sowie 1.300 weitere an zehn Übertragungsorten teil. 

„Willow Creek Deutschland“ (WCD) ist nach eigenen Angaben die „führende Ermutigungs- und Inspirationsplattform“ für Gemeinden und Non-Profit-Organistationen. Der Kongress richtet sich an Christen, die ihren Glauben neu beleben und ihre Fähigkeiten weiterentwickeln und die Zukunft der Kirche mitgestalten möchten. WCD motiviert haupt- und ehrenamtliche Kirchen- und Gemeindemitarbeiter auf Kongressen und durch Literatur für ihre Dienste. 

Seit 1996 hat WCD bislang 39 Kongresse mit mehr als 180.000 Teilnehmern organisiert. Im Februar 2020 musste der Leitungskongress am gleichen Ort wegen der Corona-Pandemie abgebrochen werden. Nach der Pandemie fand 2022 ein Kongress in Leipzig unter dem Motto „Connect“ statt. Vorsitzender von „Willow Creek Deutschland“ ist Pastor Ulrich Eggers.

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