Das „Asbury Revival“, die Asbury-Erweckung, macht seit Tagen und Wochen die Runde in den sozialen Medien und mittlerweile darüber hinaus. Unter dem Hashtag #asburyrevival verbreitet sich dieser Trend über TikTok, Twitter und YouTube unter Millionen von Menschen. Dabei hatten die Beteiligten in Asbury offenbar nicht einmal von sich aus aktiv versucht, einen Trend zu starten.
Ein gewöhnlicher Gottesdienst in der Kapelle der Asbury Universität in Wilmore, Kentucky, war der Auslöser einer Erweckungsbewegung. Am 8. Februar feierten Studenten und Angehörige der Universität ihren Gottesdienst, der jedoch über zwei Wochen nicht mehr endete. Immer mehr Menschen kamen hinzu. Auch vor dem Gebäude und auf dem restlichen Campus versammelten sich Tausende Menschen. Viele der vor allem jungen Menschen filmten das Geschehen oder streamten es live ins Internet, wodurch sich die Bekanntheit noch steigerte.
„Die Leute hier sind so fröhlich“, sagt einer der Studenten in einem Video. „Manche weinen auch. Das ist das Feuer Gottes.“ Der junge Mann fügt hinzu: „Gott bewegt etwas unter dieser Generation. Er sucht Missionare für seine Botschaft. Und Gott hat erst angefangen.“ Eine andere Frau sagt den Tränen nahe: „Gott sucht nach denen, die ihn lieben. Gott sucht nach dir. In Jesus ist Freiheit.“
„Gott ist genug“
Mehrere Interviewpartner des YouTube-Videos waren bereits mehrere Tage vor Ort. „Was wir hier sehen, hat eine große Auswirkung auf diese Generation“, sagte einer. Ein älterer Mann, dem auch die Tränen kommen, sagt: „Ich bin tief bewegt, dass Gott hier etwas an der Generation Z tut, die so viel Chaos in den vergangenen Jahren erlebt hat, die Pandemie, die verrückte Politik und so weiter.“ Ihm sei nicht klar, was genau aus dieser Erweckung nun hervorgehe, doch vielen Menschen werde gerade klar: „Gott ist genug.“
Wie das regionale Magazin „The Asbury Collegian“ berichtet, hatte alles damit begonnen, dass an jenem 8. Februar rund 100 Gottesdienstbesucher vor dem Alter auf die Knie gingen. „Der Heilige Geist wurde ausgegossen, und immer mehr Menschen wurden angezogen, mittlerweile aus der ganzen USA und aus anderen Ländern.“ In dem kleinen Ort Wilmore, der rund 6.000 Einwohner hat, waren teilweise bis zu 100.000 Besucher.
Überregionale Fernsehsender wie Fox News berichteten erstaunt über die „Asbury-Erweckung“. Am 23. Februar soll der Gottesdienst auf dem Campus beendet worden sein. Doch die Bewegung ist damit keineswegs zu Ende. Inzwischen gibt es auch an anderen Orten weitere Gottesdienste, etwa in der Arena in Lexington, kaum 30 Minuten von Wilmore entfernt.
Der Präsident der Universität, Kevin Brown, erklärte in einer Stellungnahme, die Bewegung sei mit dem Ende des Gottesdienstes nicht zu Ende. „Wir können nichts beenden, was wir nicht begonnen haben“, sagte Brown. „Das war nicht geplant.“ Er fügte hinzu: „Unabhängig davon, wie man die Erlebnisse der vergangenen Woche beschreiben möchte, als Erweckung oder Ausgießung des Heiligen Geistes, diese Bewegung ist nicht zu Ende. Andere Hochschulen und Kirchen erleben gerade dasselbe. Gott bewegt durch Menschen, Orte und Gemeinden.“
„Gottesdienst ist so schlicht und demütig“
Die christliche Hochschule Asbury wurde 1890 gegründet. Ihr Fokus liegt neben den normalen Fächern auf einem Studium der Bibel und des Lebens als Christ. Auf dem offiziellen YouTube-Kanal der Universität fand sich bisher kein Live-Stream des berühmt gewordenen Gottesdienstes.
Die Live-Streams des wochenlangen Gottesdienstes in der Uni-Kapelle verfolgten viele Tausende Menschen in Amerika und darüber hinaus. Dabei wurden nicht nur moderne Lobpreis-Lieder gesungen, sondern auch alte christliche Hymnen. Ein Nutzer fragt in den Kommentaren: „Könnte das der Beginn einer neuen Jesus-Bewegung sein?“ Busseweise kamen Studenten von anderen Universitäten und Christen aus anderen Bundesstaaten.
Die amerikanische Pastorin Nadia Bolz-Weber schrieb in ihrem Weblog über das Ereignis, dass sie genauso ratlos sei wie die meisten, aber beeindruckt. Die christliche Bestseller-Autorin, die tätowiert ist und früher drogen- und alkoholabhängig war, beobachtete nach eigener Aussage über Tage hinweg den Live-Stream der Veranstaltung in der Asbury-Universität und schrieb darüber: „Das sind hauptsächlich Studenten, die singen und auf der Akustik-Gitarre und auf dem Klavier spielen. Ich kann nicht sagen, dass ich es verstanden habe. Außer, wenn ich es einschalte, kommen mir die Tränen. Das überrascht mich. Ich bin eigentlich nicht dafür anfällig, sentimental zu werden, wenn es um Religion geht.“ Bolz-Weber zeigte sich beeindruckt von einer Veranstaltung, die so völlig schlicht und in gewisser Weise „demütig“ sei.
Sowohl Liberale als auch Konservative stritten bereits fleißig über diese Bewegung. Bolz-Weber zeigte sich enttäuscht, dass eine intellektuelle Diskussion in den sozialen Medien ihre Freude über dieses erstaunliche Ereignis zu zerstören drohe. „Können wir es nicht einfach einmal für wenigstens eine Minute in uns aufnehmen mit Erstaunen und Neugier?“ Da sei etwas an dieser Live-Übertragung, was sie in ihrem Innersten bewege, befand die Theologin. Das sei für sie im Moment zumindest wichtiger, als es theologisch haarklein zu analysieren. Sie komme für sich zu dem Schluss: „Auch wenn ich skeptisch bleibe gegenüber der Behauptung von Menschen, der Geist Gottes habe sie zu diesem oder jenem geleitet, während sie auf ihrem eigenen Egotrip sind, vertraue ich mehr und mehr auf das, was ich in meinem Geist und in meinem Körper fühle.“