Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat der Forderung nach einer Abschaffung des Reformationstages mit dem Hinweis widersprochen, dass gesamtwirtschaftliche Vorteile durch Feiertagsstreichungen nicht nachweisbar sind. „Deutschland zählt trotz seiner Feiertage zu den leistungsstärksten Volkswirtschaften der Welt. Empirische Belege für eine positive Wirkung der Abschaffung von Feiertagen gibt es nicht“, erklärte eine EKD-Sprecherin am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage. Die CDU-Politikerin Gitta Connemann hatte den Reformationstag als arbeitsfreien Feiertag infrage gestellt. Dies stieß in Kirchen und Politik auf deutliche Kritik.
Für Connemann, Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), ist der Reformationstag als arbeitsfreier Feiertag nicht mehr zeitgemäß, weil der Tag von vielen Menschen kaum noch aktiv wahrgenommen wird. Sie selbst gehe am Reformationstag, dem 31. Oktober, manchmal in die Kirche und sei dann immer verwundert, „dass die Kirchen leer sind“, sagte die evangelische Bundestagsabgeordnete in dem am Mittwoch veröffentlichten Podcast „Table.Briefings“ des Portals „Table.Media“.
Die EKD argumentierte hingegen, der Reformationstag sei weit mehr als ein kirchlicher Feiertag: „Er erinnert an einen historischen Aufbruch, der unser Land kulturell, geistig und politisch geprägt hat. Der Reformationstag steht für Erneuerung und bleibt genau deshalb auch für Wirtschaft und Gesellschaft in Zeiten der Transformation aktuell. Ruhe und Erholung sind Voraussetzung für unsere Leistungskraft.“ Der Reformationstag sei ein Feiertag, dessen Bedeutung weit über den Kirchenbesuch hinausgehe.
In neun Bundesländern Feiertag
Thomas Rachel, Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK) und Mitglied des Rates der EKD, erklärte: „Die Forderung nach Abschaffung des Reformationstages kann nur klar zurückgewiesen werden und entspricht nicht dem Geist christdemokratischer Tradition. Die Prägekraft des Christentums soll auch in Zukunft in unserem Land erhalten bleiben.“ Überdies sei der 31. Oktober auch längst nicht in allen Bundesländern gesetzlicher Feiertag. Die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands müssten auf anderem Wege bekämpft werden „als mit der Schleifung unserer christlichen Wertekultur.“
Der Berliner Bischof Christian Stäblein fügte hinzu, christliche Feiertage ermöglichten „Besinnung und zugleich Aufbruchsenergie“. Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesischen Oberlausitz (EKBO) sagte am Mittwoch dem epd: „Wer Feiertage als Gedenk- und Erinnerungstage dieser Art infrage stellt oder abschaffen will, untergräbt das Fundament, auf dem eine starke, wertegebundene und verbundene Gesellschaft steht“, erklärte der Bischof.
Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer, bezeichnete die Argumentation, angesichts leerer Kirchen könne auf den Feiertag verzichtet werden, als „absurd“. Nach dieser Logik könne man auch über die Abschaffung des Tags der Deutschen Einheit diskutieren, wenn sich kaum noch Menschen an den Feiern beteiligten, sagte Kramer dem epd in Erfurt.
Der Reformationstag ist in den östlichen Bundesländern, außer Berlin, gesetzlicher Feiertag. 2018 haben außerdem die norddeutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein den 31. Oktober zum Feiertag erklärt. Damit ist an diesem Tag in neun von 16 Bundesländern arbeitsfrei. Am Reformationstag erinnern Protestanten in aller Welt an die Anfänge der evangelischen Kirche vor rund 500 Jahren.