Allianz: Vorerst kein gemeinsames Papier zu Transsexualität

Während im Deutschen Bundestag ein neues Gesetz zum Geschlechtswechsel diskutiert wird, arbeiten auch evangelikale Christen an einer gemeinsamen Handlungsempfehlung für Gemeinden. Das ist eine Herausforderung.
Von Anna Lutz
Im Mai hat der Deutsche Bundestag das „Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen“ beschlossen. Mit einer Handreichung informiert die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) über den Inhalt des neuen Gesetzes, mögliche Folgen und gibt Tipps, wie mit dem Gesetz umgegangen werden kann.

Die Evangelische Allianz in Deutschland, ein Netzwerk evangelikaler Christen und Gemeinden, tut sich schwer mit einer gemeinsamen Erklärung zum Thema Trans. Das erklärte Allianz-Vorstand Frank Heinrich am Dienstag gegenüber PRO. Eigentlich hätte sich das Netzwerk vorgenommen, ein aktuelles, gemeinsames Papier zum Thema zu formulieren. Auch, weil derzeit ein entsprechendes Gesetz zum Geschlechtswechsel im Bundestag diskutiert wird. „Aber wir haben es nicht geschafft, einen Text zu schreiben, der in allen Bereichen Übereinstimmung gefunden hat“, so Heinrich. Das Thema werde „sehr divers“ diskutiert. 

Deshalb hat sich das Netzwerk nun dazu entschieden, verschiedene Positionen zum Umgang mit Transsexualität in Gemeinden und Werken nebeneinander zu stellen „und es auszuhalten, dass wir uns nicht in allem einig sind“, wie Heinrich sagte. Die Unterschiede lägen vor allem in Fragen der konkreten Umsetzung und weniger in rein theologischen Sichtweisen.

Papiere von Pfingstlern und Gnadau

Die Allianz hat deshalb nun Haltungen etwa vom Bund freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP), den eigenen sogenannten Runden Tischen zu den Themen Kinder und Politik sowie vom Weißen Kreuz und Gnadauer Gemeinschaftsverband zusammengestellt. Sie alle werben für einen respekt- und liebevollen Umgang mit Trans-Personen, setzen aber unterschiedliche Schwerpunkte im konkreten Miteinander. 

In der Stellungnahme der Allianz-Arbeitskreise Kinder und Politik heißt es etwa, eine sogenannte Geschlechtstransition, also die medizinische Umwandlung des biologischen Geschlechts, sei als freie Entscheidung der jeweiligen Personen zu akzeptieren. Eine der wichtigsten Aufgaben von Christen sei es aber auch, jungen Menschen erkennen zu helfen, „dass die wahre Quelle unserer Identität Gottes Ausspruch über uns ist“. Geschlechtliche Identität entdeckten sie weder in sich selbst, noch werde sie von anderen festgelegt.

Leupold: „verständnisvoll begleiten“

Martin Leupold vom Weißen Kreuz und Gnadauer Gemeinschaftsverband wirbt in seiner Handreichung dafür, dass christliche Werke Betroffene „verständnisvoll“ begleiten und „Freiräume für Fragen und Deutungen“ bieten. Seelsorger und Vertraute sollten Betroffene weder nach dem eigenen „Bild formen wollen, noch sie einfach mit ihren Fragen und Herausforderungen allein lassen“. Seelsorge habe „nicht die Aufgabe, Entscheidungen vorzugeben oder gezielt auf die Geschlechtsentwicklung Einfluss zu nehmen, in welche Richtung auch immer“. 

Konkrete Herausforderungen könnten etwa bei Gemeindefreizeiten entstehen, wenn eine gewisse Geschlechtertrennung in Schlafräumen, Toiletten oder Umkleiden zum Schutz vor der „Verletzungen legitimer Schamgrenzen und sexuellen Übergriffen“ vorgenommen werde. Wie dabei mit Trans-Personen umgegangen werde, sollte bestenfalls im direkten Dialog und in „Aushandlungsprozessen“ geklärt werden.

BFP: Warnung vor aktuellen Entwicklungen

Der BFP gibt sich indes zurückhaltender und warnt vor zunehmend auftretenden Fällen sogenannter „Detransitionen“, also von Menschen, die „sich nach einer Phase des Trans wieder mit ihrem Geburtsgeschlecht identifizieren und in einigen Fällen wieder eine ‚Umkehroperation‘ verlangen, weil sie psychisch die neue Situation nicht bewältigen können“.

Eine „einfühlsame Begleitung ohne ideologische Vorfestlegungen“, sehen auch die Pfingstgemeinden als passenden Umgang mit Trans-Personen an. Doch sie betonen auch: „Angesichts der zunehmenden, wirkmächtigen und medialen Präsenz von Vertretern der Queer-Bewegung“ seien Räume, „in denen das christlich-biblische Menschenbild zur Sprache kommt, von besonderer Bedeutung“. 

Es sei zu akzeptieren, wenn christliche Gemeinschaften sich mit dem Umgang mit Transsexuellen überfordert sähen, ebenso aber auch, wenn sie sie bewusst integrierten. Konkret rät der BFP aber etwa von kirchlichen Trauungen transsexueller Menschen ab, wenn sie „eine Partnerschaft mit einem Partner eingehen, der ihrem eigenen ursprünglichen biologischen Geschlecht entspricht. Ohne Geschlechtsumwandlung würde das einer homosexuellen Beziehung entsprechen“.

Die Evangelische Allianz will ihre Arbeit an einem gemeinsamen Papier fortsetzen. Bis zum Sommer soll eine gemeinsame Handreichung stehen.  

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