Humanitäre Hilfe als „Zeichen der Versöhnung“

Die christliche Hilfsorganisation „Gain“ startet mit einem zweitem Hilfskonvoi Richtung Gaza. Durch ihre Zusammenarbeit mit Israelis will sie ein „Zeichen der Versöhnung“ setzen.
Anja Elisabeth Edelmann
Der Spediteur Peter Kircher, Geschäftsführer Klaus Dewald, Projektkoordinator Simon Strehler sowie der zweite Geschäftsführer Raphael Funck (von links nach rechts) freuen sich, dass der Transport heute starten kann.

Sie wollen ein „Zeichen der Versöhnung“ setzen. Die christliche Hilfsorganisation „Gain“ (Global Aid Network) arbeitet schon seit 18 Jahren in Israel und unterstützt dort Holocaust-Überlebende. Am Dienstag startete ein Hilfskonvoi vom mittelhessischen Gießen aus, dem Sitz der Organisation, in den Gaza-Streifen, finanziert durch Spenden aus Israel und Deutschland.

Drei LKW mit bis zu 60 Tonnen Hilfsgütern stehen in der Zentral bereit, um haltbare Lebensmittel, Matratzen und auch Kleidung nach Gaza zu bringen. Als Fahrer mit dabei sind „Gain“-Geschäftsführer Klaus Dewald, der selbständige Spediteur Peter Kircher sowie ein weiterer ehrenamtlicher Fahrer.

Es ist der zweite Konvoi der NGO, der aus Europa kommt. Denn normalerweise kauft sie die Waren direkt in Israel, um so auch frische Lebensmittel wie Obst liefern zu können. Bis jetzt konnten über „Gain“ vor Ort 84 solcher LKW-Ladungen und rund 2.000 Tonnen Hilfsgüter im Wert von 1,5 Millionen Euro organisiert werden. Die Organisation schätzt, dass damit mindestens 15.000 Menschen unterstützt werden können.

Angespannte Sicherheitslage

Ziel der humanitären Hilfe der UN für den Gaza-Streifen sind 600 LKW pro Tag. Ein Großteil davon deckt das eigene World-Food-Programm sowie einige andere Hilfsorganisationen ab. Dazu kommen kleinere NGOs wie „Gain“, die ihren Beitrag leisten wollen, erklärt Geschäftsführer Raphael Funck. Dewald ergänzt, dass man Orte suche, in denen keine großen Organisationen vertreten sind.

Dabei setzt „Gain“ auch auf Zusammenarbeit mit Großfamilien vor Ort, zu denen oft hunderte Menschen gehörten. Das führe zu einer sehr persönlichen Verbindung dort, erleichtere die Hilfe und erhöhe die Sicherheit. Denn auch wenn Plünderungen eher unwahrscheinlich sind, gebe es keine Garantien.

Foto: PRO/Johannes Blöcher-Weil
Peter Kircher begutachtet, wie Klaus Dewald die letzten Paletten verlädt

Ein Risiko bestehe jedoch weiterhin vor allem für die lokalen Partner: Sollten ihre Lieferungen der Hamas in die Hände fallen, würde GAiN die Genehmigung entzogen werden. Bis jetzt, sagt Funck, sei aber alles gut gegangen. Trotzdem müsse man die Hilfsgüter sorgfältig auswählen. Verboten seien sogenannte Dual-Use-Güter, die für militärische Zwecke umfunktioniert werden könnten. So gebe es Früchte, deren Samen für den Bombenbau benutzt werden könnten, sagt Funck.

Hamas spekuliert auf militärischen Nutzen

Auch deshalb konzentriere sich „Gain“ auf „Basics“, wie Lebensmittel. Neben dem militärischen Nutzen spekuliere die Hamas auf hochwertige Waren, die sie verkaufen könnten. Deshalb sei bei den in Israel gekauften Lieferungen auch immer leicht Verderbliches dabei. Zusätzlich überwachten die israelischen Behörden die Lieferungen mit Drohnen, sodass Probleme direkt auffielen. Andere Organisationen ließen ihre Transporte auch von Soldaten begleiten. Die aktuelle Ladung besteht aus Sachspenden. Vor allem von Unternehmen erhält die NGO oft Großspenden. Allerdings hätten sie gerne auch Babynahrung mitgenommen, erzählt Dewald. Im Moment gebe es diese aber weder in Europa noch in Israel in entsprechenden Mengen zu kaufen.

Der Konvoi fährt die italienische Küstenstadt Monfalcone, zwischen Triest und Venedig, an. Dort werden die Waren auf ein Schiff verladen, das diese nach Aschdod, Israel, bringt. Für die Fahrer geht es mit dem Zug zurück nach Deutschland, um von dort nach Israel zu fliegen. Wenn die Zoll- und Sicherheitskontrollen erledigt sind, wird die Ware komplett ausgeladen und jede Palette einzeln gescannt.

Dann geht es weiter zum Grenzübergang Kerem Schalom, wo die Hilfsgüter nochmals überprüft und in LKW aus Gaza verladen werden. Diese werden von einheimischen Fahrern nach Chan Yunis gebracht. Dort hat „Gain“ ein eigenes Lager, von dem aus die Verteilung beginnt. Die Reise wird etwa zwei Wochen dauern.

Größere Perspektive: Versöhnung

Ziel von „Gain“ und seinem israelischen Partner ist es, 25 LKW pro Woche in den Gazastreifen zu schicken, wobei Transporte aus Europa die Ausnahme sind. Die Hilfsgüter sollen in Vorbereitung auf den nahenden Winter auch warme Kleidung enthalten. Auch der starke Regen und die Überschwemmungen der vergangenen Woche, hätten für eine deutlich angespanntere Situation gesorgt. Die Menschen versuchten, „sich im wahrsten Sinne des Wortes über Wasser zu halten“.

Die Organisatoren hoffen, dass sich die Sicherheitslage entspannt und sie auch bald selbst in den Gazastreifen fahren können. Langfristig planen sie, wie sie beim Wiederaufbau helfen könnten. Durch ihre israelische Partnerorganisation nähmen sie vor Ort eine Bereitschaft für eine „positive und friedvolle Zukunft“ wahr, berichtet Funck. Auch darum setze „Gain“ seine Arbeit fort: als Zeichen dafür, dass Israelis, Deutsche und Menschen aus aller Welt, den Palästinensern helfen wollen und sie nicht vergessen.

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