Filmkritik

Das Nichts ist kaputt

Was passiert mit einem, nachdem man gestorben ist und im Leben an nichts geglaubt hat? Der Spielfilm „Zweigstelle“ zeigt eine recht bürokratische Herangehensweise an diese Fragen. Lustig, skurril, aber leider ohne wirklich christliche Botschaft.
Von Jörn Schumacher
Kinofilm „Zweigstelle“

Die junge Resi hat Panik vor einem langweiligen Leben in der bayerischen Einöde. Und weil ihr auch die Beziehung zu ihrem Freund eintönig erscheint, will sie eigentlich Schluss machen. Der Tod kommt ihr in die Quere: Resi und ihre drei Freunde sterben bei einem Autounfall. Was dann folgt, ist eine skurrile Komödie über die Frage: Was kommt eigentlich nach dem Tod?

Der Regisseur Julius Grimm drehte bisher einige Kurzfilme, „Zweigstelle“ ist sein erster Langfilm. Er zeigt in dieser Komödie einen Ort, den man als ein Amt der „Jenseits-Behörde“ bezeichnen könnte. Hier wird entschieden, was mit jemandem nach dem Tod passiert. Je nachdem, was er in seinem Leben geglaubt hat, danach richtet sich dessen weiteres Schicksal. Jede Religion hat ihr eigenes Zimmer auf diesem Amt, in das muss der oder die Verstorbene dann gehen. Aber was ist mit jenen, die an nichts geglaubt haben?

Resi und ihre drei Freunde Philipp, Mel und Sophie sind solche Fälle. „Katholisch getauft“, sagt Philipp zwar auf die Frage, woran er geglaubt hat. Aber richtig: Das beantwortet nicht die Frage. Ob er an Gott geglaubt hat? „Ich wurde halt getauft.“ Und warum? „Das hab ich mir nicht ausgesucht, das haben meine Eltern damals entschieden.“

Die Zweigstelle für Jenseits-Fragen, die mit vollem Namen „Zweigstelle Süddeutschland III/2“ heißt, gleicht einer Behörde aus den 70er Jahren, mit Abteilungsleitern, defekten Druckern und unzufriedenen Beamten, die am liebsten Mittagspause mit Butterbrot machen. Rita und Sylvia zum Beispiel arbeiten bei der Anmeldung. Ihr Aufgabe: die Weiterleitung der Seelen. „Haben Sie zu Ihren Lebzeiten an etwas geglaubt, ganz egal, ob religiös, spirituell oder einfach als Überzeugung?“, fragen sie die Neuankömmlinge. „Wir haben für jede Glaubensrichtung eine passende Fachabteilung.“ Nur wenn man an nichts geglaubt hat, dann kommt man eben „ins Nichts“.

Was ist mit zum Beispiel Buddhismus? Die Wiedergeburt ist keine einfache Sache, wie sich herausstellt. Landet man womöglich als Tier in der Massentierhaltung? „Wir müssen jetzt mal überprüfen, wo du da stehst, vom Ranking her, karma-technisch“, sagt der Beamte zu Philipp, der sich aus Angst, im Nichts zu landen, fälschlicherweise als Buddhisten ausgibt.

Kafka auf Bayerisch

Der Film lebt von witzigen Dialogen, wunderschönen Einfällen und sehr guten Schauspielern. Darunter sind der bekannte Comedian Rick Kavanian („Bullyparade“, „Schuh des Manitu“), der bayerische Kabarettist Maxi Schafroth sowie Rainer Bock, ein auch international bekannter Schauspieler. Die Komödie ist eine Mischung aus Terry Gilliams „Brazil“, der letzten Folge des „Tatortreiniger“” aus dem Jahr 2018 und Kafka, nur eben auf Bayerisch.

Als Resi einen Blick ins Zimmer für das Nichts werfen darf, in das sie gehen muss, ist sie schon ein wenig eingeschüchtert. „Warum lasst ihr die Leute, die an nichts glauben, nicht einfach in ihrem Glauben, dass da nichts ist?“ Der Hausmeister, mit dem sich Resi anfreundet, erwidert: „Tun wir das nicht?“ Und was macht man eigentlich, wenn das Nichts kaputt ist wie der Drucker in der Fachabteilung für Buddhismus?

Das alles ist sehr unterhaltsam. Mit der christlichen Vorstellung von einem Leben nach dem Tod hat das alles aber freilich nichts zu tun. Einmal ist von „Ihm“ die Rede – und offenbar ist Gott gemeint, der oberste Chef der Behörde. Eine Referenz an das Neue Testament gibt es dann doch: Der Hausmeister (den man sowieso die ganze Zeit als Gott undercover im Verdacht hat) kann übers Wasser laufen, und er lädt Resi ein, es ihm gleichzutun. Sein Spruch könnte so auch von Jesus stammen, der sich an seine Jünger richtet: „Resi, du hast hier schon so viel gesehen, warum solltest du nicht übers Wasser gehen können?“

Der Film garantiert einige Lacher, ganz nebenbei spricht er aber auch ein paar Fragen zum Glauben an. Etwa die, ob es reicht, getauft zu sein, um in den Himmel zu kommen? Oder ob Glaube nicht im Grunde so etwas ist wie Vertrauen. Auch wenn die Beamten des Jenseits insgesamt sympathisch zu sein scheinen – ein unheimlicher Ort ist es dann doch. Und das nicht nur, weil irgendwie alles kaputt zu sein scheint. Eine gewisse Hoffnungslosigkeit macht sich breit. Denn auch wenn der Schluss des Films etwas verwirrend ist – dem Nichts kann man offenbar nicht entkommen, wenn man in seinem Leben an nichts geglaubt hat.

„Zweigstelle“, Komödie, Regie: Julius Grimm, 100 Minuten, Kinostart: 16. Oktober 2025

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