Ein Fall von Hass auf Homosexuelle sorgte Ende Mai für Aufsehen. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete über den Berliner Grundschullehrer Oziel Inácio-Stech, der von muslimischen Kindern bedroht und beleidigt wurde – weil er schwul ist und mit einem Mann verheiratet ist. Statt den Lehrer zu schützen, macht auch die Schulleitung dem Lehrer das Leben schwer. Der spricht von einem „Albtraum“.
Dass Homosexuelle in muslimisch geprägten Gesellschaften besonders häufig Opfer von Übergriffen werden, ist eine Binsenweisheit. In Berlin kümmert sich Alfonso Pantisano als Queer-Beauftragter um dieses Thema. Doch auch seine Reaktion irritiert zutiefst.
„Wenn Kinder Queerfeindlichkeit äußern, hat es meistens eine direkte Verbindung zu ihren Eltern und Familien“, sagte Pantisano laut der „Berliner Zeitung“ – und holte zum großen Relativierungsversuch aus: Queerfeindlichkeit komme in allen Schichten und Kulturen unserer Gesellschaft vor, und es habe auch eine direkte Verbindung zu Religionen.
„Zu dieser bitteren Wahrheit gehört, dass, wenn die Gewalt gegen die queere Community religiös motiviert ist, diese sowohl vom Islam als auch von der katholischen Kirche, den Zeugen Jehovas, den orthodoxen Kirchen und neuerdings immer heftiger auch den Evangelikalen ausgeht“, sagte Berlins Queer-Beauftragter.
Sind Christen nachweislich queerfeindlich?
Das erweckt den Eindruck, als gehe religiös motivierte Gewalt gegen Homosexuelle von Anhängern aller Religionen in etwa gleich aus – auch von Christen. Ist das wirklich so? Auf PRO-Anfrage verwies Pantisano darauf, dass die Religionszugehörigkeit bei queerfeindlicher Gewalt in Berlin nicht erfasst werde. Belege für christlich motivierte Gewalt – insbesondere physischer – gibt es also demnach nicht.
Demgegenüber stehen Berichte zahlreicher Brennpunktschulen mit sehr hohem Anteil muslimischer Schüler. Pädagogen berichten seit Jahren übereinstimmend über Kinder, die mit einem streng islamischen Weltbild aufwachsen. Natürlich gibt es christlich-konservative Kritik an der LGBTQI+-Bewegung – und auch solche, die weit über das Ziel hinausschießt. Über solche offenen und regelmäßigen Übergriffe wie an der Berliner Grundschule aus diesen Kreisen ist aber nichts bekannt.
Dass diese Übergriffe muslimisch-religiös begründet sind, ist offensichtlich. Zwei muslimische Schüler hatten den Lehrer beleidigt, er sei eine „Familienschande“, er werde „in der Hölle landen“, er sei „eine Schande für den Islam“ – bis sie von einer Lehrerin aus dem Klassenzimmer geholt wurden. Die beschrieb die Situation laut „SZ“ als „bedrohlich“ für den Lehrer. Das ist längst nicht der einzige Vorfall. Seit fast zwei Jahren erlebt Oziel Inácio-Stech nach eigenen Worten einen „Albtraum“ an Diskriminierungen, Beleidigungen bis hin zu Vorwürfen, er töte Frauen.
Weitere überlieferte Zitate von muslimischen Jungen und Mädchen: „Du Schwuler, geh weg von hier. Der Islam ist hier der Chef.“ Der Islam werde bald siegen, bald würden Christen „zerstört werden“, zitiert die „SZ“. „Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit“, heißt es oft. Auf den Fall der Berliner Grundschule bezogen bedeutet das: Wer queere Menschen schützen will, muss Ross und Reiter nennen, statt sie aus Angst vor Rassismusvorwürfen zu verschweigen. Damit ist nämlich niemandem geholfen.