Kirchen müssen 2027 mit weniger Geld auskommen

2022 haben katholische und evangelische Kirche 200 Millionen Euro mehr Kirchensteuer eingenommen als im Jahr zuvor. Eine Studie zeigt, dass die Kirchen in Zukunft womöglich mit deutlich weniger Kirchensteuereinnahmen auskommen müssen.
Von Norbert Schäfer

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat errechnet, dass die Kirchen durch Mitgliederrückgang, demografischen Wandel, Inflation und Kaufkraftschwund im Jahr 2027 etwa 1,6 Milliarden Euro an Kirchensteuern einbüßen. Das IW geht davon aus, dass die Kirchen dann im Jahr 2027 kaufkraftbereinigt noch 11,3 Milliarden Euro aus Kirchensteuern einnehmen. Das wären knapp vier Prozent weniger als 2022 und etwa elf Prozent weniger als im Vorkrisenjahr 2019.

Nach aktuellen Schätzungen einer Studie des IW haben katholische und evangelische Kirche 2022 etwa 12,9 Milliarden Euro an Kirchensteuern eingenommen. Das wären etwa 200 Millionen Euro mehr als 2021. Von den Einnahmen aus der Kirchensteuer entfielen der Schätzung zufolge 2022 knapp 6,8 Milliarden Euro auf die katholische Kirche, die evangelische Kirche verbuchte im gleichen Zeitraum etwa 6,1 Milliarden Euro. Offizielle Zahlen für das Jahr 2022 haben die Kirchen noch nicht veröffentlicht.

1,3 Millionen Kirchenaustritte

Das IW bewertet die Entwicklung trotz der jüngst gestiegenen Einnahmen aus der Kirchensteuer kritisch. Die Einnahmen aus Einkommensteuer stiegen 2022 um 4,5 Prozent, die Einnahmen aus der Kirchensteuer dagegen nach IW-Schätzungen lediglich um 1,5 Prozent. Die Kirchensteuer sind also weniger angestiegen als die Einkommensteuer, an die sie gekoppelt ist. Grund für die Differenz sind laut der Studie die Kirchenaustritte. 2022 haben nach IW-Angaben rund 1,3 Millionen Menschen ihrer Kirche den Rücken gekehrt – mehr als jemals zuvor binnen eines Jahres.

Das Institut rechnet zudem mit einem Rückgang der realen Einnahmen der Kirchen als Folge des demografischen Wandels. Viele geburtenstarke Jahrgänge würden in den nächsten Jahren in Rente gehen und dann weniger oder gar keine Kirchensteuer mehr zahlen. Weniger Menschen müssten dann – wie auch bei der Einkommensteuer – den Steuerbedarf bedecken.

„Kirchen müssen sparen“

„Austritte und demografischer Wandel machen sich jetzt immer stärker in den Kirchenkassen bemerkbar“, erklärt IW-Steuerexperte Tobias Hentze in einer Pressemitteilung. Bis zur Coronakrise seien die Einnahmen aus der Kirchensteuer trotz Austritten jedes Jahr real gestiegen. „In Zukunft müssen die Kirchen sparen.“ Eine Erhöhung der Kirchensteuer hält Hentze für keine gute Idee: „Das würde noch mehr Menschen zum Austritt bewegen.“

Bis zur Corona-Krise sind laut der Studie die Kirchensteuereinnahmen real gestiegen. Gründe sind demzufolge steigende und dann anhaltend hohe Beschäftigung sowie steigende Einkommen in Kombination mit der Steuerprogression. Dadurch habe der einsetzende Mitgliederschwund zeitweise kompensiert werden können. Dies sei für die Zukunft nicht mehr zu erwarten.

Das IW rechnet nun damit, dass real stagnierende oder gar rückläufige Steuereinnahmen den Handlungsspielraum der Kirchen in Zukunft „spürbar verengen“. Finanzierungslücken könnten die Kirchen dann entweder durch die Einschränkung ihrer Leistungen schließen, oder durch Veräußerung von Vermögen. Während der demografische Wandel der Studie zufolge unabänderlich sei, gelte dies für die Austrittsdynamik nicht. Ein Rückgang der Austritte ist laut Studie „ein Hebel zur Stabilisierung der Einnahmen“.

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