Meinung

Wurzeln der Unfreiheit

Weltweit gibt es eklatante Menschenrechtsverletzungen in der Form von Menschenhandel, moderner Sklavenarbeit und Zwangsprostitution. Dietmar Roller und Judith Stein haben Schicksale von Opfern und Hintergründe in einem Buch zusammengetragen.
Von Norbert Schäfer
Ware Mensch

Dietmar Roller und Judith Stein haben in ihrem Buch „Ware Mensch: Die vielen Gesichter moderner Sklaverei“ Berichte und Begegnungen mit Menschen zusammengetragen, die aus unterschiedlichen Gründen zu Opfern von Sklaverei, Menschenhandel, Zwangsehe oder -prostitution wurden.

Die Autoren, Roller ist Vorstandsvorsitzender der christlichen Menschenrechtsorganisation International Justice Mission Deutschland (IJM), Judith Stein die Pressereferentin der Organisation, zeigen in den Schilderungen eindrücklich, dass Armut der wesentliche Nährboden für Versklavung, Zwangsprostitution und moderne Formen der Ausbeutung ist. Will man diesen Übeln an die Wurzel, gilt es die Armut zu beseitigen. „Es gäbe keine Sklaverei mehr, wenn Menschen in Armut sicher wären“, schreiben die Autoren.

50 Millionen Opfer weltweit

Weil laut UN aber rund fünf Milliarden Menschen auf der Welt „weit weg vom Schutz des Gesetzes“ lebten, würden sie aufgrund ihrer Armut zu Opfern von Gewalt. „Denn der Einfluss von Gewalt ist bei den vielen verschiedenen Formen von Sklaverei, die wir bis jetzt kennengelernt haben, in jeder Hinsicht gravierend.“ Daher liege ein Schlüssel zur Armutsbekämpfung in der Veränderung der Rechtssysteme.

Rund 50 Millionen Menschen sind weltweit Opfer moderner Sklaverei oder von Zwangsehen. Ein Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) spricht in einem Bericht vom September von derzeit geschätzt rund 50 Millionen Menschen, die in Sklaverei oder von Zwangsehe gefangen sind. Demnach wird einer von 150 Menschen auf der Welt gegen seinen Willen zur Arbeit oder in eine Ehe gezwungen.

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Roller und Stein beschreiben in ihrem Buch, dass Sklaverei kein isoliertes Problem der armen und ärmsten Länder der Welt ist. Himmelschreiendes Unrecht und Verachtung der Menschenwürde sind in der Form von Lohn- und Sozialdumping sowie Zwangsprostitution längst Teil unserer Gesellschaft geworden. Mit unseren Smartphones tragen wir unwissentlich Schweiß und Blut geschundener Kinder mit uns herum, die sich in Bolivien oder dem Kongo in Minen für einen Hungerlohn verdingen.

Aktuell, sachlich und kurzweilig

Das Autoren-Duo schildert an einer Reihe von Schicksalen, wie in Minen Afrikas und Südamerikas durch Zwangsprostitution, Schuldknechtschaft, Kinderprostitution im Internet – dieses Kapitel ist besonders schockierend – und moderne Form von Arbeitssklaventum in Europa Menschen ihrer Würde und Menschlichkeit beraubt werden. Dabei stellen sie ihren Schilderungen aktuelles Zahlenmaterial an die Seite.

Das Buch rüttelt durch und öffnet die Augen, ist sachlich, interessant und kurzweilig geschrieben. Den einzelnen Kapiteln stellen Roller und Stein jeweils ein nachdenkenswertes Zitat voran. Wer sich weiter in diese dunkle Materie vorwagen möchte, dem geben die Autoren eine Reihe von frei zugänglichen Leseempfehlungen im Internet an die Hand.

Leider fehlt ein Kapitel, in dem die Vorstellung der Würde eines Menschen aus seiner Ebenbildlichkeit von Gott heraus detailliert hergeleitet ist. Damit kommt die dringende Notwendigkeit, sich aus christlichem Selbstverständnis und Überzeugung heraus gegen Unrecht, Verletzung der Menschenwürde, Armut, Sklaverei und Zwangsprostitution zur Wehr zu setzen, zu kurz. Die Hinweise auf William Wilberforce und seine Bemühungen um Abschaffung der Sklaverei im England des 18. Jahrhunderts greifen dafür zu kurz. Insgesamt bleibt das Buch aber lesens- und empfehlenswert.

Dietmar Roller, Judith Stein: „Ware Mensch: Die vielen Gesichter moderner Sklaverei. Wie wir sie durchschauen und stoppen können.“, adeo, 232 Seiten, 22 Euro, ISBN  9783863343552

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