Hans Scholl studierte ab dem Frühjahr 1939 an der Ludwig-Maximilians-Universität München Medizin. Seine Schwester Sophie begann im Mai 1942 dort ihr Studium der Biologie und Philosophie. Unter dem Namen „Die Weiße Rose“ verteilten sie zusammen mit Kommilitonen Flugblätter gegen das Nazi-Regime in der Stadt München. Dieses Engagement kostete sie das Leben.
Mitte Februar 1943 wurde das sechste Flugblatt fertiggestellt. Es gelangte nach Großbritannien, wo es nachgedruckt und von britischen Flugzeugen über Deutschland abgeworfen wurde. Am 18. Februar 1943 verteilten die Mitglieder der „Weißen Rose“ Flugblätter in der Münchner Universität. Sie wurden festgenommen und mehrere Stunden verhört.
Vier Tage später, am 22. Februar 1943, verurteilte sie der Volksgerichtshof in München unter Vorsitz des Richters Roland Freisler wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode. Das Urteil wurde noch am selben Tag gegen 17 Uhr vollstreckt. Die 21-jährige Sophie wurde gemeinsam mit ihrem 24-jährigen Bruder Hans sowie dem 23-jährigen Studienkollegen Christoph Probst mit der Guillotine enthauptet.
Mutter vermittelte ihnen ihre Frömmigkeit
Ihre Gegnerschaft gegenüber dem Nationalsozialismus und ihre Widerstandskraft gründeten sich zu einem großen Teil auf ihrem christlichen Glauben. Dies geht aus viele Briefen und Tagebucheinträgen hervor. Die Frömmigkeit haben sie wahrscheinlich von ihrer Mutter vermittelt bekommen, die Diakonisse war und ihre Kinder mit in den Kindergottesdienst nahm.
Sophie war bis 1941 im Bund Deutscher Mädel (BDM) aktiv. Sie ließ sich sogar in ihrer BDM-Uniform konfirmieren, um zu zeigen, dass für sie der christliche Glaube und der Nationalsozialismus zusammen passten. Ihr Glaube brachte sie dann jedoch dazu, in den Widerstand zu gehen. In ihren Tagebüchern rang sie mit Gott. Jesus Christus sei für sie das Rettungsseil, das Gott ihr zugeworfen habe, schrieb sie. Bei allen Zweifeln sei Jesus ihr fester Anker und Halt gewesen.
Hans Scholl wurde mit zwölf Jahren Mitglied im Christlichen Verein Junger Männer (CVJM). Er war zudem ab 1933 Mitglied der Hitler-Jugend und nahm anfangs Führungspositionen im Jungvolk der HJ ein. Später nahm er als Sanitäter am Frankreichfeldzug teil. Das dort Erlebte brachte ihn immer mehr von de Begeisterung für den Nationalsozialismus ab. In einem Brief an den katholischen Publizisten Carl Muth 1941 schrieb Hans Scholl von einer persönlichen Bekehrung zu Jesus Christus.
Aus christlichem Glauben heraus Impulse gesetzt
Der Pfarrer und Scholl-Biograf Robert Zoske sagte im Interview mit PRO, die Geschwister hätten eine bewundernswerte Übereinstimmung zwischen ihrem Glauben und ihrem Tun gezeigt. „Sie zeigen, wie auch junge Menschen ihren christlichen Glauben leben und gesellschaftliche Impulse setzen können“, sagte er. „Sie brauchten etwas, das sie dem Nationalsozialismus entgegensetzen konnten, und das war ihr Glaube.“ Zoskes Buch „Sophie Scholl: Es reut mich nichts. Porträt einer Widerständigen“ war 2020 im Propyläen-Verlag erschienen.
Der Biograf betonte, dass Hans Scholl für den Widerstand eine größere Bedeutung hatte als Sophie. „Ohne ihn hätte es die ‚Weiße Rose‘ nicht gegeben“, erklärte Zoske. Doch maßgeblich durch Sophie wiederum kam es zur Aktion mit den Flugblättern, sie organisierte Papier, Briefmarken und Geld.
Zum 100. Geburtstag der Widerstandskämpferin hatten 2021 der SWR und der BR auf Instagram die Serie „Ich bin Sophie Scholl“ initiiert. Unter dem Account @ichbinsophiescholl veröffentlichten die Sender täglich Nachrichten von der Widerstandskämpferin, so als würde sie heute leben. Die Aktion wurde kritisiert, unter anderem weil sie Fiktion und Wirklichkeit kaum merklich verwischte. Außerdem kam der christliche Glaube der Widerstandskämpferin kaum zum Tragen.