2.000 Jahre Christenverfolgung

Aus Anlass des Osterfestes haben gleich zwei Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen das Thema Christenverfolgung thematisiert. Am Karfreitag beleuchtete eine ZDF-Dokumentation die Geschichte der Christenverfolgung, und am Ostermontag befasste sich ein Beitrag in den „Tagesthemen“ mit der schlechter werdenden Situation von Christen in Indonesien.
Von PRO
„Gefährlicher Glaube“ heißt der Film von Andrea Oster, den das ZDF Karfreitag ausstrahlte. Die Autorin schaut auf die Verfolgung von Christen in den vergangenen 2.000 Jahren und fragt zu aktuellen Entwicklungen:  „Erleben wir eine neue Welle der Christenverfolgung?“

Der Film nimmt die Situation in Ägypten in den Fokus. Am 9. Oktober 2011 demonstrierten Christen auf den Straßen von Kairo für mehr Rechte. Schließlich fuhren Militärpanzer in die Menschenmenge, es gab viele Tote und Verletzte. Die Autoren des Films besuchten Angehörige eines 21-jährigen Mannes, der bei dem „Maspero-Massaker“ ums Leben kam. Die staatliche Presseaufsicht wich dem TV-Team dabei nicht von der Seite, heißt es. Die Kopten, die christliche Minderheit in Ägypten, berichten, dass die Polizei sie nicht beschütze. Wenn etwas passiert, greife sie nicht ein. Sie lasse zu, dass die Kirchen angegriffen werden.

Der Film berichtet, dass Christen bereits im ersten Jahrhundert nach Christus in Rom verfolgt wurden. Die Kirchenhistorikerin Heike Grieser erklärt, dass Christen damals als Staatsfeinde und Atheisten  galten, da sie versuchten, den Kontakt zur heidnischen Götterwelt zu verhindern. Christen wurde  verboten, bestimmte Berufe auszuüben. Im Jahr 64 brach ein Feuer in Rom aus, für das Kaiser Nero die Christen verantwortlich machte, so dass er viele von ihnen hinrichten ließ. Unter Diokletian im Jahr 303 gab es die schlimmste Christenverfolgung.

Zur heutigen Situation befragten die ZDF-Redakteure Heiner Bielefeldt, UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit. Er spricht von vielfachen Benachteiligungen von Christen und einer „symbolischen Gewalt“. Dennoch mahnt er: „Man sollte mit dem Begriff Christenverfolgung vorsichtig sein, weil er den Eindruck erweckt, als würde hier systematisch von Staats wegen eine Ausrottungskampagne stattfinden. Das ist etwa in Ägypten keineswegs der Fall.“

Christen nicht nur Opfer, sondern auch Täter

Thomas Schirrmacher, Religionssoziologe, sagt im Film: „Das Märtyrium als etwas Besonderes anzusehen, ist gerade in den Kirchen des Nahen und Mittleren Osten noch sehr präsent. Historisch, indem sie oft als Heilige verehrt werden, aber auch gegenwärtig, denn auch heute werden Menschen, die als Christen sterben, immer noch als Märtyrer bezeichnet und gelten als etwas Besonderes.“

Aber Christen waren in der Geschichte nicht nur Opfer, sondern auch Täter, so der ZDF-Bericht. „Es ist ein Phänomen in der Weltgeschichte, dass verfolgte Minderheiten, wenn sie dann selber zu Macht gekommen sind, das, was sie vorher erlitten haben, anderen antun. Ob eine religiöse Gruppe wirklich für Religionsfreiheit ist, das kann man eigentlich immer erst sagen, wenn sie in einem Land die Mehrheit stellt“, sagt Schirrmacher. Christen haben Juden, Anhänger anderer Kulte und selbst Christen anderer Glaubensrichtungen im Namen Gottes getötet, heißt es in dem Bericht. Papst Urban II. rief zum Kreuzzug gegen die „Gottlosen“ in Jerusalem auf. Der Theologe Thomas Söding fasst zusammen: „Die Geschichte der Kreuzzüge ist eine Geschichte der organisierten Gewalt.“

Zur aktuellen Lage in Syrien sagt Heiner Bielefeldt, es handele sich beim Bürgerkrieg um einen Krieg, in dem auch Religion ein Faktor sei. „Das alte Assad-Regime stützte sich auf Minderheiten, und jetzt wird den Christen der Vorwurf gemacht, sie hätten eine Komplizenschaft gehabt. Hier ist die Gefahr für Christen ganz groß.“ Islamistische Gotteskrieger schürten Hass zwischen den zerstrittenen islamischen Strömungen und brennen Kirchen nieder. Agnès-Mariam de la Croix, Oberin des Klosters St. Jacob in Syrien, sagt: „Viele Christen wurden getötet, weil sie sich weigerten, in einen bewaffneten Konflikt einzutreten.“ Die Rebellen behaupteten, wenn man nicht mit ihnen kämpft, dann sei man gegen sie.

Monsignore Joachim Schroedel, der die deutschen Katholiken in Kairo betreut, findet: „Eigentlich ist der Islam eine tolerante Religion.“ Aber es gebe Benachteiligung von Christen im heutigen Ägypten. Ihn beunruhigt der Ruf nach einem islamistischen Gottesstaat. Wenn es so weit käme, hätten Christen wahrscheinlich keinen Platz mehr im Land, meint er. „Es ist offenbar das Schicksal der Christen seit 2.000 Jahren, Sand im Getriebe der Welt zu sein.“

„Tagesthemen“ über verfolgte Christen

Auch Das Erste berichtete jüngst über verfolgte Christen. „Die am stärksten verfolgte Religion derzeit ist die christliche“, sagte Tom Buhrow am Montagabend in den „Tagesthemen“. Es folgte ein Bericht über die Situation von Christen in Indonesien. Übergriffe auf Christen nehmen im Staat mit der größten muslimischen Bevölkerung zu. Es gab 600 Übergriffe auf Christen seit 2005.

Pastor Torang Simanjuntak, vor dessen Kirche Muslime für deren Abbruch protestieren, erklärt: „Das ist eine schwere Zeit für unsere Gemeinde. Hier wird versucht, die Religionsfreiheit einzuschränken, uns den Ort des Gebets zu nehmen.“ Bela Theophilus vom „Christlichen Forum Jakarta“ setzt sich für verfolgte Christen ein. Er erklärte, dass Benachteiligung von Christen viel mit der Politik und der Bürokratie des Landes zu tun haben. Bürgermeister wollten die nächste Wahl gewinnen, dazu bräuchten sie die Unterstützung der radikalen Muslime, und schlössen Kirchen.

Die Lage der Christen in einigen Weltregionen bereite ihm „große Sorgen“, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, gegenüber pro. „Das Thema Religionsfreiheit spreche ich deshalb auf meinen Reisen immer wieder an, zuletzt bei meinem Aufenthalt in Ägypten im Februar. Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner werden wir, die Unionsfraktion, noch einen Antrag zum Thema Christenverfolgung in den Bundestag einbringen. Damit unterstreichen wir die Dringlichkeit dieses Anliegens.“

Auf einem Kongress, den die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zusammen mit dem ÖVP-Parlamentsclub am 30. April 2013 in Salzburg zum Thema „Verfolgte Christen“ veranstalte, werde er sich vor allem mit der Situation in Nigeria und Ägypten sowie der Konversionsproblematik beschäftigen. „Wir versuchen auch, Christen zu helfen, die akut bedrängt und bedroht sind. So nehmen wir in Deutschland Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien auf, unter denen ebenfalls viele Christen sind“, sagte Kauder.

Wolfgang Baake, Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes KEP, zeigte sich erfreut über die Sendungen: „Ich bin der ARD und dem ZDF außerordentlich dankbar, dass sich die öffentlich-rechtlichen Systeme des Themas Christenverfolgung an so prominenten Sendeplätzen und so kompetent dieses so wichtigen Themas angenommen haben. Solche Beiträge vermisst man leider bei den privaten Fernsehsendern. Ich kann nur die Hörfunk- und Fernsehsender dringend bitten, sich immer wieder dieses Themas anzunehmen.“ (pro)
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/startseite/#/beitrag/video/1867014/Gef%C3%A4hrlicher-Glaube
http://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt4612.html
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Eine Antwort

  1. Kann keinen Beitrag von ZDF oder ARD zur Christenverfolgung in der Welt in den letzten 2 Jahren finden. Warum wird nicht darüber berichtet?

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