175 Jahre Diakonie: „Zeitenwende“ nur im Miteinander zu bewältigen

Die Diakonie Deutschland hat ihr 175. Jubiläum mit einem Festakt in Berlin gefeiert. Bundeskanzler Scholz betonte die Wichtigkeit eines Sozialstaats, EDK-Ratsvorsitzende Kurschus hob die Bedeutung der Wohlfahrt für die Demokratie hervor.
Von PRO
175 Jahre Diakonie

Die Diakonie in Deutschland hat am Freitag 175-jähriges Bestehen gefeiert. Die Festveranstaltung fand am Abend in Berlin statt. Annette Kurschus, die Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), erklärte in ihrer Andacht zu Beginn, wie wichtig die Wohlfahrt für die Gesellschaft und für die Demokratie seien. Kirche und Diakonie stünden an Seiten derer, die sich „gegenwärtig darum mühen, den demokratischen Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu sichern und zu stärken“.

Kurschus weiter: „Wir werden unser Möglichstes dazu beitragen, dass Recht Recht und Freiheit Freiheit bleibt.“ Das Engagement der Diakonie sei praktiziertes Evangelium – wie kürzlich die Forderung, mindestens 20 Milliarden Euro für eine Kindergrundsicherung aufzuwenden.

Johann Hinrich Wichern, der 1848 den Grundstein für eine organisierte Diakonie gelegt habe, habe Wichtiges verstanden, als er damals gesagt habe: „Die Familien, deren Kinder ich in Hamburg-Sankt Georg aus dem Dreck aufsammle, fragen nicht zuerst nach Gott. […] Sie sind nicht einmal mehr interessiert an Liebe und Zuwendung, denn sie wissen gar nicht, was das ist. Sie sind interessiert an einem Stück Brot, egal ob gekauft oder gestohlen.“ Wichern habe gewusst, dass Freiheit keine Freiheit sei, wenn die sozialen Fragen nicht gelöst seien.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte die Bedeutung eines starken Sozialstaats. Er sichere Zusammenhalt, „gerade in schwierigen Zeiten wie diesen“. Dies gelte auch für die derzeitigen Veränderungen hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Ihm sei wichtig, „dass es Sicherheit im Wandel gibt“, sagte Scholz. Dazu leisteten die Diakonie und andere Wohlfahrtverbände mit ihren Angeboten einen entscheidenden Beitrag.

Scholz ging auch auf die bevorstehenden Beschlüsse zur Einführung einer Kindergrundsicherung ein. Sie sei ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Kinderarmut. Gerade Kinder bräuchten die Hoffnung, dass sie eine gute Zukunft haben, sagte Scholz. Dies könne man nicht per Gesetz verordnen. „Aber wir können die Voraussetzungen dafür schaffen – und die geplante Kindergrundsicherung ist dafür ein wichtiger Fortschritt“, betonte Scholz.

Lilie: Viele Menschen „demokratiemüde“

Die Ampelkoalition will das Gesetz zur Kindergrundsicherung, um das lange gerungen wurde, im September im Kabinett beschließen. Sie soll Leistungen für Kinder in armen Familien zusammenführen und leichter zu beantragen sein. Eingeführt werden soll die Kindergrundsicherung 2025.

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, sagte, genau wie zur Gründungszeit der Diakonie seien auch die gegenwärtigen Herausforderungen in der „Zeitenwende“ nur im Miteinander von Politik und Zivilgesellschaft zu bewältigen. Die Diakonie wolle dazu ihren Beitrag leisten. Lilie sagte, viele Menschen seien demokratiemüde und erschöpft von Krisen und ständigem Wandel. Es gebe aber auch viele, die sich engagierten und etwas Sinnvolles für die Gesellschaft und die Menschen tun wollten.

Der Diakonie-Chef nannte insbesondere die Freiwilligendienste und bat den Bundeskanzler, „sich persönlich dafür einsetzen, dass es zu einer deutlichen Korrektur dieses überhaupt nicht einsichtigen und noch weniger weitsichtigen Kürzungsbeschlusses kommt“. Die Ampelkoalition will die Bundeszuschüsse zu den Freiwilligendiensten stark kürzen, um die Schuldenbremse einzuhalten. Der Diakonie zufolge würde das zum Wegfall von einem Viertel der rund 100.000 Stellen pro Jahrgang führen.

Die Diakonie ist der soziale Dienst der evangelischen Kirche. Unter ihrem Dach arbeiten deutschlandweit mehr als 627.000 hauptamtliche Mitarbeiter in rund 33.000 Einrichtungen und Angeboten.

Von: epd/Swanhild Brenneke

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