Als Anton Schulte einmal gefragt wurde, was Menschen einmal nach seinem Tod über ihn sagen sollten, antwortete er: „Ich weiß nicht. Vielleicht das: Er war nur ein kleiner Dicker, aber er hatte einen großen Gott.“ Dabei war der „kleine Dicke“ einer der größten Evangelisten in Deutschland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, zudem war er Medienvisionär: Am 20. August wäre Anton Schulte 100 Jahre alt geworden.
Vor seiner Hinwendung zum christlichen Glauben und seiner Berufung zum Evangelisten absolvierte er zunächst eine Lehre zum Müller. 1943 wurde er als 17-Jähriger zum Kriegsdienst eingezogen, geriet Ende des Zweiten Weltkriegs in britische Kriegsgefangenschaft und lebte bis Januar 1949 als kriegsgefangener Landarbeiter in Schottland. Dort fand der damals überzeugte Agnostiker durch den Kontakt zu einheimischen Christen zum Glauben an Jesus Christus. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland ließ er sich an der Bibelschule Wiedenest zum Evangelisten ausbilden.
Zu Schultes Großevangelisationen strömten vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren Tausende Besucher. Seine volksnahe Art des Predigens und seine hohe Popularität brachten ihm unter anderem den Spitznamen „der deutsche Billy Graham“ ein. Bei seiner Arbeit suchte er stets nach neuen Methoden. So war er zum Beispiel 1953 der erste deutsche Evangelist, dessen Rundfunksendungen wöchentlich über Radio Monte Carlo ausgestrahlt wurden. 1954 gründete er den „Verein evangelistisches Jugendwerk“, der wenig später in „Neues Leben“ umbenannt wurde und aus dem bis heute zahlreiche eigenständige Werke hervorgegangen sind. Darüber hinaus war Schulte ein Impulsgeber für zahlreiche weitere christliche Werke in Deutschland, unter anderem gehörte er 1959 zu den Mitgründern des Evangeliums-Rundfunks (ERF) in Wetzlar.
Bereits früh entstand neben der Radiomission und der klassischen Evangelisationsarbeit in Zelten und Kongresshallen eine ausgedehnte Schriftenmission mit Traktaten und Büchern. 1956 veröffentlichte er die erste Ausgabe der Zeitschrift „Neues Leben“, die heute als christliches Ratgebermagazin erscheint. 1969 entwickelte Schulte die Telefonkurzpredigt, die von rund zwei Millionen Anrufern gehört wurde. Pastor und Motorradprofi Helmfried Riecker gründete 1971 unter dem Dach von „Neues Leben“ das Missionswerk „SRS – Sportler ruft Sportler“. 1985 wurde das Theologische Seminar Neues Leben eröffnet. Bis heute wurden hier rund 700 Männer und Frauen für den Missions- und Gemeindedienst ausgebildet. 1992 zog Schulte sich aus der verantwortlichen Leitung des Werkes zurück.
„Das hätte Opa gut gefallen!“
Sein Enkel René Schulte gehört heute dem Vorstand von „Neues Leben“ an. „Oft hörte ich meinen Großvater sagen, ob am Tisch oder auf der Bühne: Die Form muss sich ändern – der Inhalt aber muss bleiben“, so René Schulte laut einer Pressemitteilung von „Neues Leben“. Damit meine Schulte die Art, wie Gottes Wort zu den Menschen gelangen soll.
Für Anton Schulte seien das Evangelium in seiner ganz Kraft und Schönheit und die Autorität der Bibel die entscheidende Grundlage all seines Tuns gewesen. „Wer Jesus begegnet, dessen Leben verändert sich grundlegend“, erklärt René Schulte. „Deshalb gestalten wir Räume, in denen solche Begegnungen möglich sind. Orte, an denen Fragen erlaubt sind. Formate, die Glauben greifbar machen. Jesus kennenlernen, Glauben vertiefen, Evangelium weitergeben. Wir setzen uns dafür ein, dass das geschieht, ganz praktisch: In Seminaren, Freizeiten, digitalen Kursangeboten, Medienproduktionen in Print und Fernsehen, Schulungen oder theologischer Ausbildung“, so Anton Schultes Enkel, und weiter: „Menschen machen sich auf – persönlich, geistlich, manchmal auch geografisch. Und wir dürfen sie begleiten. Auf ihrem Weg mit Jesus. Manchmal ganz am Anfang. Manchmal als Impuls zur Vertiefung. Ja, das hätte Opa gut gefallen!“
Das Missions- und Bildungswerk „Neues Leben“ beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 60 Mitarbeiter und setzt sich seit mehr als 70 Jahren für zeitgemäße Evangelisation ein.