„Zuspitzungen gehören zum Geschäft“

"Manche politischen Kämpfe widern mich regelrecht an", hat Erzbischof Robert Zollitsch in der Beilage "Christ & Welt" der Wochenzeitung "Die Zeit" angemahnt. Nun haben ihm christliche Politiker darauf geantwortet – aus den Reihen der CDU bis hin zur Linken.

Von PRO

Gibt es einen Sittenverfall im politischen Umgangston? Günther Beckstein (CSU) findet, "so wie christliche Politiker nicht besseren Christen sind, so sind politisch denkende Christen auch nicht die besseren Politiker". Finten und der Wettbewerb um die öffentliche Meinung gehörten zum Umgang in der Politik. Dafür fehle es der innerkirchlichen Streitkultur häufig an Offenheit. So müssten sich beide Seiten immer wieder die Zehn Gebote vor Augen halten und sich selbst prüfen.

Philipp Rösler (FDP) antwortet auf Zollitsch: In der modernen medialen Welt verrutsche die Auseinandersetzung oft leicht. "Das gilt für den kirchlichen ebenso wie den politischen Bereich. Zum guten Umgang gehört es sich, dass man einander das offen eingesteht und für die Zukunft beherzigt." Annette Schavan (CDU) ist hingegen überzeugt, dass Institutionen im allgemeinen produktive Konfliktlösungsstrategien brauchen. "Dann ertragen sie auch verschiedene Meinungen und Standpunkte. Das ist in der Kirche – nach meiner Erfahrung – nicht anders als in der Politik", schreibt die Ministerin.

Diskussionskultur: "Barsch und voreingenommen"

Susanne Graf (Piratenpartei) erklärt, sie versuche, sich an die goldene Regel: "Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu" zu halten. Die Diskussionskultur in der Politik sei barsch und voreingenommen, aber nicht unmenschlich, wie Zollitsch erklärt habe. Rainer Brüderle (FDP) findet, Zuspitzungen gehören zum Geschäft. "Um zu fundierten Entscheidungen zu kommen, braucht es bisweilen eine harte, aber faire Auseinandersetzung in der Sache", schreibt er.

Manuela Scheswig (SPD) hingegen wünschte sich gerade in der Kirche mehr Mut zur Offenheit und Debatte, etwa im Umgang mit den Missbrauchsfällen. Christine Lieberknecht (CDU) erklärt, Politik sei heute stärker personalisiert. "Wer sich heute – egal ob als Politiker oder Geistlicher – in das gesellschaftliche Rampenlicht begibt, wird weniger nach dem Inhalt, sondern eher nach dem Unterhaltungswert seiner Äußerungen bewertet." Lautstarke Auseinandersetzungen inklusive.

Bodo Ramelow (Linke) sieht in der Debattenkultur keinen großen Unterschied zwischen Kirchen, Politik oder Sportvereinen. Als christlicher Politiker wisse er, dass der Umgangston generell drastischer geworden sei. Er schreibt: "Wir alle – also auch Kirchenmenschen, Fußballpräsidenten, Gewerkschaftsfunktionäre und Politiker – sollten achtsamer miteinander umgehen. Und wir sollten darüber nachdenken, wie die Pressefreiheit geschützt, aber auch wieder mit einem Medienethos verbunden wird – und das alles angesichts der digitalen Revolution in der gesellschaftlichen Kommunikation." (pro)

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