Zusammenhang zwischen Terrorismus und Islam nicht leugnen

Terrorismus und Islam hängen zusammen. Das sagte Kyai Haji Yahya Cholil Staquf, Generalsekretär der größten Muslim-Vereinigung in Indonesien. Er appellierte an den Westen, diesen Zusammenhang nicht länger zu verleugnen.
Von PRO
Gedenken an die Opfer des Terrorismus, hier nach dem Anschlag in Nizza vor der französischen Botschaft in Berlin

Es gebe einen „ganz klaren Zusammenhang zwischen Fundamentalismus, Terror und Grundannahmen der islamischen Orthodoxie“, sagte Kyai Haji Yahya Cholil Staquf im Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Er ist Generalsekretär von Nahdlatul Ulama, der größten Muslim-Vereinigung in Indonesien. „So lange wir darüber keinen Konsens erzielen, werden wir keinen endgültigen Sieg über die fundamentalistische Gewalt des Islam erreichen“, sagte der gläubige Muslim.

Drei Grundannahmen des traditionellen Islam seien problematisch. Erstens das Verhältnis von Muslimen zu Nichtmuslimen. Die Lehre, dass Nichtmuslime für Muslime als Feinde gelten, bezeichnete Yahya Cholil Staquf in der heutigen Zeit als „unvernünftig“. Ein friedliches Leben in einer multikulturellen Gesellschaft werde damit unmöglich. Das zweite Problem sei das traditionelle Verhältnis des Islam zum Staat. Dieser gelte dort als universal und einheitlich, „mit einem Einzelherrscher an der Spitze, der die muslimische gegen die nichtmuslimische Welt vereinigt“.

Diese Bestreben sei bei der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zu finden und führe zu „Chaos und Gewalt“. Das dritte Problem sei das traditionelle muslimische Verhältnis zum Recht. Viele Muslime setzten voraus, dass es „eine Gruppe fester, unveränderlicher Gesetze“ gebe, auch bekannt als Scharia. Das stehe zwar im Einklang mit ihrer Tradition, führe aber zu Konflikten mit Gesetzen säkularer Nationalstaaten. „Wir müssen dahin kommen, dass ein Verständnis, das die traditionellen Normen der islamischen Rechtslehre absolut setzt, als falsch gilt“, sagte der Islamgelehrte. Religiöse Werte und soziale Realität müssten zueinander passen. Es müsse „glasklar sein“, dass die staatlichen Gesetze Vorrang haben.

Probleme nicht verleugnen

Yahya Cholil Staquf plädierte dafür, dass bestimmte Grundannahmen des Islam „im Kontext ihrer Entstehungszeit“ verstanden werden und nicht zwangsläufig als Handlungsanweisung für die Gegenwart. Zu viele Muslime weltweit sähen das friedliche Zusammenleben von verschiedenen Glaubensrichtungen als etwas an, das bekämpft werden müsse. Viele Europäer spürten das, und das führe zu einer „steigenden Furcht“ vor dem Islam. „In diesem Sinne sind auch einige westliche Freunde von mir islamophob“, sagte er. Sie hätten Angst vor dem Islam und das könne er verstehen, sagte Yahya Cholil Staquf.

Westliche Politiker müssten aufhören zu erzählen, dass Fundamentalismus und Gewalt nichts mit dem Islam zu tun hätten. Er verstehe, dass das Ziel dieser Äußerungen sei, Spaltungen zu vermeiden. Aber „wenn man ein Problem leugnet, kann man es nicht lösen“, sagte Yahya Cholil Staquf. Er forderte außerdem den Westen auf, Saudi-Arabien ernsthaft unter Druck zu setzen. Denn dieser und andere Golfstaaten „verteilen überall in der Welt massenhaft Geld, um ihre ultrakonservative Sicht des Islam zu verbreiten“.

Er bewundere, dass westliche Politiker „so wunderbar humanitär“ dächten. Der Gelehrte gab jedoch zu bedenken: „Wir leben in einer Zeit, in der man realistisch denken und handeln muss.“ Europa habe aus seinen Fehlern in der Vergangenheit noch nicht gelernt. Zwar sei es löblich, dass Deutschland helfen wolle und „massenhaft Flüchtlinge“ aufnehme. Man dürfe die Augen vor der Not nicht verschließen. „Extremisten sind aber nicht dumm“, sagte Yahya Cholil Staquf. Der „harte linksliberale Rand im Westen“, der jedes Nachdenken über Zusammenhänge zwischen traditionellem Islam und Gewalt als „islamophob“ denunziere, müsse damit aufhören. (pro)

Von: sz

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