Zum Tod von Guido Westerwelle: Die Liebe bleibt

Mit Guido Westerwelle ist ein Politiker verstorben, der für jeden Tag seines Lebens dankbar war – und der ein aufrichtiges Interesse an seinen Mitmenschen hatte. Über seinen Glauben sprach er ganz selbstverständlich. Ein Nachruf von Patrick Meinhardt
Von PRO
Der ehemalige Bundesaußenminister Guido Westerwelle starb am 18. März an den Folgen seiner Leukämieerkrankung
Ich schäme mich meiner Tränen nicht, als ich am Freitag für mich fassungslos die Nachricht vom Tode Guido Westerwelles erhalten habe – da ist für mich die Zeit in der Tat stehen geblieben und so viele Bilder, so viele Begegnungen, so viele Gespräche sind mir durch den Kopf und durchs Herz gegangen. Und deswegen möchte ich mit Ihnen weniger über den Politiker Westerwelle, sondern über den Menschen Guido meine Gedanken teilen – einem feinfühligen, liebevollen, dankbaren, demütigen, großherzigen Menschen, über den leider allzu selten berichtet worden ist. Und über einen Menschen, der voller Seelentiefe seinen Glauben lebte. Das zentrale Wesensmerkmal von Guido ist sein Interesse an seinem Gegenüber gewesen – und zwar nicht ein politisches Interesse in dem Augenblick des Nutzens, sondern ein ganz persönliches Interessiertsein. Mehr als einmal ist es mir wie vielen anderen passiert, dass er wieder einmal nach einer seiner grandiosen Reden im Deutschen Bundestag zum Ausgang strebte, weil der nächste Termin erst als Fraktionsvorsitzender, dann als Außenminister und Vizekanzler drängte, er einen sah, zur Seite nahm und man sofort in ein tiefgründiges Gespräch kam. Oder Guido sah auf die Uhr und sagte: „Komm, wir gehen ins Abgeordnetenrestaurant!“ Und dann wollte er alles wissen, was einen gerade so bewegte, und er teilte dann auch sich mit. Guido war ein Herzenskümmerer. Er wollte immer, dass es den Menschen um ihn herum gut ging. Und Guido war ein dankbarer Mensch. Das Wort „Danke“ hörte man von ihm oft – und man spürte jedesmal, dass es aus voller Überzeugung kam. Für die vermeintlich noch so kleinste Sache kam er auf einen zu, schaute einen direkt an und drückte einem die Hand – und kurz darauf hatte man auch noch ein schriftliches Dankeschön von ihm im Büro. Aber da steckte mehr als der günstige Augenblick dahinter – das war eine Lebenshaltung, die ihn geprägt hat: Dankbar für jeden Moment seines Lebens zu sein, dankbar für das Geschenk des Lebens an sich zu sein. Als wir bei einem solchen Gespräch feststellten, dass unser beider Lebensmotto: „Carpe diem – Nutze, besser pflücke den Tag!“ war und was es in aller Tiefe für uns jeweils bedeutete, war da schon ein besonderes Band des Verstehens. Und dann sprach er bei der Eröffnung der Internationalen Berliner Begegnung – angefragt als Außenminister, aber es kam der Mensch und Christ. Als einer der damaligen Sprecher des Gebetsfühstückskreises im Deutschen Bundestag durfte ich diese Veranstaltung moderieren und konnte so auch die Gesichter und die Körperhaltung der Zuhörer sehen. Manch einer war distanziert, das spürte man, weil er nicht mit dem Politiker einverstanden war. Aber als Guido ganz selbstverständlich über sich, seinen Glauben, seine Werte anfing zu sprechen und er uns alle dabei mitnahm, was ihm wichtig ist und woran er sich orientiert, da bewegte sich etwas in diesem Raum. Und im Nachgang zu seinen einfühlsamen und beeindruckenden Worten ließen Besucher ihren Gefühlen freien Lauf und äußerten: „Ich bin so froh, diesen Guido Westerwelle heute so erlebt zu haben. Das ändert mein Bild vollkommen!“ Ja, es gab viele besondere Momente mit Guido, die ich nicht vergessen werde. Ich bin sehr traurig und fühle aus ganzer Seele mit allen, denen mit Guido ein wahrer Mensch fehlt. Vor allem aber wird genau dieser Mensch Guido Westerwelle tief in meinem Herzen einen festen Platz haben. In einer gemeinsamen letzten Botschaft haben Guido Westerwelle und sein Mann Michael Mronz an seinem Todestag uns allen auf den Weg gegeben: „Wir haben gekämpft. Wir hatten das Ziel vor Augen. Wir sind dankbar für eine unglaublich tolle gemeinsame Zeit. Die Liebe bleibt.“ Danke!

Patrick Meinhardt saß von 2005 bis 2013 für die FDP im Deutschen Bundestag. Er war Sprecher seiner Fraktion für Bildung sowie Sprecher der Gruppe „Christen in der FDP-Bundestagsfraktion”. (pro)

https://www.pro-medienmagazin.de/politik/detailansicht/aktuell/westerwelle-deutsche-sollen-toleranz-vorbilder-sein-80014/
https://www.pro-medienmagazin.de/politik/detailansicht/aktuell/gottes-wege-haben-immer-eine-bedeutung-79638/
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