Die Wochen vor Weihnachten gehören für Händler zu den wichtigsten im Geschäftsjahr. Besondere weihnachtliche Werbung soll dafür sorgen, dass die Kunden auch fleißig einkaufen. Mal humorvoll, mal ernst und vor allem mit viel Gefühl sind die Werbespots gemacht, mit dem Produkt selber haben sie oft nur entfernt etwas zu tun. Der Lebensmittelmarkt Penny etwa erzählt eine Geschichte davon, wie sich Mutter und Tochter wieder versöhnen, zwei Brüder versöhnen sich in der Werbung der Fluggesellschaften Delta Airlines und Virgin Atlantic, und Kaufland stellt fest: Wer gut isst, streitet nicht.
In den peruanischen Bergen kommt es zwischen Fahrgästen eines liegengebliebenen Busses zum Streit, bis ein junges Mädchen das Lied „Feliz Navidad“ (Frohe Weihnachten) anstimmt und die Gestrandeten schließlich im Bus zusammen Weihnachten feiern: Werbung des Versandhändlers Otto. Im Spot von Coca Cola verschenkt ein Junge heimlich kleine Flaschen des Getränks an gestresste Menschen; Amazon-Päckchen zaubern allen ein Lächeln ins Gesicht; die Deutsche Bahn verbindet Menschen – einen kleinen Jungen und einen Obdachlosen. Edeka blickt gar in die Zukunft, in der ein Roboter sich nach der Liebe und Wärme von echten Menschen sehnt.
Werbung nutzt menschliche Bedürfnisse aus
Weihnachten – ein Fest, an dem Menschen aufeinander achten, aufeinander zugehen, sich unterstützen, lieben und sich Freude machen. Dieses Bild vermitteln viele der Spots. Keine schlechte Botschaft, drücken sie doch eine Sehnsucht aus, die in allen Menschen steckt. Dabei nur auf Gefühle zu setzen, reiche jedoch nicht, erklärt Markus Weber, Redakteur des Fachmagazins Werben&Verkaufen: „Wichtiger als Marken emotional aufzuladen, ist es heutzutage, sie mit Relevanz aufzuladen. […] Am Ende muss die Botschaft die sein: Dieses Unternehmen interessiert sich für mich – und für die Welt, wie sie tatsächlich ist.“
Jemand interessiert sich für mich. Das hört jeder gern. Werber können dieses menschliche Bedürfnis geschickt ausnutzen – nicht, weil die Unternehmen wirklich wissen wollen, was ihre Kunden auf dem Herzen haben, sondern weil sie etwas verkaufen wollen.
Gott interessiert sich für die Menschen
Es fällt auf, dass es zumindest in diesem Jahr kaum eine Weihnachtswerbung gibt, die wirklich weihnachtliche Motive aufnimmt wie Jesus in der Krippe, Hirten, Engel, Weise aus dem Morgenland, Stern oder Kirche. Nur die Werbung eines Lottounternehmens versuchte sich an christlicher Symbolik – und griff ordentlich daneben, was ihm Beschwerden beim Deutschen Werberat einbrachte, auch vom Christlichen Medienverbund KEP.
Nächstenliebe und Versöhnung, wie es viele Werbefilme zeigen, sind zwar auch irgendwie „christliche Werte“ und für Menschen mit oder ohne religiöse Überzeugung erstrebenswert. Doch entkoppelt vom Ursprung des Weihnachtsfestes bleiben sie als seine vermeintlichen Markenzeichen eher diffus wie der Geruch von Räucherkerzchen im Raum hängen. Angenehm, aber er verflüchtigt sich. Und was ist damit, wenn die Feiertage rum sind, wenn es wieder Alltag wird und es keine Geschenke mehr gibt? Wer interessiert sich dann für mich, und warum sollte ich mich dann mit meinem Bruder versöhnen?
Gott wird Mensch: Weil er sich für die Menschen interessiert und sie liebt, wird er einer von ihnen. Und er ist gekommen, um zu bleiben, Hoffnung und Freude zu schenken und die Welt mit sich zu versöhnen. Das ist Weihnachten. Es ist in Ordnung, wenn kommerzielle Werbung das nicht vermittelt, schließlich hat sie einen anderen Auftraggeber. Aber es wäre schade, wenn die Werbebotschaften das einzige wären, was von der Bedeutung des Festes hängen bleibt. Dass Menschen den eigentlichen Mehrwert von Weihnachten erfahren, dafür sind wir Christen verantwortlich.
Von: Jonathan Steinert