Auf der Internetseite von „Zoomer“ hatten User den Artikel von Preußer anschließend lebhaft diskutiert. Die Meinungen waren dabei ganz unterschiedlich: „Unis sollten Stätten des klaren Denkens und Menschenverstandes sein, nicht welche des Glaubens. Dafür gibt´s doch Kirchen“, unterstützte ein Besucher, der sich „Julian B“ nennt, die kritische Meinung der Redakteurin. Andere stimmen ihm zu: „Armes Deutschland, das Land der Dichter und Philosophen geht den Bach runter! Jetzt ist es schon so weit, das die Missionare ihren Fuß auch auf den Campus setzen dürfen“, sagt ein gewisser „Murat“.
In dem Artikel vom Dienstag zeichnet Marie Preußer ein kritisches Bild der Gruppe von „Campus für Christus“ (CfC), die sie an dem Abend besucht hatte. Sie verwies vorab auf kritische Berichte über evangelikale Hochschulgruppen in anderen Medien. „Aufgeklärte und emanzipierte“ Menschen seien durch deren Aktionen, etwa gegen Abtreibung, „schnell alarmiert“, hatte sie die Beiträge kommentiert.
Besonders erschreckt hatte sie die Tatsache, dass junge Amerikaner nach Deutschland kämen, um hier an den Universitäten ihren Glauben zu verbreiten. „Auf ihrer Webseite predigen sie ihren Mitgliedern, alles Verlangen, alle Pläne, jede Macht über das eigene Leben abzugeben“, hieß es. Marie Preußer fühlte sich gar an „die Schrecken der Kolonisation“ erinnert – ein historisch zumindest schwieriger Vergleich.
An CFC wenig auszusetzen
An dem Abend, den sie bei CfC verbrachte, gab es dann aber nur wenig auszusetzen. So ziemlich das Einzige, das ihre negativen Erwartungen zu bestätigen schien, waren die altmodischen Strümpfe der Anwesenden: „Keine einzige Wollsocke ist zu sehen – sondern Tennissocken“, hatte Preußer geschrieben. Ansonsten schien sie außer nach Geschlecht getrennten Wohngemeinschaften nichts Alarmierendes zu sehen. Ihr Artikel hatte, etwas ironisch, mit einem Vergleich geendet: „An diesem Abend am Hermannplatz in Berlin träumen 20 Studenten von einer besseren Welt. Sie hoffen dabei nicht auf Marx, Engels, revolutionäre Kräfte oder das Kapital. Sie hoffen auf Gott.“ (pro berichtete)
Doch das sahen nicht alle so. Auch christliche Besucher der Seite waren auf den Artikel von Marie Preußer aufmerksam geworden und diskutierten eifrig mit. Jemand, der dabei besonders hervortrat, war „Christian“. Einem seiner Kommentare, in denen er den christlichen Glauben verteidigt, hat die „Zoomer“-Redaktion besondere Beachtung geschenkt und ihn auf der Seite in der Rubrik „Punktlandung“ veröffentlicht. Das heißt, der Beitrag erscheint nicht nur irgendwo unter den Hunderten der Kommentare von den restlichen Usern, sondern steht in großer Aufmachung bei den Top-Themen.“User Christian steht zum Glauben: ´Gott ist nicht prüde`“, hat ihn die Redaktion überschrieben.
„Größe, Herrlichkeit, Vielfalt Gottes“
In seinem Beitrag geht er auf die an den Artikel anschließende Diskussion ein. Hier waren nicht nur Fragen über das Engagement der Studentengruppe, sondern auch über den christlichen Glauben allgemein laut geworden. Eine davon betraf den Streit „Schöpfung oder Evolution“. „Christian“ berichtet, er stehe Sendungen über Evolution, beispielsweise im Fernsehen, positiv gegenüber. „Für mich spiegeln diese Theorien die Größe, die Herrlichkeit und die Vielfalt Gottes wider“, sagt er. „Letztlich sind wissenschaftliche Theorien und Erkenntnisse jedoch kein hinreichendes Instrument, um die Existenz eines Gottes zu beweisen“, bringt er das eigentliche Problem zum Ausdruck.
Auch zum Punkt „Sex vor der Ehe“ bezieht er Stellung. Seine Aussagen können den im Artikel geäußerten Verdacht, dass Menschen, die Standpunkte wie „Kein Sex vor der Ehe“ vertreten, „suspekt“ seien, aber kaum bestätigen: „Jeder Mensch möchte gerne aufrichtig aufgrund seiner Person von seinem Partner geliebt werden. Wer möchte aufgrund seines Aussehens, seiner beruflichen Stellung, seines Geldes oder anderen Gründen geliebt werden?“, heißt es zu dem Thema. Und weiter: „Gott ist keinesfalls prüde, er hat die Sexualität erfunden, damit wir sie ausleben und darin Erfüllung und Glück finden. Die Bedingung dafür ist jedoch, dass sich zwei Menschen wirklich füreinander entscheiden, bis sie sich darauf einlassen.“
„Gott als Person erkennen“
Auch der im „Zoomer“-Forum geäußerten Meinung, dass es beim christlichen Glauben vor allem um Gebote gehe, widerspricht „Christian“. Es gehe nicht darum, dass man ein Regelwerk einhält, schreibt er, „sondern dass man Gott als Person kennen lernt und sich von ihm verändern lässt“. Am Ende seines Beitrags scheut er sich nicht, auch persönlich Stellung zum Glauben zu beziehen: „Ich habe erlebt, wie Gott Wunder tut und erfahren, dass Gott in meinem Leben wirkt, mich verändert und durch mich in dieser Welt Geschichte schreibt.“
Die Gruppe von Berliner Studenten, die von ihren ähnlichen Erfahrungen weitersagen wollen, nimmt er in Schutz und erklärt ihre Beweggründe. „Als man den Jüngern im Neuen Testament das Predigen verbieten wollte, sagten sie: ´Wir haben Milch und Honig geschmeckt, wir können nicht aufhören davon zu erzählen!`. Aus dieser Motivation heraus gehen junge Menschen an fast allen Unis in Deutschland auf Kommilitonen zu, um ihnen diese gute Nachricht weiterzusagen. Wäre es nicht lieblos und egoistisch, diese Nachricht für sich zu behalten?“ (PRO)