Zeitungsverband verteidigt christlichen Verein

Die Tageszeitung taz hat in einem Artikel die Menschenrechtsorganisation „Mission Freedom“ als Sekte bezeichnet. Die Pastorin und Vorsitzende des Vereins, Gaby Wentland, soll nächstes Jahr den „Bürgerpreis der Deutschen Zeitungen“ erhalten. Der Zeitungsverleger-Verband verteidigt seine Entscheidung.
Von PRO
Die Gründerin der Menschenrechtsorganisation "Mission Freedom", Gaby Wentland, wird in einem taz-Artikel kritisiert
Der taz-Artikel „Dubiose Hilfsorganisation: Vom Strich in die Christensekte“ kritisiert den Verein „Mission Freedom“ mit deutlichen Worten. Im Text wird Pastor Jörg Pegelow, Sektenexperte der Nordelbischen Kirche, zitiert: „Es scheint mir eine eher fundamentalistische Form christlichen Glaubens zu sein, die auch starkes missionarisches Interesse hat.“ Der Verein hätte zudem Opfer von Menschenhandel öffentlich geoutet, die Frauen dürften nur christliche Musik hören und bekämen ihr Handy abgenommen, heißt es weiter im Text. Die Autorin des Artikels, Hanna Klimpe, fragt: „Wie kann es sein, dass ein Verein wie ‚Mission Freedom‘ von einer Jury aus Chefredakteuren einen Preis für ‚herausragendes bürgerliches Engagement‘ verliehen bekommt?“ Die Hamburger Pastorin Gaby Wentland soll im kommenden Februar mit dem „Bürgerpreis der Deutschen Zeitungen“ geehrt werden. Sie bekomme die Auszeichnung für ihre Menschenrechtsorganisation „Mission Freedom“, deren Ziel es ist, Frauen aus Zwangsprostitution zu befreien.

Verleger-Verband: Sekten-Vorwürfe nicht haltbar

Anja Pasquay, Sprecherin des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger, der seit 2010 den „Bürgerpreis der Deutschen Zeitungen“ verleiht, erklärte: „Nach Rücksprache mit dem Hamburger Abendblatt, das ‚Mission Freedom‘ und Frau Wentland seinerzeit vorgeschlagen hatte, und Recherchen bei der Diakonie sind die erhobenen Vorwürfe der Missionstätigkeit durch eine religiöse Sekte nicht haltbar.“ Gegenüber pro sagte Pasquay: „Die Tatsache, dass der Verein seine Tätigkeit auf der Basis christlicher Überzeugungen ausübt, spielte für die Wahl keine Rolle.“ Gewürdigt werde laut Jurybegründung „das Engagement der Hamburgerin für zwangsprostituierte Mädchen und junge Frauen, die von Menschenhändlern vor allem aus Nigeria, Rumänien und Bulgarien nach Deutschland gelockt wurden“.

Wentland: Anschuldigungen stimmen nicht

Gaby Wentland bestritt die Kritik gegenüber pro. Im Artikel heißt es, örtliche Behörden würden nicht mit „Mission Freedom“ zusammenarbeiten. Wentland sagte: „Wir arbeiten mit allen Behörden zusammen. Wir sind bei den Ämtern, Ärzten und natürlich Anlaufstellen für Migrantinnen und auch beim LKA.“ Zudem seien keine Frauen öffentlich geoutet worden. Die Pastorin sagte, dass eine Frau nur intern vorgestellt wurde: „Die Morgenpost hat einfach ein Foto veröffentlicht, ohne uns zu fragen.“ Die aufgefangenen Frauen müssten nicht nur christliche Musik hören: „Es gibt bei uns alle Musikstile und alle Frauen dürfen hören, was sie möchten. Sie haben alle ein Handy und sie haben einen Schlüssel für die Türen, so dass sie jederzeit rausgehen können.“ Die Morgenpost (MoPo) dementierte gegenüber pro, dass sie das Foto einer Betroffenen ohne Erlaubnis verwendet hat. Die PR-Beraterin von „Mission Freedom“ sei, als die Bilder aufgenommen wurden, anwesend und mit der Verwendung der Fotos im Rahmen der Berichterstattung über die Organisation einverstanden gewesen. Zudem hätte laut MoPo-Dementi „die junge Frau auf den Fotos […] bestätigt, dass sie sich auf Wunsch von Frau Wentland als Aushängeschild, quasi als ‚Gesicht‘, für das Thema zur Verfügung gestellt hat.“ Der Verein „Mission Freedom“ ist seit 2011 Mitglied im Diakonischen Werk Hamburg. In einer Stellungnahme des Diakonischen Werkes Hamburg heißt es: „Uns sind zur Zeit keine Fakten bekannt, die es rechtfertigen würden Mission Freedom e. V. als Sekte zu bezeichnen.“ Weiter teilte das Werk mit: „Zu Beginn der Arbeit von Mission Freedom – wie häufig bei neugegründeten Trägern – einige konzeptionelle Schwachstellen. Der Verein hat uns zugesichert, dass diese Schwachstellen abgestellt wurden und konzeptionelle Änderungen wie zum Beispiel die Trennung von Streetworking und Schutzhaus umgesetzt werden.“. „Mission Freedom“ hätte laut Barsch zudem versichert, „die Autonomie der betreuten Klientinnen – auch in religiöser Hinsicht – zu respektieren und zu fördern.“ Das Diakonische Werk Hamburg arbeite „selbst auf der Grundlage des christlichen Glaubens. Die Arbeit der Diakonie darf aber nicht zur Abhängigkeit von Menschen von religiösen Programmen oder zur Abhängigkeit von Personen führen.“

Abendblatt: Verein nach bestem Wissen und Gewissen vorgeschlagen

Das Hamburger Abendblatt hatte vorgeschlagen, Gaby Wentland und „Mission Freedom“ auszuzeichnen. Die Zeitung teilte mit: „Das Hamburger Abendblatt hat nach bestem Wissen und Gewissen die ‚Mission Freedom‘ für den Bürgerpreis der deutschen Zeitungen vorgeschlagen. Die Diakonie, zu dem der Verein als Mitglied gehört, kann keine Anhaltspunkte dafür finden, dass der Verein in irgendeiner Form einer Sekte gleicht oder stark missioniert beziehungsweise Mädchen in Abhängigkeit bringt. Die Tatsache, dass die ‚Mission Freedom‘ seine Tätigkeit auf der Basis christlicher Überzeugungen ausübt, spielte keine Rolle im Zusammenhang mit dem Vorschlag für den Bürgerpreis.“ Vorschläge für den mit 20.000 Euro dotierten „Bürgerpreis der Deutschen Zeitungen“ können ausschließlich Zeitungen einreichen. Die Jury besteht aus den über 250 Chefredakteuren der BDZV-Mitgliedsverlage. Sie kürten beim Zeitungskongress 2013 Mitte September in Dresden Gaby Wnetland als Gewinnerin. Die Preisverleihung ist am 20. Februar 2014 in Berlin.
https://www.pro-medienmagazin.de/detailansicht-vorlage/aktuell/buergerpreis-der-deutschen-zeitungen-fuer-emgaby-wentlandem/
http://www.taz.de/Dubiose-Hilfsorganisation/!127363/
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