Zeitungskommentar: Glaube durch Missbrauch nicht erschüttert

Von der christlichen Lehre führt kein Weg zum Kindesmissbrauch. Das schreibt Malte Lehming, leitender Redakteur des Berliner "Tagesspiegel", in einem persönlichen Kommentar zu seinem Glauben in der aktuellen Online-Ausgabe der Zeitung.
Von PRO
Nach dem Bekanntwerden immer neuer Missbrauchsvorfälle in kirchlichen Einrichtungen in den letzten Wochen ist sich Lehming weiterhin seines unerschütterlichen Glaubens gewiss. Er erklärt sich dies anhand der Tatsache, dass sein Glaube für ihn ein Faktum darstellt, etwas was "einfach da" sei.

"Entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil ist der Christ ja nicht Christ, weil es ihm dadurch besser geht. Kirche ist kein geistig-geistlicher Wellnessclub". Wie jeder moralisch empfindende Mensch erfülle ihn bei dem Thema "eine Mischung aus Wut und Scham". "Von der christlichen Lehre als solcher führt kein einziger Weg zum Kindesmissbrauch. Das ist der entscheidende Punkt". Besonders störe ihn, dass ausgerechnet Mitglieder jener "Gemeinschaft der Heiligen", die sonntags auch von ihm im Glaubensbekenntnis angerufen wird, solche Verbrechen verüben.

Entgegen mancher Meinungen, die Kindesmissbrauch als weiteres Gräuel der katholischen Kirche in eine Reihe mit Hexenverbrennung und Kreuzzügen stellen, sagt Lehming, dass diese Taten "mit theologischen Argumenten unterfüttert wurden". Diesen Zusammenhang zwischen geistlicher Lehre und weltlicher Umsetzung sieht er heute noch in Islam und Judentum. "Einige islamische Geistliche rechtfertigen aus dem Islam heraus Selbstmordattentate. Einige jüdische Geistliche rechtfertigen aus dem Judentum heraus den Siedlungsbau in Eretz Israel". Niemand aber, so Lehming, würde heute Missbrauch an Kindern aus dem Christentum heraus begründen oder gar legitimieren. "Zwischen Brutalität und Verkündigung gibt es keinerlei Verbindung."

Lehming, der das Ressort "Meinung" beim "Tagesspiegel" leitet, sieht strukturelle und institutionelle Probleme innerhalb der Kirche als einen Grund für die Missbrauchsvorfälle. Diese lassen zwar an den Formen des praktizierten Christentums zweifeln, nicht jedoch am christlichen Glauben selbst. (pro)
http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/auf-den-punkt/Missbrauch-Kirche;art15890,3059501
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