Er ist Verleger und Chefredakteur in einer Person, besitzt fast nichts und bringt trotzdem unter Lebensgefahr die einzige unabhängige christliche Zeitung des Irak heraus. Ramsi Hormus Jakob ist 39 Jahre alt und Gründer der Zeitung „Ninavah Al Hurra“ („Freies Ninive“).
Seit dem 1. August 2003, als der Irak-Krieg fast sechs Monate währte, erscheint sein Blatt einmal im Monat. Einmal schrieb er darin, wie die Kurden bei der vorletzten Wahl die Urnen aus einem Ort verschwinden ließen und somit zehntausend Stimmen für die Christen verschwanden. Ramsi wurde verhaftet und verprügelt.
Doch ihm machte das wenig aus. Denn im Vergleich zu anderen kam er gut davon: „Ich werde nicht vergessen, wie kürzlich ein Journalist, der den kurdischen Präsidenten Basani kritisierte, zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt wurde“, erzählt Ramsi.
„Ich bin nicht mutig. Es gibt Tage, da habe ich furchtbare Angst.“
Er ist nicht verheiratet – die Zeitung geht vor. „Ich könnte mit meiner Arbeit keine Familie ernähren.“ Außerdem könnte er angesichts der Bedrohung nicht mit der Verantwortung leben. Sein Bild hängt als Steckbrief in den Moscheen, und sein Name steht auf Todeslisten der Islamisten. Denn er ist Journalist und Christ.
Wenn Ramsi zur Druckerei fährt, näht er sich die CD mit den Texten und Fotos für die nächste Ausgabe in sein Hemd. „Würde ihn ein Extremist erkennen, könnte das Ramsis Tod sein“, schreibt das „Handelsblatt“. Die fertig gedruckten Exemplare werden in Zigarettenkartons versteckt und per Taxi zu den Verteilstellen gebracht.
Zunächst war es allen Druckereien in Mossul zu gefährlich, Ramsis Blatt zu drucken. Dann fand er einen Drucker, der mit einer Christin verheiratet ist. Die überredete ihren Mann schließlich, und nun werden die 4.000 Exemplare der „Ninavah Al Hurra“ heimlich nachts gedruckt. Eine Zeitung kostet 15 Cent. Bei den Druckkosten in Höhe von 450 Dollar helfen ihm christliche Geschäftsleute. Anzeigen gibt es im Blatt keine.
„Der tägliche Kampf des Chefredakteurs zeigt, wie weit der Irak noch entfernt ist davon, eine freie, multi-ethnische Gesellschaft zu schaffen“, schreibt das „Handelsblatt“. „Wenn das erste Exemplar aus der Presse kommt, habe ich immer noch Herzklopfen“, sagt Ramsi. Denn jede einzelne Ausgabe bringt ihn in Gefahr.
Artikel schreiben bei Kerzenlicht
Ramsi besitzt kaum mehr als seine Kleider und lebt bei seinen Eltern. Nachts, wenn das Benzin des Stromgenerators ist, schreibt er im Kerzenlicht mit der Hand weiter. In der März-Ausgabe geht es in der zwölfseitigen Ausgabe um Bombenanschläge gegen die christliche Minderheit im Irak, über die Bildungschancen für Jugendliche und die Vogelgrippe. Auch zwei Seiten von Frauen für Frauen finden sich darin. Etwa 20 freie Mitarbeiter hat Ramsi – alle arbeiten ohne einen Lohn.
„Nirgendwo wird abfällig über Moslems geschrieben“, betont er. „Bis vor zwei Jahren haben wir friedlich mit ihnen zusammengelebt. Es ist für mich unverständlich, dass wir plötzlich als verhasste Ungläubige gelten und man nach unserem Leben trachtet und wir vertrieben werden. Wir wollen nicht mit gleicher Münze zurückzahlen, denn ich bin nach wie vor sicher, dass die meisten Moslems friedliche Menschen sind.“