Zeitung: Gauck provoziert EKD

Mit seinem Lob für die Bundeswehr hat Bundespräsident Joachim Gauck die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) provoziert. Diese Ansicht äußerte der Journalist Thomas Gutschker in einem Kommentar der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS).
Von PRO

"Gewalt, auch militärische Gewalt, wird immer auch ein Übel bleiben. Aber sie kann – solange wir in der Welt leben, in der wir leben – notwendig und sinnvoll sein, um ihrerseits Gewalt zu überwinden." Für diesen Satz erhielt Joachim Gauck bei seinem Besuch der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg am vergangenen Dienstag große Zustimmung. Weiter sagte er, dass die Bundeswehr eine Armee von "Mut-Bürgern in Uniform" sei, welche die Freiheit des Gemeinwesens beschütze und Ausdruck eines "Demokratiewunders" sei.

Mit diesen Aussagen, so schreibt der auf außen- und sicherheitspolitische Themen spezialisierte Journalist Thomas Gutschker in der FAS, habe Gauck die Evangelische Kirche in Deutschland provoziert. Die EKD habe mit dem Anspruch auf gesellschaftlichen Konsens eine Position entwickelt, nach der Gewalt nicht "auch ein Übel", sondern "immer ein Übel, eine Sünde" sei. Nach dieser Position könne Gewalt nicht sinnvoll sein, "sondern bestenfalls notwendig, um ein noch größeres Übel zu verhindern".

"Dass ein Krieg ‚gerecht‘ sei", so Gutschker, "dass es gute Gründe gebe, mit Gewalt zu drohen oder sie einzusetzen, dieser christliche Gedanke wird von der EKD eingemottet. Fortan sollen sich alle nach dem Leitbild des ‚gerechten Friedens‘ richten und an einer ‚verrechtlichten Welt‘ arbeiten, in der die Vereinten Nationen die oberste Autorität sind und niemand mehr Waffen braucht."

"Pazifismus keine Antwort auf Totalitarismus"

Die Kriterien der Kirche dafür, wann ein Militäreinsatz gerechtfertigt sei, seien so eng gefasst, "dass kaum ein Bundeswehreinsatz der vergangenen Jahre zu rechtfertigen wäre", kritisiert Gutschker. Es sei "pikant", wie sehr die EKD bei der Herleitung ihres Friedensdogmas die Kirchen der DDR für sich vereinnahme. Dort habe sich einst, so die EKD, die "friedensethische Urteilsbildung in der beherzten Absage an Geist, Logik und Praxis der Abschreckung" Ausdruck verschafft.

Bundespräsident Gauck hingegen wisse, so kommentiert Gutschker, dass es die Abschreckung gewesen war, die jahrzehntelang den Frieden gesichert habe. "Er sieht schärfer als andere, dass Pazifismus keine Antwort gewesen wäre auf Totalitarismus."

Gaucks Äußerungen zur Bundeswehr, schätzt Gutschker, kamen von Herzen. Erst vor dem Hintergrund des nach Bundeswehr-solidarischen Äußerungen in die Kritik geratenen und zurückgetretenen Bundespräsidenten Horst Köhler sei dieser Schritt richtig zu ermessen. Der neue Bundespräsident habe "ein Zeichen gesetzt". (pro)

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