ZDF-Film über Pfarrerin: Fünf Gründe, abzuschalten
Das ZDF zeigt am Sonntag die Schnulze „Hexensommer“ über eine Pfarrerin in den USA. Dem Film mangelt es beinahe an allem, was einen Fernsehabend erträglich macht. Eine Filmkritik von Moritz Breckner
Lars und Stan wollen im Gefängnis heiraten. Pfarrerin Gwen Reynolds ist gerne behilflich.
Wer sonntagabends das ZDF einschaltet, weiß in der Regel, was ihn erwartet: Seichte Geschichten in schöner Landschaft, aus den bewährten Federn von Rosamunde Pilcher, Inga Lindström oder Katie Fforde. Für die Literaturverfilmung „Hexensommer“ ist letztere verantwortlich, und so darf der Zuschauer die leuchtende Pracht der amerikanischen Ostküste im goldenen Oktober genießen. Eigentlich eine gute Voraussetzung, doch damit ist der Spaß selbst für den wohlmeinendsten Zuschauer vorbei. Fünf Gründe, warum es sich nicht lohnt, den Film anzuschauen.
1. Die Handlung
„Hexensommer“ erzählt die Geschichte der liberalen New Yorker Gefängnispfarrerin Gwen Reynolds, die in die Kleinstadt Ipswich versetzt wird, wo sie dem chronisch mies gelaunten Pfarrer Finlay unter die Arme greifen soll. Wenig originelle Entwicklung: Sie etabliert skandalös moderne Kirchenlieder („Oh Happy Day“), was dem konservativen Pfarrer nicht gefällt. Da Ipswich die Heimat ihrer verstorbenen Mutter war, wird Reynolds auch noch mit ihrer Familiengeschichte konfrontiert. Gelinde gesagt: sehr seicht.
2. Die Darsteller
Reynolds wird von Dennenesch Zoudé verkörpert, Pfarrer Finlay von Dietrich Mattausch. Zoudé ist bekannt aus Fernsehproduktionen wie „Polizeiruf 110“, „Hinter Gittern“ oder „Klinik unter Palmen“, Mattausch hat das Publikum noch als Hauptdarsteller der ARD-Serie „Der Fahnder“ vor Augen. Unter dem Konzept, bekannte deutsche Darsteller an ausländische Schauplätze zu fliegen, wo sie Einheimische mimen sollen, leidet die Authentizität der Figuren erheblich. Hier spielt auch Punkt drei eine Rolle:
3. Die Synchronisation
Die deutschen Hauptdarsteller sprechen Deutsch miteinander, die amerikanischen Nebendarsteller werden synchronisiert. Man muss nicht besonders aufmerksam sein, um das zu bemerken und davon irritiert zu werden. Manche Szene wirkt so noch liebloser zusammengeschustert.
4. Wenig christliches Zeugnis
„Wenn ich einen Tipp brauche, lese ich in der Bibel.“ Mit diesen Worten wehrt Pfarrerin Reynolds das Angebot einer Kartenlegerin, ihr Ratschläge zu erteilen, ab. Gut so. Ansonsten blickt die Pfarrerin ab und zu seufzend gen Himmel oder erinnert ihren Kollegen an die Bibelstelle „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Darüber hinaus scheint Reynolds die Kirche als modernen Dienstleister zu verstehen, der die Menschen freundlich bestätigen soll, statt zur Buße aufzurufen. Dafür ist ja auch der alte Finlay da, eine Karikatur des Ewig-Gestrigen, der vormacht, wie Kirche aus sicht des Drehbuchs eben nicht sein darf.
5. Alberne Effekthascherei
In der Eröffnungsszene führt Reynolds die Hochzeit eines schwulen Paares im Gefängnis durch. „Ich erkläre euch zu Mann und … ach, ihr seid verheiratet“, jauchzt sie; der Knast-Chor stimmt ein fröhliches Lied an. Solch alberne Effekthascherei will vielleicht provozieren, wirkt aber inzwischen wie der abgedroschene Versuch, sich pädagogisch am Publikum auszutoben. Es folgt ein Dialog mit Reynolds Vorgesetztem, der die Trauung natürlich richtig fand, sich aber vor konservativen Gemeindegliedern ängstigt. „Die müssen wir überzeugen“, sind sich beide einig, während sie durch die Innenstadt von Boston laufen – erstaunlich, soll Reynolds Gefängnis doch im vier Autostunden entfernten New York City liegen.
Mit schönen Bildern gefilmte Schnulzen zum Ausklang des Wochenendes sind an sich keine falsche Idee, die das ZDF an den Mann – und vor allem die Frau – bringen will. Leider sind sie oft einfach zu schlecht gemacht. (pro)
Katie Fforde: „Hexensommer“, Sonntag, 1. Mai, 20.15 Uhr, ZDF
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