Zauberlehrling im Kino: Christen und Harry Potter

L o n d o n (PRO) - Ein neuer Harry-Potter-Film ist am Donnerstag in den Kinos angelaufen, die zahllosen Fans erwarten mit Spannung den letzten Band, der nächste Woche erscheint - aber auch Kritik an dem britischen "Zauberlehrling" wird wieder laut. Sie komme vor allem aus "christlich-fundamentalistischen Kreisen", schreibt die Nachrichtenagentur AP. Verführung zum Satanismus, Verhöhnung des Christentums, Verharmlosung von Okkultismus und Geisterglaube lauteten die Vorwürfe.
Von PRO

Unter der Überschrift „Das Kreuz mit der Religion“ nennt AP-Autorin Daniela Pegna als Beispiel für die Kritik die katholische Soziologin und Buchautorin Gabriele Kuby. Diese hatte bereits vor vier Jahren in ihrem Buch „Harry Potter – gut oder böse?“ Kritik an der Buchserie geäußert: „Harry Potter ist ein globales Langzeitprojekt zur Veränderung der Kultur. Mit der Verharmlosung von Magie dringen die Kräfte in die Gesellschaft ein, die das Christentum einst überwunden hat“, so die Schriftstellerin. In den Romanen gebe es niemanden, der das Gute wolle, Harrys Kampf gegen das Böse sei durch seine Verwandtschaft mit dem bösen Magier Voldemort im Grunde nur ein Scheinkampf.

Laut Pegna hat sich diese Auffassung seither verstärkt. „Ich habe viel Post von Eltern bekommen, die mich in meiner Kritik bestärkt haben und froh waren, dass wenigstens einer mal öffentlich gegen diesen Hype vorgeht“, zitiert sie Kuby. Unterstützung erhielt sie nach der Veröffentlichung vom damaligen Kardinal Josef Ratzinger, der heute Papst ist: „Es ist gut, dass Sie die Menschen in Sachen Harry Potter aufklären, denn dies sind subtile Verführungen, die unmerklich und gerade dadurch tief wirken, und das Christentum in der Seele zersetzen, ehe es überhaupt recht wachsen konnte“.

Kuby rät Verantwortlichen, Kinder so lange wie möglich von Harry Potter fern zu halten. Chemnitzer Eltern, die im März dagegen protestierten, dass die Bücher bereits im fünften Schuljahr gelesen werden sollten, stoßen bei der Katholikin auf Verständnis.

Die evangelische Professorin für praktische Theologie in Jena, Corinna Dahlgrün, kritisiert, dass es bei Harry Potter keine Möglichkeit der Erlösung gebe, keine göttliche Instanz über den Menschen, die die Toten und Opfer wieder ins rechte Bild setze. Deshalb sollten intensive Gespräche die Lektüre der Kinder begleiten. „Denn man muss aufpassen, welches Welt- und Gottesbild hier vermittelt wird.“ Grundsätzliche Einwände gegen die Verwendung der Potter-Bücher in Gemeindearbeit oder Schule hat die Protestantin hingegen nicht.

Kirchenvertreter: wohlwollende Haltung

Pegna geht auch auf Vertreter der beiden großen Kirchen ein, die keine Probleme mit der Buchserie haben. „Natürlich müssen wir noch Band sieben abwarten, aber bislang hat die katholische Kirche eine durchaus wohlwollende Haltung zu Harry Potter“, sagt Rolf Pitsch vom katholischen Borromäusverein. Er hat die Potter-Reihe im Auftrag der Büchereien zahlreicher Erzbistümer qualitativ begleitet und rezensiert. „Bei Harry Potter handelt es sich nicht um theologische, sondern um fiktionale Literatur, man sollte den Text daher auch nicht als zweite Bibel lesen.“

Zudem lässt die AP-Journalistin Matthias Pöhlmann von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin zu Wort kommen: „Da gibt es nichts Okkultes hineinzugeheimnissen, Harry Potter ist eine Geschichte über Freundschaft und die Auseinandersetzung von Gut und Böse.“ Die „Würzung“ mit Zauberei habe für Kinder einen besonderen Charme. Der evangelische Religionspädagoge Matthias Frohmann hält die Bücher für „harmlose Traumliteratur“. Kinder könnten durchaus unterscheiden – „sowohl zwischen Recht und Unrecht als auch zwischen Realität und Illusion“.

Selbstkontrolle: „Kinder können damit umgehen“

Auch die „Bild“-Zeitung widmet sich am heutigen Freitag der Frage, ob Harry Potter für Kinder geeignet ist. Dabei geht es konkret um den neuen Film „Harry Potter und der Orden des Phönix“, in dem die Handlung des fünften Bandes dargestellt wird. Er ist ab 12 freigegeben, Kinder ab 6 Jahren dürfen in Begleitung ihrer Eltern ins Kino. Die Autorin der Potter-Reihe, Joanne K. Rowling, hat die Ansicht vertreten: Kinder, die sich Harry angucken, sollten so alt sein wie er. In diesem Film ist der Zauberschüler 15.

„Bild“-Filmkritiker „Blieswood“ spricht vom bisher „düstersten, zwiespältigsten und verstörendsten“ Film. Das Blatt zitiert Birgit Goehlnich von der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK), die sich durch diese Einschätzung nicht von der Altersbeschränkung abbringen lässt: „Der Plot ist sehr solide aufgemacht. 12-Jährige wissen sehr schnell, dass das Gute gegen das Böse siegen wird. Bedrohliche, spannende Effekte werden abgelöst von entspannenden Szenen.“ Zu den jüngeren Jungen und Mädchen, die mit ihren Eltern den Film sehen werden, meint sie: „Selbst diese Altersgruppe hat einen Erkenntnisgewinn. Harry ist ein schwächlicher Junge, der zum Helden wird. Und mit Hermine haben wir auch ein starkes Mädchen – beide sind starke Vorbilder. Nur die Effekte können jüngere Kinder ängstigen – deshalb müssen Eltern dabei sein.“ Potter sei eine Bereicherung für die kindliche Phantasie.

Der siebente und letzte Band der Buchreihe erscheint am 21. Juli in englischer Sprache. Tausende Potter-Fans aus verschiedenen Altersgruppen haben das Buch „Harry Potter and the Deathly Hallows“ (etwa: „Harry Potter und die tödlichen Heiligen“) vorbestellt, auch in Deutschland. Ab dem 27. Oktober gibt es dann die deutsche Übersetzung zu kaufen, deren genauer Titel noch nicht bekannt ist.

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