Wolfgang Huber: Scharfe Kritik am Familienpapier

Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat die kontroverse „Orientierungshilfe“ zu Ehe und Familie deutlich kritisiert. Beim Thema Homosexualität widersprach er der Bibelauslegung seines Nachfolgers Nikolaus Schneider.
Von PRO

Zu der im Familienpapier enthaltenen Aussage, dass die Ehe „nicht als einzige Lebensform gelten kann“, sagte Huber im Interview mit dem RBB Inforadio: „Diese Position hat keinen Anspruch darauf, einen Alleinvertretungsanspruch innerhalb des evangelischen Verständnisses für sich geltend zu machen.“

In dem vielfach kritisierten Familienpapier ist auch die Rede von „biblischen Texten“, die von „zärtlichen Begegnungen zwischen Männern sprechen“, ohne jedoch konkrete Stellen zu benennen. Der amtierende Ratsvorsitzende der EKD, Nikolaus Schneider, nannte als Beispiel dafür im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 2. Samuel 1,26, wo David zu Jonathan sagt: „Deine Liebe war mir köstlicher als Frauenliebe“. Die Frage des Moderators, ob diese Stelle tatsächlich als Beleg für „zärtliche Begegnungen zwischen Männern“ im Sinne der Orientierungshilfe gewertet werden könne, verneinte Huber und widersprach damit der Interpretation seines Nachfolgers Schneider.

Huber verwies außerdem darauf, dass König David Frauen liebte und es Stellen in der Bibel gebe, an denen die Homosexualität von Männern verurteilt werde. Während Huber in seinem Buch „Ethik“ die so genannte Sukzessivadoption des leiblichen Kindes einer Person durch den gleichgeschlechtlichen Lebenspartner befürwortet, sagte er zu einem generellen Adoptionsrecht für homosexuelle Paare wörtlich: „Ich bin dafür, die Adoption von Paaren, die in einer Lebensform sind, in der sie gar nicht Kinder haben könnten, diese Adoption jetzt nicht zum Thema zu machen und nicht zu forcieren. Ich halte das gegenwärtig nicht für vordringlich.“

Brisant an Hubers Kritik ist, dass er selbst es war, der in seiner Amtszeit als Ratsvorsitzender die Kommission zur Orientierungshilfe ins Leben gerufen hatte. Mit deren Arbeit ist er unzufrieden: „Es wäre besser gewesen, wenn die Kommission sich auf ihren ursprünglichen Auftrag beschränkt hätte; nämlich praktische Initiativen zu beschreiben und zu unterstützen, die – wie es damals hieß – das Ziel haben, Ehe und Familie sozial und kulturell zu stärken.“

Das vollständige Gespräch mit Wolfgang Huber gibt es hier zum anhören. (pro)

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