Wolfgang Huber – Gesicht seiner Kirche

Wolfgang Huber gehört zu den bekanntesten und meistgeschätzten Theologen in den Reihen der Evangelischen Kirche in Deutschland. Nun hat ihn der Kirchenredakteur der "Tageszeitung" (taz), Philipp Gessler, in einem Buch porträtiert. Zur Vorstellung der Biografie am Donnerstag in Berlin kam auch der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel.

Von PRO

Für Gabriel ist Wolfgang Huber die "Personifizierung der Kraft, die aus geistiger Arbeit entstehen kann". Beeindruckt sei er von der Klarheit und dem Denken Hubers – und das, obwohl seine Partei ein durchaus "wechselvolles" Verhältnis zu den Kirchen habe. Huber habe seiner Kirche in schwierigen Zeiten ein Gesicht gegeben und sogar in der Politik zum Nachdenken angeregt: "Vielleicht werden wir jetzt noch ein Quartett bei der Kanzlerkandidatur", fügte er mit einem Augenzwinkern und dem Verweis auf die so genannte SPD-Troika, bestehend aus ihm selbst, Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier, hinzu.

Solch unverhohlen lobende Worte über politisch relevante Persönlichkeiten hört man in Berlin eigentlich nur zu zwei Anlässen: In Nachrufen und bei Biografie-Veröffentlichungen. Bei Wolfgang Huber trifft glücklicherweise das zweite zu. Gerade ist das nach ihm benannte Buch mit dem Untertitel "Ein Leben für Protestantismus und Politik" im "Kreuz Verlag" erschienen. Autor Gessler hat sich für die Arbeit über Monate von seiner Redaktion beurlauben lassen. Herausgekommen ist eine detaillierte Darstellung des Schaffens Hubers, die durchaus auch kritisch sein will, wie der Katholik Gessler betont.

Kirche und Staat – keine getrennten Sphären

Huber zählt auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2009 zu den bekanntesten Protestanten Deutschlands. Bis November 2009 war er Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Von 2003 bis 2009 bekleidete er das Amt des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Huber gilt bis heute als Experte für ethische Fragestellungen und sitzt unter anderem im Deutschen Ethikrat. So setzte er sich im vergangenen Jahr etwa vehement für ein Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID) ein.

In Berlin stellte er am Donnerstag klar, dass er Kirche und Staat nie als getrennte Sphären habe betrachten können. Zum eine gebe es erhebliche personelle Überschneidungen, zum anderen hätten ihm Ereignisse wie die Anschläge des 11. September 2001 klar gemacht, dass auch die Politik einen "Ort des Gebetes" benötige. Was die Kirche aber von der Politik unterscheide, sei die Tatsache, dass dort grundlegende Überzeugungen gelebt, gefeiert und vor Gott und die Menschen gebracht würden. Er habe sich trotz seiner langjährigen Mitgliedschaft in der SPD immer als Kirchenmann gesehen, weil er seine Grundüberzeugungen mit voller Kraft habe einbringen wollen. Huber hatte sich 1993 gegen ein Bundestagsmandat für die SPD entschieden und folgte stattdessen der Berufung zum Bischof. Seine SPD-Mitgliedschaft hat er wegen des Kirchenamtes aufgegeben. Zeit seines Amtes habe er sich dann auch in "erhebliche Konflikte" mit der einst eigenen Partei begeben. Kirchliche Leitungsämter, da ist er sich sicher, sind mit politischen Parteizugehörigkeiten unvereinbar.

Gabriel ließ im Rahmen der Buchvorstellung auch ein wenig auf seine eigenen Glaubensüberzeugungen blicken. So erklärte er, die Kirche müsse, ganz nach Vorbild Hubers, mit klaren Worten Stellung beziehen, wenn notwendig auch gegen den Staat. Auf die Frage aus dem Publikum, warum die Politik sich so selten auf biblische Grundlagen berufe, antwortet er: "Klar bewegen wir uns in dem, was wir tun, auch in dem, was die Zehn Gebote uns mitteilen." Schließlich schlügen sich diese biblischen Werte im Grundgesetz nieder. Er selbst bete eher in privaten Krisen als in politischen, gab er zu. An eine Ausnahme konnte er sich dennoch erinnern: Den Besuch einer Trauerfeier für im Einsatz getötete Bundeswehrsoldaten. "Da fühlen Sie Ihre eigene Mitverantwortung", sagte er. (pro)

Philipp Gessler: Wolfgang Huber – ein Leben für Protestantismus und Politik, Kreuz Verlag, 19,99 Euro, ISBN 978-3-451-61110-0

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