Wolfgang Huber: 75 und kein bisschen leise

Am 12. August feiert der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, seinen 75. Geburtstag. In einem Zeit-Interview übt er Kritik an der Kirche.
Von Norbert Schäfer
Der Theologe Wolfgang Huber zählt zu den bekanntesten Intellektuellen Deutschlands

Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, feiert in dieser Woche seinen 75. Geburtstag. In einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit hat Huber am Donnerstag Kritik an der Kirche geäußert und davor gewarnt, Deutschland mit der Flüchtlingsfrage zu überfordern. Huber sprach sich gegen Obergrenzen für Flüchtlinge aus, aber auch gegen eine „Garantie für Flüchtlinge von überallher, in Deutschland politisches Asyl zu beantragen und daraufhin ein garantiertes Bleiberecht für das ganze Verfahren zu bekommen“. Huber sprach sich für ein Einwanderungsgesetz für Wirtschaftsmigranten aus. Nach Auffassung des ehemaligen Ratsvorsitzenden sollten die Gründe für die Flucht unterschieden werden. Im EKD-Papier über die Flüchtlinge vermisst der Bischof die Streitkultur, stattdessen würden „zehn Überzeugungen“ präsentiert, über die keine Debatte stattgefunden habe.

„Christen im Nahen Osten helfen“

Huber stimmt in dem Interview mit dem Vorsitzenden der CDU/CSU Bundestagsfraktion, Volker Kauder, überein, dass „Religionsfreiheit eine Priorität in unserer Menschenrechtspolitik haben soll“. Huber übte in dem Zusammenhang auch Kritik an der eigenen Kirche. „Es ist ehrenwert, die Menschenrechte alle Menschen gleich zu achten. Aber dass wir untätig zusehen, wie das Christentum im Nahen Osten verschwindet, ist ein Skandal“, sagte er in dem Gespräch mit Evelyn Finger. Menschenfeindlichen Äußerungen erteilte Huber eine klare Absage. Bei Debatten mit politischen Gegnern gelte, der Person Respekt zu erweisen. „Die kritische Selbstüberprüfung schließt ein, dass man eine Gegenposition zur eigenen Überzeugung in ihren Stärken beschreiben kann“, sagte er. Der Theologe bemängelte, dass aus Furcht vor islamfeindlicher Stimmung der religiöse Hintergrund von Terroranschlägen von vielen verharmlost werde, auch von den christlichen Kirchen.

Bedford-Strohm: „Wacher Zeitgenosse“

Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, hat seinem Amtsvorgänger gratuliert und ihn „als herausragenden Theologen und wichtigen Wegbegleiter“ gewürdigt. Huber sei nicht nur wegen seines langjährigen Wirkens als Bischof und Ratsvorsitzender ein Segen für die Kirche, sondern auch wegen seiner vielen treffenden Beiträge zu den großen Fragen der Zeit. In einzigartiger Weise verbinde Huber wache Zeitgenossenschaft und gründlich reflektierte Perspektiven ethischer Orientierung.

Dröge: „Scharfer Denker“

In einem Gratulationsschreiben zum 75. Geburtstag würdigte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), Markus Dröge, Wolfgang Huber als scharfen Denker und als „Christenmensch, der die Freiheit aus dem Glauben immer als Auftrag zum Diskurs und zur aktiven Wahrnehmung der Verantwortung für das Gemeinwohl versteht“. Er verfolge und reflektiere die gesellschaftlichen Veränderungsprozesse, beziehe Stellung und gebe seine Erfahrungen, Einsichten und Ideen als Lehrender in Wort und Schrift weiter, teilte Dröge am Donnerstag in einer Pressemeldung mit.

Wolfgang Huber war von 1994 bis 2004 Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, ab 2004 bis 2009 Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und von 2003 bis 2009 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. Von 2010 bis 2014 war der Professor für Systematische Theologie Mitglied des Deutschen Ethikrats. Er wurde am 12. August 1942 in Straßburg geboren. (pro)

Von: nob

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