Wo sich Landeskirche und Evangelikale treffen

Als "Sympathisant der evangelikalen Bewegung" bezeichnet sich Stefan Claaß , Pfarrer in der Auferstehungsgemeinde in Mainz. Am kommenden Wochenende hält er in der ARD das "Wort zum Sonntag". Wo Landeskirche und evangelikale Bewegung sich treffen können, hat er dem Christlichen Medienmagazin pro in einem Interview verraten.
Von PRO

pro: Herr Claaß, wie laufen die Vorbereitungen zu Ihrem „Wort zum Sonntag“ am 13. Dezember?

Stefan Claaß: Gut, wir hatten gerade eine Telefonkonferenz, in der wir das Thema besprochen haben. Es wird natürlich um den Advent gehen. Ich werde die Krankengeschichte einer Familie erzählen. Im Buch Jesaja sagt Gott, dass er als tröstliches Licht gegen alle Angst leuchtet. So kann man auch das eigene Leben in einem anderen Licht sehen.

pro: Was glauben Sie mit dem „Wort zum Sonntag“ erreichen zu können?

Stefan Claaß: Das „Wort zum Sonntag“ ist ein Querschläger. Es segelt zwischen den Nachrichten und dem Krimi als Zwischensendung in die Wohnzimmer. So haben wir die Chance, Menschen in allen möglichen Lebenssituationen anzusprechen. Niemand schaltet extra ein, um uns zu sehen. Aber auf die Weise erreichen wir auch Menschen, die eigentlich nichts mit Glaube zu tun haben. Das merke ich etwa an den vielen E-Mails, die ich nach den Sendungen bekomme. Ich bemühe mich im „Wort zum Sonntag“, Themen aufzugreifen, die den Menschen auch im Alltag begegnen. Die können auch mal heikel sein. Vor einiger Zeit habe ich das Thema „Missbrauch“ behandelt. Viele Betroffene haben sich gemeldet. Auf diese Weise kann man das Schweigen über solche Themen brechen.

pro: Das „Wort zum Sonntag“ gibt es seit 1954. Müsste die Sendung moderner werden?

Stefan Claaß: Das „Wort zum Sonntag“ ist die zweitälteste deutsche Sendung nach der Tagesschau. Wir haben nur wenig Zeit, um die Menschen zu erreichen, 3 ½ Minuten, und arbeiten ohne aufwändige Effekte. Ich finde das richtig. Es sollte nicht die Unterhaltsamkeit der Sendung im Vordergrund stehen, sondern das Wesentliche, das Wort.

pro: Teile der evangelikalen Bewegung in den USA setzen auf genau diesen Unterhaltungswert, gestalten etwa Fernsehsendungen möglichst pompös. Ist das in Ihren Augen falsch?

Stefan Claaß: Es ist eine andere Art. Was wir da sehen, sind Inszenierungen, das verlangt die moderne Welt auch ein Stück weit. Der Zuschauer will Reize bekommen und diese verarbeiten. Das ist nicht verkehrt, wenn man es schafft, die Aufmerksamkeit auf die Mitte zu lenken. Ob aufwändig oder schlicht: Wir wollen die Menschen bewegen und erreichen.

pro: Verbindet sie etwas mit der evangelikalen Bewegung?

Stefan Claaß: Ich glaube, die Frontstellung zwischen Landeskirche und Evangelikalen löst sich langsam auf. Ich finde es wichtig, dass wir uns mit gegenseitigem Respekt begegnen. Bei uns in Mainz funktioniert das sehr gut. Mit der evangelischen Allianz feiern wir gemeinsame Gottesdienste, jeder bringt sich ein. Das Engagement der Evangelikalen tut der Landeskirche gut. Letztendlich ist es aber der Glaube, der lebendig sein muss, und nicht eine bestimmte Bewegung.

pro: Was können Evangelikale und Landeskirche voneinander lernen?

Stefan Claaß: Wir brauchen die Impulse der evangelikalen Bewegung, zum Beispiel, wenn wir junge Menschen vom Glauben begeistern wollen. Hauskreise etwa können sehr wichtig für das Glaubensleben sein. In der evangelikalen Bewegung steht die persönliche Beziehung zu Gott im Mittelpunkt, das finde ich sehr wichtig. Auch die Liebe zur Mission finde ich toll. Andererseits bin ich kritisch, was das wörtliche Verständnis der Bibel angeht. Letztendlich würde ich mich als einen Sympathisanten der evangelikalen Bewegung bezeichnen. Aber auch wir können den Evangelikalen etwas geben. Immer mehr Menschen legen Wert auf die liturgischen Elemente der Kirche oder entdecken, dass unser Glaube sich auch in der Gesellschaft zu Wort melden muss.

pro: Merkt man Ihrem „Wort zum Sonntag“ die Sympathie für die evangelikale Bewegung an?

Stefan Claaß: Nunja, es wird um eine Familie gehen, in der ein Mitglied an Demenz erkrankt. Die Person hat Angst von ihrer Krankheit zu erzählen. Die Frage, die ich stelle, ist: Wo kann ich meine Hoffnung hernehmen? Die Person erkennt letztendlich, dass ihre Angst an macht verliert, weil es nicht das Wichtigste ist, dass Menschen Verständnis aufbringen, sondern dass es eine Beziehung gibt, die über allem steht. Ich versuche im „Wort zum Sonntag“ immer, einen Weg zu finden, um die Liebe Gottes im Leben jedes Menschen sichtbar zu machen.

Stefan Claaß spricht das Wort zum Sonntag am 13. Dezember, 22.05, in der ARD.

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