Wo fängt dein Himmel an – und wo hört er auf?

Der Himmel ist kein galaktisches Wolkenkuckucksheim und keine ewige Lobpreisparty im Jenseits. Der Himmel kann schon hier beginnen, die Hölle aber auch, findet pro-Kolumnist Jürgen Mette.
Von Jürgen Mette
Der Theologe Jürgen Mette leitete viele Jahre die Stiftung Marburger Medien. 2013 veröffentlichte er das Buch „Alles außer Mikado – Leben trotz Parkinson“, das es auf die Spiegel-Bestsellerliste schaffte. Für pro schreibt er eine regelmäßige Kolumne.

Seit dem 4. Jahrhundert ist Christi Himmelfahrt ein eigenständiger, christlicher Feiertag. Jedes Jahr an Himmelfahrt diskutiere ich mit meiner Frau über die Frage, wo und wie der Himmel ist. Sie besteht darauf, dass der Himmel eine riesige Versammlung ist, irgendwo über uns. Und ganz wichtig ist die Feststellung, dass sie mich und ihre Verwandten dort wiedersehen wird. Dann ich als der notorische Schulmeister: „Nach deinem Tod lebst du nicht mehr in Raum und Zeit! Vergiss die goldenen Gassen und Perlentore. Das waren Bilder der Superlative der damaligen Zeit.“ Ist der Gott meines Vertrauens ein König, der seine Macht mit goldenem Geschmeide und allerlei glitzerndem Zierrat demonstriert? Bei König stehen mir Juan Carlos von Spanien vor Augen oder Carl Gustav von Schweden, oder am Ende noch Prinz Charles. Nein, Gott ist sicher kein König. Aber was wäre unsere Lobpreiskultur ohne König? Meine Frau und ich kommen einfach auf keinen gemeinsamen Nenner, aber wir lieben uns trotzdem. Und das seit fast 40 Jahren. Streit über den Himmel? Niemals.

Ist der Himmel nun eine Location oder eine Qualität, ein Hausstand oder ein Zustand? Ich vermute letzteres. Wenn der Himmel ein Ort ist, dann müssen wir uns der „Gott kann alles“-Interpretation anschließen, in der es keinen intellektuellen Konflikt zwischen aufgeklärter Wissenschaft und der wortwörtlichen Interpretation der Bibel gibt. Gott hat nicht nur diesen Planeten Erde geschaffen, auf dem wir Erdwesen unser Leben gestalten können, sondern er hat auch zwei weitere Orte geschaffen, zwei uns noch unbekannte Planeten: Himmel und Hölle. Den Himmel als ewigen Lebensraum für Generationen von Christen, die Residenz Gottes, eine Wohnung, die Jesus uns selbst vorbereitet hat, ein Ort ohne Limit, ein Ort ungetrübter ewiger Gemeinschaft mit Gott, dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Vater unseres Herrn Jesus Christus.

Und die Hölle als Ort ewiger Distanz von Gott. Die Autoren der Bibel haben allesamt ein Temperarturempfinden für die jenseitige Welt. Der eine Planet ist gut temperiert, so angenehm wie Galiläa im Februar. Der andere Planet ist heiß. Hölle als überdimensionaler Grill oder als überhitzte Sauna, die Platz für Milliarden von Gottesleugner, Atheisten, Humanisten, Milliarden Menschen bietet, die in anderen Göttern ihr Heil gesucht haben. Hölle als Ort der Strafe, als Tatort eines zornigen Gottes, der irgendwann die Zeit seiner Gnade beendet und seine Menschheit richtet. Für immer und ewig die Suppe auslöffeln, die wir uns selbst eingebrockt haben. So muss die Hölle sein. Ein riesiger Club, in dem es keine Exit-Schilder gibt, keine Notausgänge. Und irgendwann versinkt der ganze Laden in einem Feuersee.

Der Himmel unter uns

Der Himmel ist einfach nicht denkbar. Ich weiß es nicht, ob der Himmel nur ein Bild oder eine reale Größe ist. Die Autoren der Bibel haben ihn mit Bildern und Metaphern ihrer Zeit beschrieben.

Wenn wir gewarnt werden, uns ein Bild von Gott zu machen, dann bekommen wir auch keinen Zugang zu seiner Residenz. Er verbirgt uns seine Burg. Er lebt nicht in einem Schloss. Er lebt unter uns. In den Favelas Brasiliens und in den bürgerlichen Villen, unter Brücken und in Hochhausappartements. Er ist da, wo Menschen eins werden im Gebet. Ewigkeit ist entweder ungetrübte Gemeinschaft mit Gott oder ein ewiges Existieren fern von Gott. Mehr müssen wir nicht wissen. Oder?

Der Himmel ist kein galaktisches Wolkenkuckucksheim und keine ewige Lobpreisparty im Jenseits. Der Himmel kann schon hier beginnen, die Hölle aber auch.

Von: Jürgen Mette

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