Wissenschaftler fordert „Verheutigung“ des Islam

Der Islamkundler Lutz Richter-Bernburg fordert die Auseinandersetzung des Islam mit der Moderne. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart der eigenen Religion.
Von PRO
Ein zeitgemäßer Islam könnte Fragen nach dem Rollenbild von Mann und Frau klären
Der Islamwissenschaftler Lutz Richter-Bernburg hält es für notwendig, dass sich der Islam mit der Moderne auseinandersetzt. Zur „Verheutigung“ der Religion gehöre „vor allem die Bereitschaft, sich mit Geschichte und Gegenwart der eigenen Religionsgemeinschaft auseinanderzusetzen“, schreibt Richter-Bernburg in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung vom Montag. Der Islamwissenschaftler verweist in dem Artikel auf die Ursprünge der Religion und des Milieus im arabischen Raum im 7. Jahrhundert, die seiner Meinung nach „wenig gewaltfrei“ gewesen sind. Gefährlich werde es in der Gegenwart, „wenn aus dem Koran und Mohammeds vorgeblicher Praxis abgeleitete Normen heute mit staatlicher oder nichtstaatlicher Gewalt als unmittelbar gültige Gesetze durchgesetzt werden sollen“, schreibt Richter-Bernburg. Die wichtigste Funktion von Religion sei, Sinn und Trost zu geben. Den Richtlinien des Koran misst der Islamwissenschaftler dabei unterstützende Funktion bei. Der Koran, wie auch heilige Schriften anderer Religionen, beinhalte Widersprüche, die sich nicht auflösen ließen. In dem Bestreben, „Terroristen des IS und anderen muslimischen Gewalttätern einfach das Muslimsein abzusprechen“, sieht der Islamkundler einen Verdrängungsreflex der „verunsicherten Mehrheitsorthodoxie“. In dem Artikel thematisiert Richter-Bernburg unter anderem die widersprüchlichen Geschlechterrollen und fordert eine Revision „zeitgebundener Sexualnormen“ im Islam. Die „Verheutigung“ (nach einer Bezeichnung von Papst Johannes XXIII. „Aggiornamento“ genannt) des Islam verlange auch eine Debatte über „Einhegung und Minimierung von Gewalt“, da der Koran dazu widersprüchliche Aussagen mache. Laut Richter-Bernburg habe die historische Größe islamischer Kulturen immer auf der „spannungsreichen Koexistenz widersprüchlicher, konkurrierender Wertesysteme“ beruht. Seiner Auffassung nach könne die Kreativität, „wie sie islamische Gesellschaften in der Vergangenheit gezeigt haben“, nur in freiheitlich säkularen Systemen gedeihen. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/wie-viel-reform-braucht-der-islam-94926/
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