„Christliche Literatur ist kein Wachstumsmarkt“

Stefan Wiesner leitet seit Oktober den neuen Verlag bene! innerhalb der Verlagsgruppe Droemer Knaur. Schwerpunkt soll christliche Spiritualität sein. pro hat nachgefragt, was damit gemeint ist und wie das Verhältnis zu anderen christlichen Verlagen aussieht.
Von PRO
Bevor Stefan Wiesner zu Droemer Knaur wechselte, leitete er Gerth Medien und adeo innerhalb der SCM Verlagsgruppe

pro: Ihr Verlag bene! soll in der Verlagsgruppe Droemer Knaur den Bereich Christliche Spiritualität abdecken. Was ist darunter zu verstehen?

Stefan Wiesner: Wir wollen die Schätze des christlichen Glaubens heben und sie so aufbereiten, dass sie Menschen erreichen – auch diejenigen, die nicht schon seit drei Generationen in der Kirche sind, sondern die dazu eine Distanz haben. Das Programm soll Biografien, Sachbücher, Ratgeber und auf Sicht noch einiges mehr enthalten. Alles, was dazu hilft, dass Menschen von heute mit dem christlichen Glauben in Kontakt kommen, in einer Form, die ihnen entspricht.

Was bedeutet der Name Ihres Verlags?

„Bene“ ist Lateinisch und heißt „gut“. Es kommt aber auch von „benedicere“ – segnen, wörtlich „Gutes reden“. Uns geht es genau um diese Kombination: sinnstiftende Botschaften und gutes Leben im wahrsten Sinne des Wortes. In dieser Bandbreite wollen wir ein Programm entfalten. Da gehören eine geistliche Ausrichtung und Spiritualität genauso dazu wie gesund leben. Es geht dabei nicht um ein diffuses Gefühl von Spiritualität, sondern ganz konkret um Lebenshilfe.

Wie nehmen Sie die Nachfrage nach christlicher Literatur wahr?

Es wird nicht einfacher, solche Titel und Themen zu platzieren. Das habe ich in den vergangenen Jahren schon erfahren. Aber ich merke auch: Die Sehnsucht der Leute nach diesen Themen lässt nicht nach. Auch wenn viele Menschen die Kirchen verlassen, nimmt die Zahl der Sinnsucher nicht ab. Wenn es gelingt, da ein passendes Thema und die richtige Ansprache zu finden, ist das Interesse immer da. Das muss man ausloten. Der Buchmarkt hat sich in den vergangenen Jahren verändert, auch der christliche. Es ist kein Wachstumsmarkt. Dennoch wachsen einige Verlage in solchen Märkten. Wir hoffen, dass uns das mit bene! auch gelingt.

Sie waren zuletzt Verlagsleiter bei Gerth Medien und haben adeo mit aufgebaut. Sehen Sie sich jetzt in Konkurrenz zu diesen und anderen christlichen Verlagen?

In Konkurrenz steht man immer, aber ich würde das Wort im negativen Sinn eher vermeiden. Es ist ein gesunder Wettbewerb. In Deutschland bringen auch zahlreiche Verlage belletristische Werke auf den Markt, trotzdem gibt es immer wieder neue Verlage, die wachsen und sich behaupten. Deshalb ist mir nicht bange, dass es Konkurrenz gibt.

Was machen Sie jetzt anders als vorher bei adeo und Gerth Medien?

Schwer zu sagen. Man nimmt sich ja selbst immer mit. Das, was ich die letzten Jahre gut gekonnt habe, werde ich weiter tun, und meine Begabungen versuche ich auszuspielen.

Planen Sie bei der konzeptionellen Ausrichtung etwas Anderes?

Wir sind noch gar nicht so weit. Seit knapp acht Wochen bin ich bei Droemer Knaur, seit vier Wochen sind wir zu dritt unterwegs, insgesamt werden wir zu fünft sein. Wir haben noch nicht bis in jedes Winkelchen unsere Konzeption stehen, aber jetzt bereits ein erstes Programm. Für den Herbst 2018 probieren wir etwas Neues. Ich habe auch noch keinen Masterplan, wie die nächsten drei Jahre aussehen. Was funktioniert, bauen wir aus, was nicht, legen wir zur Seite. Nach fast 15 Jahren in der christlichen Verlagsbranche hab ich natürlich schon reichlich Erfahrung, was gehen könnte und was nicht. Es ist mehr als ein Versuchsfeld, aber natürlich auch keine sichere Bank.

Was geht denn besonders gut?

Jetzt schon zu verraten, was wir im kommenden Herbst vorhaben, ist nicht sinnvoll. Grundsätzlich ist es so: Die Menschen lieben gute Geschichten. Wenn ein Pfarrer sonntags auf der Kanzel über Vergebung spricht, dann ist das vielleicht eine gute Predigt, aber sie muss noch lang nicht geeignet sein, um sie bei Thalia als Buch über Vergebung zu verkaufen. Wenn man die Geschichte von jemandem erzählt, der ein schlimmes Schicksal hatte und anderen aufgrund seines Glaubens Vergebung schenkt, ist das etwas ganz anderes. Man muss nach Geschichten suchen, die direkt an das Leben der Menschen andocken.

Das erste Buch, das bei Ihnen erscheint, ist die Biografie von Margot Käßmann, „Folge dem, was dein Herz dir rät“. Sie hat unter anderem auch bei adeo veröffentlicht. Gehen die Autoren jetzt mit Ihnen in den neuen Verlag?

Frau Käßmann hat auch schon bei Herder, dem Gütersloher Verlagshaus und anderen veröffentlicht. Wir sind seit vielen Jahren miteinander unterwegs. Die Reise geht zusammen weiter, weil es immer auch um persönliche Beziehungen, nicht nur um Verlagsmarken geht. Das ist in der Branche öfters der Fall: Wenn entscheidende Köpfe wechseln, wechseln auch Autoren und Künstler mit.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Jonathan Steinert

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