Nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo bekundeten mit „Je suis Charlie“-Äußerungen viele schnell ihre Solidarität, schreibt Saviano in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Doch was bleibe davon? Der Italiener, der seit der Veröffentlichung seines Buches „Gomorrha“ über die Mafia-Organisation Camorra unter Polizeischutz steht, erinnert an Hunderte Journalisten, die für die Meinungsfreiheit starben oder immer noch leiden. 660 Journalisten seien im vergangenen Jahr ermordet worden, 178 verhaftet. „In der Türkei sitzen 23 Journalisten im Gefängnis, deren einzige ‚Schuld‘ darin besteht, für eine regierungskritische Tageszeitung zu schreiben“, schreibt Saviano. In Mexiko sei jemand wegen eines Tweets umgebracht worden, Saudi-Arabien habe den Blogger Raif Badawi wegen einer von ihm initiierten Islamismusdebatte auspeitschen lassen. Selbst in Italien ständen Dutzende Personen unter Polizeischutz, in Dänemark sei versucht worden, den Karikaturisten Kurt Westergaard zu töten, zählt der Italiener auf.
„Ignorieren wir diese Fälle nur deshalb, weil sie sich nicht in Paris oder Berlin zugetragen haben?“, fragt er. Erst die Meinungsfreiheit mache die westliche Welt zu einer freien Welt. „Sie ist kein juristischer Papierkram. Sie ist eine Errungenschaft“, schreibt Saviano. Dazu zähle auch die Freiheit, blasphemische Satire zu verbreiten. Aktuelle Diskussionen darüber, ob diese verboten werden sollte oder welche Äußerungen politisch korrekt seien, bezeichnet der Italiener als eine Niederlage für die Meinungsfreiheit. „Denn das Problem besteht ja nicht darin, was man sagt, sondern darin, dass man dadurch zur Zielscheibe wird.“