Im Dschihadismus gehörten alle freiheitsliebenden Menschen zum Feindbild – egal ob sie Christen seien, anderweitig oder gar nicht religiös. Bei den Attentaten von Islamisten gehe es um das Töten von Menschen, die diesem Feindbild entsprechen, erklärte Ednan Aslan im Interview mit „Glauben und Zweifeln“ in der Wochenzeitung Die Zeit. Gründe für solche Anschläge seien außerdem, dass Märtyrertum im Islam als „vollendeter Handel mit Gott“ betrachtet werde. Auch die Imame in Europa predigten, dass es die höchste Hingabe eines gläubigen Menschen sei, für Gott zu sterben. Wer als Märtyrer sterbe, dem würden alle Sünden vergeben, so die Vorstellung.
Aslan fordert deshalb, die Theologie des Islam zu hinterfragen, und kritisiert, dass viele islamische Theologen solche Lehren nicht in Frage stellten. Der Koran stelle eine Gefahr dar, „wenn wir Theologen die Bedeutung des Korans für den heutigen Islam nicht neu definieren“. Andernfalls fehle „dann einfach die religiöse Kompetenz, in Freiheit unsere eigene Tradition kritisch zu reflektieren“, sagte der 56-Jährige, der Islamische Religionspädagogik in Wien lehrt. Es bringe nichts, darauf zu vertrauen, dass Muslime in Westeuropa liberaler seien und sich von den Lehren vom Märtyrertum nicht beeindrucken ließen. Die islamischen Lehrbücher seien überall die gleichen. Deshalb predigten auch die Imame in Westeuropa ähnliches wie in den muslimischen Ländern.
Besonders viel Sorge bereitet Aslan der Einfluss dieser Lehren auf Kinder. So bringe ein Comic in einer Broschüre der türkischen Religionsbehörde Diyanet Kindern das Märtyrertum nahe. Diyanet sei als türkisch-islamischer Dachverband auch in Deutschland und Österreich die einflussreichste Organisation für Muslime. Eine Untersuchung des Universität Wien in islamischen Kindergärten in Österreich zeige ähnliche „alarmierende“ Ergebnisse. Aslan fordert deshalb auch eine Revidierung der islamischen Literatur für Kinder, zum Beispiel der Schulbücher für den islamischen Religionsunterricht. „In den empfohlenen islamischen Werken, die die Schüler lesen sollen, werden die Versklavung nichtmuslimischer Frauen und die Tötung Homosexueller als legitim verteidigt“, sagte er im Interview. Pluralität werde als unislamisch abgelehnt.