Wieder Thema im Europarat: „Gefahren des Kreationismus“

S t r a ß b u r g (PRO) - Der Europarat befasst sich in der kommenden Woche erneut mit dem umstrittenen Dokument "Die Gefahren des Kreationismus in der Bildung". Am Donnerstag beraten die Mitglieder der europäische Internationale Organisation über den Entwurf, der bereits im Juni zur Abstimmung kommen sollte. Aufgrund eines Antrags konservativer Abgeordneter war das Papier kurzfristig von der Tagesordnung genommen worden.
Von PRO

Entworfen hat das Dokument der französische EU-Politiker Guy Lengagne. Laut dem Tagesordnungsprotokoll der Sitzung des Europarates, die in der kommenden Woche vom 1. bis 5. Oktober stattfindet, soll das Papier am Donnerstag zur Abstimmung kommen. Es geht darum, so heißt es in dem Papier, die „Wissenschaft gegen den Kreationismus zu verteidigen“ und „die Lehre der Evolution als eine fundamentale wissenschaftliche Lehre in der Schule zu unterstützen“. Der Kreationismus sei nach den USA nun auch in Europa auf dem Vormarsch, Gläubige wollten die Schöpfungslehre in den Schulen verankern. Daher gelte es zu reagieren, „bevor es zu spät ist“, heißt es in dem Dokument wörtlich. Und weiter: „Wenn wir nicht wachsam sind, sind Werte, die den Kern des Europarates bilden, in Gefahr, von kreationistischen Fundamentalisten bedroht zu werden.“ (Hier lesen Sie das Dokument im Original http://assembly.coe.int/Main.asp?link=/Documents/WorkingDocs/Doc07/EDOC11375.htm)

Lengagne: „Rückfall ins Mittelalter“

Nachdem das Dokument bereits im Juni zur Abstimmung kommen sollte, hatte sich der belgische EU-Politiker Luc Van den Brande dagegen ausgesprochen, das Dokument auf der Tagesordnung zu belassen. Seinem Antrag war damals wenige Stunden vor der Sitzung stattgegeben worden. Van den Brande ist Fraktionsvorsitzender der Gruppe der Europäischen Volkspartei (EVP/ED) in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Die EVP/ED ist die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten im Europäischen Parlament und ein Zusammenschluss christlich-konservativer Parteien in der Europäischen Union.

Auf den Beschluss, das Dokument über „Die Gefahren des Kreationismus in der Bildung“ von der Tagesordnung zu nehmen, hatte der französische EU-Politiker Lengagne mit Entrüstung reagiert. Ers sah darin eine „Machenschaft“ von denjenigen, „die mit allen Mitteln die Evolutionstheorie bekämpfen und die Ideen des Kreationismus unterstützen“. Aus seiner Sicht verübten Anhänger des Kreationismus einen „Angriff auf die Menschenwürde“, es handele sich um einen „Rückfall ins Mittelalter“.

Beispiel aus Deutschland: Gießen

In dem Dokument werden in 105 Punkten Hintergründe und Entwicklungen des Kreationismus aus Sicht des EU-Parlamentariers zusammengetragen. Zudem werden angebliche Einflüsse des Kreationismus in europäischen Ländern dargestellt. Über Deutschland heißt es in dem Bericht (Punkt 73): „In einer Universitätsstadt im Land Hessen, Deutschland, sind kreationistische Lehren offenbar bereits in mehreren Schulen verbreitet. Biologielehrer eines staatlich anerkannten Gymnasiums lehren ihre Schüler, dass ein Schöpfer der Ursprung von verschiedenen ‚Haupttypen‘ der Tiere ist. Davon alarmiert wandten sich einige Eltern der Schüler an das Erziehungsministerium des Landes Hessen, das jedoch keinen direkten Verstoß gegen die Unterrichtsvorgaben sah und sich in diesen Fällen für nicht zuständig erklärte. Einige Eltern nahmen daraufhin ihre Kinder von dieser Schule.“ Auch „Fälle“ aus den Niederlanden, Großbritannien, Polen, Schweden und zahlreichen weiteren EU-Staaten werden aufgelistet.

Explizit betont wird, dass Kreationismus nicht mehr allein in den USA vorkomme, sondern längst auch Europa erreicht habe. Daher wäre es verhängnisvoll für die EU, keine vorbeugenden Maßnahmen gegen den Einfluss der Kreationisten zu treffen.

„Religiöse Fundamentalisten greifen an“

„Die Evolutionstheorie wird von religiösen Fundamentalisten angegriffen, die dazu aufrufen, den Kreationismus in europäischen Schulen parallel zu oder sogar als Ersatz der Evolutionslehre zu unterrichten. Aus wissenschaftlicher Sicht besteht absolut kein Zweifel daran, dass die Evolution eine zentrale Theorie für unser Verständnis des Universums und des Lebens auf der Erde ist“, heißt es in dem Dokument.

Kreationismus hingegen sei in allen seinen Formen, wie etwa „Intelligent Design“, „nicht auf Fakten gegründet“ und werde nicht wissenschaftlich betrieben. Zum Ziel der Verabschiedung des Dokumentes heißt es: „Der Europarat ruft die Erziehungsministerien seiner Mitgliedstaaten auf, wissenschaftliches Wissen zu fördern und die Evolution zu lehren und jeglichen Versuchen entschieden entgegenzutreten, Kreationismus als wissenschaftliche Disziplin zu lehren.“ Denn es sei das „Hauptziel“ der Kreationisten, ihre Lehre in Schulen unterrichten zu lassen.

Der Europarat, eine aus 47 Mitgliedstaaten bestehende europäische Internationale Organisation, will laut Sitzungsplan am Donnerstag über das Dokument diskutieren und abstimmen, das die Lehre des Kreationismus, den Glauben an einen Schöpfer, scharf verurteilen soll. Der Europarat wurde 1949 gegründet und hat seinen Sitz in Straßburg. Die von der Parlamentarischen Versammlung verabschiedeten Texte geben dem Ministerkomitee, in dem alle Außenminister der Mitgliedsstaaten vertreten sind, den nationalen Regierungen, Parlamenten und politischen Parteien sowie anderen Gesellschaftsbreichen „wichtige Orientierungshilfen“.

Europäische Evangelische Allianz schaltet sich ein

Die Europäische Evangelische Allianz rief unterdessen Christen dazu auf, sich an die Abgeordneten ihrer Heimatländer zu wenden, die im Europarat vertreten sind. „Wir rufen die Abgeordneten dazu auf, das Dokument abzulehnen“, so die Allianz. „In einer Demokratie sollte es weder Säkularen noch Gläubigen möglich sein, eine Lehrmeinung aufzuzwingen. Wenn eine Theorie keine Bedrohung für Gesetz und Recht darstellt, sollte es Wissenschaftlern und ihren Studenten ermöglicht werden, diese zu prüfen, darüber zu diskutieren und zu ihren eigenen Schlüssen zu kommen. Es wäre unfassbar, wenn der Europarat die freiheitliche Diskussion über Ideen verhindern will“, so die Europäische  Evangelische Allianz.

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