Wie zu Luthers Zeiten: „The Book of Eli

Im Endzeit-Streifen "The Book of Eli" ziehen Räuberbanden mordend durch die Straßen Amerikas und versuchen die Hauptfigur Eli des Letzten zu berauben, was ihm noch wichtig ist. Warum sollte gerade das Christliche Medienmagazin pro über einen blutigen Science Fiction berichten? Ganz einfach: Eli besitzt die letzte Bibel der Welt – und ist in göttlicher Mission unterwegs.
Von PRO
Dreißig Jahre nach einem Meteoriteneinschlag und dem letzten großen Krieg der Menschheit, ist die Erde nicht mehr als ein öder Felsbrocken. Die Ozonschicht ist zerstört, ein Großteil der Bevölkerung im Krieg gefallen. Es war wohl der oft herbeizitierte "Clash of Civilizations", ein Zusammenstoß der Religionen und Kulturen, der den Kampf ausgelöst hat – nach Ende des Krieges hat die übrige Menschheit reagiert und alle Bibeln verbrannt. Alle bis auf eine. Die trägt Eli, Hauptfigur des Films "The Book of Eli" und gespielt von Denzel Washington, bei sich – und verteidigt sie mit seinem Leben.

Eine Welt ohne Bücher

Denn das Buch der Bücher erscheint in einer Zeit, in der es kaum noch Geschriebenes gibt, auch für Ungläubige von unschätzbarem Wert. Dreißig Jahre nach der Menschheitskatastrophe leben nur noch wenige der Vorkriegsgeneration. Das Lesen haben die Jüngeren nicht mehr gelernt. Die Verhältnisse sind erbärmlich: Das Wasser ist knapp und Fleisch gibt es kaum, weshalb viele ihren Hunger durch Kannibalismus stillen. Der Filmbösewicht Carnegie, gespielt von Gary Oldman, weiß das für sich zu nutzen: Indem er nach dem Krieg die Menschen um sich scharte und ihnen Wasserquellen zugänglich machte, die er noch aus der Zeit vor dem Krieg kennt, machte er sich die Massen untertan.

Zur absoluten Kontrolle, so glaubt er, fehlt ihm aber eines: die Heilige Schrift. "Ich weiß, welche Macht in ihr steckt", sagt er und spricht damit etwas aus, was schon Karl Marx sagte. Religion ist Opium des Volkes. In den falschen Händen kann Glaube benutzt werden, um Menschen zu unterdrücken. Für Carnegie gilt das im Besonderen, ist er doch einer der Wenigen, die überhaupt noch in der Lage sind, die Bibel selbst zu lesen. Ganz wie in vorreformatorischen Zeiten könnte er das Wort Gottes auslegen, wie es ihm beliebt. Kontrolliert würde er durch niemanden. Die Bibel ist für Carnegie nicht mehr als eine Waffe. Eli hingegen ist Gott begegnet. Kurz nach dem Krieg hörte er eine Stimme, die ihm beschrieb, wo die letzte Bibel zu finden ist. Eli nahm sie an sich und erhielt einen Auftrag: "Bring sie nach Westen." Seitdem wandert der alternde Jünger durch Amerika. Immer auf der Suche nach seinem Bestimmungsort. Täglich studiert er die Schrift. Als er die junge Solara trifft, die ihn auf seinem Weg begleiten will, lehrt er sie das Beten. Die Analphabetin bittet ihn, etwas aus der Bibel vorzulesen und Eli zitiert Psalm 23.

Ein christlicher Science-Fiction-Cowboy

"The Book of Eli" ist die alte Geschichte des Kampfes Gut gegen Böse. Auf der einen Seite steht der wahre Gläubige, der den Willen Gottes ausführen will, ihm gänzlich vertraut und so schließlich seine Bestimmung findet. Auf der anderen Seite steht der Machtgierige, der den Glauben für seine Zwecke missbrauchen will und sich so selbst zerstört. Der Film von Allen und Albert Hughes spart nicht an blutigen Szenen. Eli verteidigt sich und die Bibel mit Schwert und Schusswaffe. Die Frage, warum ein von Gott Berufener, der täglich die Bibel liest, so viel Gewalt ausübt, müssen sich die Macher gefallen lassen. Genauso muss man aber fragen: Warum stellten sie ausgerechnet das Wort Gottes ins Zentrum ihres Films? Gezielt warb "The Book of Eli" im Vorfeld der Veröffentlichung mit Glaubensmotiven. Auf dem Filmposter wirkt Denzel Washington wie ein gefallener Engel. Die Waffe auf seinem Rücken mutet wie ein Flügelpaar an, sein Kopf ist gesenkt, wie zum Gebet. Auf der Homepage prangen die Worte "Erlöse uns" hinter dem Oberkörper des Hauptdarstellers, "Glaube" oder "Religion ist Macht" sind weitere Slogans.

Fast kann man schon jetzt die Stimmen deutscher Feuilletonisten von einer christlichen Unterwanderung Hollywoods munkeln hören, schließlich zitiert Washington ausgiebig, teilweise minutenlang die Bibel und kniet immer wieder zum Beten nieder. In den USA, wo "The Book of Eli" schon im Januar anlief, wird der Film trotz seiner Brutalität als christlich gehandelt. Die "Washington Post" etwa schreibt: "Werden Zuschauer diese ungewöhnliche Mischung aus Religion und brutaler Gewalt sehen wollen? Na schauen Sie sich doch die ‚Passion Christi‘ an." Die "Associated Press" nennt Eli einen "christlichen Cowboy", fügt jedoch hinzu: "Dass ein solch spiritueller Film sich so an der Gewalt ergötzt (die Toten gehen in die Dutzenden), ist ein Widerspruch zu seiner Botschaft der Rettung der Zivilisation durch die Bibel." In einem weiteren Artikel nennt die "New York Post" den Film gar "unverfroren christlich".

Regisseure: "Ganz und gar nicht christlich"

Dem Science-Fiction-Blog "io9" sagten die Hugh-Brüder, welche Ausrichtung sie ihrem Film ursprünglich geben wollten: "Wir haben gezielt einen Film gemacht, um aufzuzeigen, dass man aus einem Buch – wie der Bibel, dem Koran, der Torah oder anderen heiligen Schriften – immer das herauslesen kann, was man hineinlegt. Wenn man dogmatisch über Dinge denkt und ein vorgefasstes Weltbild hat, wird man am Ende sagen: ‚Das ist ein christlicher Film‘ und man wird entweder glücklich oder sauer darüber sein. Aber wenn man offen ist, sich zurücklehnt und den Film anschaut, ihn vielleicht nochmal anschaut, weil da so viele subtile Dinge passieren, wegen derer es sich lohnt, den Film noch einmal zu schauen… Ich glaube ganz und gar nicht, dass Sie dann mit diesem Gefühl hinausgehen."

Hauptdarsteller Denzel Washington aber ist dafür bekannt, immer wieder in Interviews über seinen Glauben zu sprechen. 2009 erklärte der Sohn eines Pfingst-Pastors der amerikanischen Ausgabe der Zeitschrift "Readers Digest": "Ich lese die Bibel täglich. Gerade bin ich in meinem zweiten Durchgang durch das Johannes-Evangelium. Mein Pastor sagte mir, ich solle mit dem Neuen Testament beginnen, also tat ich es, vielleicht vor zwei Jahren. Ich arbeitete mich durch, dann durch das Alte Testament. Jetzt bin ich wieder im Neuen Testament. Beim zweiten Mal ist es besser." Und weiter: "Mein Glaube hilft mir zu verstehen, dass es nicht die Umstände sind, die mein Glück, meinen inneren Frieden erzeugen."
 
Washington: "Gott in die Augen schauen können" 

Der Süddeutschen Zeitung sagte er im vergangenen Jahr: "Ich würde mich nicht als religiös, sondern als spirituell bezeichnen." Religion werde von Menschen benutzt, um ihre Interessen oder Einstellungen zu unterfüttern. "Das finde ich bedenklich. Gerade weil es dann schnell darum geht, meine Religion ist richtig und deine ist falsch. Ich halte nichts von Bevormundung, jede Religion hat ihre eigenen Rituale und keines ist besser als die der anderen." Weiter sagte Washington, er bete täglich. Letztendlich versuche er, sein Leben so zu führen, dass er sich selbst im Spiegel anschauen könne, ohne sich zu schämen. "Denn darum wird es auch am Ende des Lebens gehen, dann wird Gott dir nämlich diesen Spiegel vorhalten. Ich möchte mich nicht wegducken müssen, sondern ihm in die Augen schauen können, wohl wissend, dass ich dabei geholfen habe, die Erde zu einem besseren Platz zu machen." Deshalb spende er zum Beispiel Geld an die Kirche. Washingtons Devise: "Glaube, woran du willst, aber glaube an was. Und bedank dich ab und zu mal beim Lord, das hat noch keinem geschadet." Das tut Washington im Film ausgiebig. Die Rolle des gläubigen Eli ist ihm zwar nicht auf den Leib geschrieben worden, Parallelen zu seinem Privatleben finden sich dennoch allemal – nur die Pumpgun lässt Washington hoffentlich unangetastet. (pro)

"The Book of Eli", deutscher Filmstart am 18. Februar, 118 Minuten, USA 2009, FSK 16 beantragt
http://thebookofeli.warnerbros.com
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