Kranke werden gesund und Wasser wird zu Wein – über den Umgang mit Wundern sind nicht alle Christen einig. Dass man viel mehr staunen sollte über das, was wir erleben, sagt der Kirchenhistoriker Christoph Markschies in einem Gespräch in der Zeitungsbeilage Christ und Welt.
Warum wir viel mehr bestaunen können, als wir denken, erklärt Theologe Christoph Markschies in Christ & Welt
Das „Wunder von Bern“, der Mauerfall, Jesu Auferstehung – dass es immer wieder Wunder gibt, die wir als Christen bestaunen können, betont Christoph Markschies in Christ und Welt, der Beilage der Wochenzeitung Die Zeit. „Es wäre eine ziemliche menschliche Selbstüberschätzung, zu denken, dass die Grenzen unseres Verständnisses der Welt auch die Grenzen der Welt an sich wären.“ Jedoch differenziert er: „Das Wunder von Bern“ sei eine Redeweise, die das Eintreffen eines unwahrscheinlichen Ereignisses ausdrücke. Aber „Wunder“ im religiösen Sinne spiele vielmehr auf ein göttliches Eingreifen an. Für Markschies gehören Wunder zu einer „Kategorie, die es erlaubt, das Nichtwissen in fromme Haltungen wie Lob und Dank zu übersetzen“.
So hält Markschies den medizinischen Fortschritt der letzten Jahre für ein Wunder. „Hat Jesus tatsächlich einen Gelähmten geheilt? Ist es nicht vielmehr ein Wunder, dass Gott den Menschen so weit als sein Ebenbild geschaffen hat, dass er mit seinem Verstand solche bewegenden medizinischen Fortschritte machen konnte?“, fragt der Kirchenhistoriker von der Humboldt-Universität Berlin. Embryonenforschung und Genmanipulation hält er damit nicht für grundsätzlich falsch. Der medizinische Fortschritt bedeute nicht, dass Wissenschaftler im Labor zusammensäßen und kleine Monster zusammenbastelten. Es gehe in erster Linie darum, Lebensqualität zu steigern und dabei trotzdem die mit dem Fortschritt einhergehenden ethischen Probleme im Blick zu haben.
„Ich staune über das Leben“
„Unser christlicher Glaube in Mitteleuropa ist aus vielerlei Gründen eine enge Verbindung mit neuzeitlicher Rationalitätskultur eingegangen“, erklärt Markschies. Daher mahnt er zur Vorsicht, von einer aufgeklärten Warte her andere Leute als „beschränkt“ zu erklären, etwa in Bezug auf die Praxis von charismatischen Gemeinden wie der Pfingstkirche. Problematisch werde es erst, wenn Mitglieder charismatischer Gemeinden den Stand der Medizin abwehrten und sich lediglich auf Heilung durch Handauflegen verließen. „Man kann nur davor warnen, wenn Alternativen aufgemacht werden im Sinne von: Wenn du wirklich glaubst, gehst du nicht zum Onkologen.“ Das sei nicht nur medizinischer, sondern auch theologischer Unsinn. Der Glaube solle die medizinische Kunst nicht geringschätzen.
„Dem Protestantismus täte es ganz gut, wenn er ein wenig mehr von den Grenzen der menschlichen Vernunft reden würde, wenn er mehr staunen könnte und gelegentlich wieder über Gott wie Welt verwundert wäre“, findet der Berliner Historiker. „Ostern ist etwas passiert, was ich nicht erklären kann. Ich bin nicht so töricht, dass ich, nur weil ich es nicht erklären kann, nicht daran glaube. Lieber staune ich darüber, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern das Leben den Sieg behält. Und ich freue mich darüber.“ Und nur dann ergebe der Karfreitag für ihn Sinn: wenn der Tod nicht siege.
Jesu Tod am Kreuz „muss ein unendlich schlimmer Erstickungstod gewesen sein, verbunden mit schrecklicher Brutalität“. Es sei „staunenswert“, dass jemand in solch einer Situation so souverän bleibe, wie Jesus es beweise. „Dieser Tod ist etwas Besonderes.“
Christoph Markschies ist Theologe an der Humboldt-Universität Berlin. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt auf Älterer Kirchengeschichte. (pro)
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