Wie das Smartphone um sich greift

Vor fünf Jahren kam das erste iPhone von Apple auf den Markt und läutete die massenhafte Verbreitung von Smartphones ein, dem "Spiegel" zufolge eine "Weltrevolution". Das Nachrichtenmagazin fragt in seiner aktuellen Titelgeschichte, wie sich die Kombination von Telefon und Internet auf den Menschen auswirkt.
Von PRO

Schon vor dem iPhone, das am 29. Juni 2007 seinen Verkaufsstart hatte, habe es Versuche gegeben, ein Smartphone an den Mann zu bringen. Doch erst das Produkt des Elektronikkonzerns Apple sei so einfach zu bedienen gewesen, dass es eine breite Masse angesprochen habe. Auf diese Einfachheit setzten inzwischen auch andere Hersteller wie Samsung oder Sony, erklärt Thorsten Dirks, Vorstandschef des Mobilfunkanbieters E-Plus, den Erfolg des Smartphones.

Inzwischen nutze jeder dritte Deutsche ein Smartphone, schreibt der "Spiegel". Die große Verbreitung ziehe aber zweideutige Folgen nach sich: "Das Smartphone ist das Yin und Yang der digitalen Welt." So wirke das Smartphone dank seines Internetzugangs und der verfügbaren Apps wie ein "Problemlöser" in einer komplexen Welt. Andererseits mache das Smartphone selbst diese Welt immer unübersichtlicher dank des immerwährenden und immer schneller werdenden Informationsflusses.

Selbstbestimmung und Erschöpfung

In einem Gespräch mit dem "Spiegel" verweist die amerikanische Soziologin Sherry Turkle auf Veränderungen im menschlichen Umgang: So gebe es zunehmend weniger echte Gespräche, da Menschen mit Smartphones lieber schriftlich kommunizierten anstatt sich anzurufen. "Da ist ein klar erkennbarer Wandel, und der ermöglicht es, menschlichen Kontakt zu reduzieren und sich ganz ungeniert vor sozialen Situationen zu verstecken", so Turkle.

Auch für die Arbeitswelt lassen sich negative Konsequenzen festmachen. Inzwischen gelte das Prinzip der "digitalen Anwesenheit": Auch außerhalb der Arbeitszeiten seien Mitarbeiter erreichbar oder bearbeiteten kurz vor dem Schlafengehen noch berufliche Emails. Dies bedeute einerseits mehr Selbstbestimmung, da sich jeder einzelne seine Arbeitszeiten ein Stück weit selbst festlegen könne. Andererseits führe die neue Arbeitsweise zu Erschöpfung und seelischem Leiden.

Nicht immer sei die Technik Schuld an dieser "Entgrenzung der Zeitstrukturen", wie es der St. Gallener Soziologe Franz Schultheiß nennt. Auch die Eitelkeit der Arbeitnehmer spiele dabei eine Rolle. Immer im Einsatz zu sein zeige, wie wichtig jemand ist und dass er gebraucht wird. "Arbeitnehmer sind Täter und Opfer zugleich", bringt Schultheiß es auf den Punkt.

Grenzen ziehen

Entscheidend sei es daher, Grenzen zu ziehen, raten Psychologen im "Spiegel". Dazu reichten banale Kniffe: So solle vor dem Beginn des Essens jedem die Möglichkeit gegeben werden, Smartphones zu checken. Während des Essens sollten sie dann nicht mehr angerührt werden. Um Abstand zu gewinnen, seien Spaziergänge oder Puzzeln ratsam: Alles diene der Erholung vom "technischen Dauerstress".

Doch auch Unternehmen gingen die Probleme an: Volkswagen etwa leite ab einer bestimmten Uhrzeit geschäftliche Emails nicht mehr auf die Diensthandys um. Paul Meier von Microsoft in Deutschland wähle den Weg der direkten Absprache: Er vereinbare Zeiten mit seinen Mitarbeitern, wann er auf keinen Fall geschäftlich kontaktiert werden möchte. Es sei eine Frage der Firmenkultur, ob sich Mitarbeiter erlauben können, mal nicht erreichbar zu sein, so Meier. (pro)

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