Wie das Geschäft mit der Zukunft in den Ruin führt

Meistens ist es die Suche der Menschen nach einer Antwort auf ihre existentiellen Fragen nach Glück und Gesundheit. Auch Lebenskrisen machen sie anfällig für die Wahrsagerei. Wie viel Menschen bereit sind, in vermeintlich übernatürliche Fähigkeiten zu investieren, zeigte ein aktueller Beitrag der ZDF-Sendung "Mona Lisa".
 
Von PRO

"Vor allem die Einsamkeit und die Krankheit haben mich da hinein
geführt", beschreibt Eva, eines der Opfer, die anonym bleiben möchte,
ihre Gründe. Jahrelang hat sie auf die Macht der Sterne vertraut. Als
sie nach gesundheitlichen Problemen und einer verpfuschten ärztlichen
Behandlung in eine schwere Krise schlitterte, suchte sie nach dem
Verlust von Arbeitsstelle und Freunden den Ausweg aus der Krise in der
Astrologie.
Der Teufelskreis begann mit dem Kauf von thematischen Büchern. Bald nahm sie auch erste kostenpflichtige Astro-Hotlines in Anspruch. Die Beraterin am anderen Ende der Leitung habe "nachvollziehbare Antworten gegeben", betont Eva in der Rückschau. Innerhalb kurzer Zeit habe sie mehr als 5.000 Euro verloren. Noch heute hat sie Schulden. Mittlerweile hat sie dort seit einigen Monaten nicht mehr angerufen und den Absprung geschafft. In der Krise war für sie der persönliche Kontakt zu anderen Menschen hilfreich: "Mir ist das auch selber klargeworden, dass das keine Lösung sein kann, dass die keine Antworten auf meine Probleme geben können", sagt sie im Hinblick auf die Astro-Hotlines.

Von der Wahrsagerei in den Selbstmord getrieben

Für Joachim Huessner gab es kein Happy End. Seine Ex-Frau Petra fragte bei einer anstehenden beruflichen Veränderung eine Wahrsagerin um Rat. In einem Zeitraum von eineinhalb Jahren wurde aus einer stabilen Frau mit verantwortungsvollem Job eine psychisch so labile Person, die es nicht mehr aushielt, in der Nähe ihrer Familie zu leben. Nach 13 Jahren Ehe verließ sie ihren Mann und kappte sogar den Kontakt zu den Kindern. "Sie war irgendwann so besessen davon, dass sie auf dem richtigen Weg war, denn sie hat ja ihre Familie dafür aufgegeben, dass sie nur noch glauben konnte, das muss gut gehen", erzählt Huessner. Die Erfahrungen über den Selbstmord seiner Frau hat er in dem Buch "Ein Weg hinters Licht: Ein autobiographischer Roman" aufgearbeitet.

Einsamkeit ist auch aus der Sicht von Matthias Pöhlmann von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) ein wichtiger Gefahrenpunkt für Menschen, die solche Angebote nutzen. Pöhlmann, der die multimedialen Angebote der Branche auswertet, definiert dies als "’Fast-Food-Astrologie‘, die süchtig machen kann". Vorgegaukelt werde eine kompetente Lebensberatung und die Bewältigung von Lebensproblemen, während die Praxis das Gegenteil zeige.

Bis vor den Bundesgerichtshof

Der dritte Fall den "Mona Lisa" beschreibt, handelt von einem Unternehmer Mitte 40, der anonym bleiben möchte. Der Geschäftsmann rief ein Jahr lang mehrmals täglich bei einer spirituellen Lebensberaterin an und hatte bereits 35.000 Euro an die Dame gezahlt. Sein Rechtsanwalt erklärt vor laufender Kamera, dass der Verlust seiner langjährigen Freundin, ohne die er sein Leben nicht mehr für lebenswert hielt, der Knackpunkt gewesen sei. "In dieser Notlage, diesem psychischen Down, hat die Dame ihm versprochen, ihm herauszuhelfen und das hat er sich ständig erwünscht, erhofft."

Ein Suchtberater riet ihm schließlich, weitere Zahlungen zu verweigern. Der Fall wurde auch deswegen publik, weil die selbsternannte Lebensberaterin  ausstehende 6.700 Euro von ihm forderte und dafür vor Gericht zog. Der Fall ging bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) und die zentrale juristische Frage war, ob ein Hellseher für seine magischen Leistungen überhaupt Geld verlangen kann. Der BGH urteilte vor wenigen Tagen, dass Wahrsager und Kartenleser für ihre zwielichtigen Dienste nicht horrende Geldbeträge verlangen dürfen, wenn die Kunden in "schwierigen Lebenssituationen" oder psychisch labil sind.

Den konkreten Fall verwies der Gerichtshof an die Vorinstanz zurück. Das Oberlandesgericht Stuttgart muss klären, ob es eine Vereinbarung zur Bezahlung zwischen Kartenlegerin und Kunden gab. Außerdem muss er prüfen, ob die Kartenlegerin die Zwangslage und das mangelnde Urteilsvermögen ihres Kunden ausgebeutet und damit gegen "die guten Sitten" im Sinne von Paragraf 138 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verstoßen hat. Ob der Mann das Honorar also tatsächlich begleichen muss, ist ungewiss. Die drei Fälle zeigen alle, dass die Suche nach Seelenheil und dem richtigen Weg Menschen in Not ernsthaft abhängig machen und sie sogar in den finanziellen Ruin treiben kann. (pro)

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