Das Vertrauen in deutsche Medien ist gesunken, findet „Mr. Tagesthemen“ Ulrich Wickert. Im Gespräch mit der Wirtschaftswoche erklärt er, welchen Anspruch Journalisten an sich haben sollten, warum ein Misstrauen gegenüber der Presse herrscht und welche Themen für die Berichterstattung Tabu bleiben sollten.
Ulrich Wickert hat sich kritisch zu den Einflüssen von Russland auf die deutsche Presselandschaft geäußert
Journalisten haben die Aufgabe, aufzuklären und Wissen zu vermitteln, damit sich der Leser eine Meinung bilden kann. Dies sagt der ehemalige Tagesthemen-Sprecher Ulrich Wickert im Gespräch mit der Wirtschaftswoche. Der Anspruch, Fakten von Meinungen zu trennen, sei aktueller denn je. Die Medien müssten Dinge klar benennen, ohne zu überlegen, wem sie damit schadeten oder Argumente lieferten.
„Dinge benennen, um sich damit auseinander zu setzen“
Wickert betont auch, dass Medien durch wirtschaftliche Interessen geprägt seien. Die Frage nach der Auflage und dem Gewinn beschränke ihre Rolle als vierte Gewalt im Staat. Die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln hätten gezeigt, dass die Bevölkerung durch die Recherche der Medien zwar alles erfahre, trotzdem seien manche Dinge tabuisiert worden: „Es gibt Momente, in denen man benennen muss, dass es algerische oder marokkanische oder tunesische Jugendliche gibt, die ein gewisses Verhalten in Deutschland an den Tag legen, das wir nicht dulden“, findet Wickert.
Die Dinge müssten klar benannt werden, um sich damit auseinanderzusetzen. In Köln habe die Polizei die Herkunft der Täter verschwiegen, um Rechtsradikalen kein Material zu liefern. Es sei kein neues Phänomen, in den Medien zu tabuisieren. Aktuelle Vorfälle gebe es in Schweden und England. Deutschland wolle sich in Bezug auf das Dritte Reich und die Vernichtung der Juden besonders human zeigen: „Dann halten es manche für human, wenn sie gewisse Dinge nicht aussprechen“, erklärt Wickert.
Gezielte Diskreditierung von außen?
Wickert kritisiert in dem Interview eine gezielte Diskreditierung der deutschen Presse von außen. Vor allem der russische Staat betreibe Propaganda gegen deutsche Journalisten, „um ihr Vertrauen zu erschüttern“. Moskau habe den Front National in Frankreich finanziell unterstützt. Zudem benutze sogar der russische Außenminister die falsche Geschichte eines angeblich vergewaltigten deutsch-russischen Mädchens, „um zu behaupten, dass die deutschen Medien Dinge verschweigen. Das finde ich schon enorm“.
Er habe zwar keine Belege dafür, dass der russische Geheimdienst Pegida unterstütze: „Aber wir müssen darüber nachdenken!“ Die Auseinandersetzung russischer Medien mit deutscher Berichterstattung zeige, dass es Versuche der russischen Propaganda gebe, Dinge in Deutschland zu bewegen. Hierzu gehören für Wickert auch eine falsche Behauptung über einen Bericht im WDR, der in Wirklichkeit nie existiert hat oder der Versuch, eine kritische ZDF-Dokumentation zu diskreditieren. Spekulationen und Gerüchte, die über Facebook verbreitet werden, schaue er sich nicht an. „Da steht zu viel Müll drin.“ Außerdem werde vieles ohne Beleg behauptet.
Wickert studierte in Bonn und Middletown Jura und Politikwissenschaften. 1968 begann er nach dem ersten juristischen Staatsexamen als freier Hörfunkautor bei der ARD. Es folgten unter anderem Stationen als ARD-Korrespondent in Washington und als Leiter der ARD-Studios in New York und Paris. Später war er über Jahre das Gesicht der ARD-Nachrichtensendung Tagesthemen, die er bis 2006 moderierte. Wickert ist in dritter Ehe mit der Vorstandsvorsitzenden von Gruner + Jahr, Julia Jäkel, verheiratet. Seit 2011 gibt es eine nach ihm benannte Stiftung für Kinderrechte, die unter dem Dach von Plan International firmiert. Außerdem ist Wickert Pate für ein Kinderhospiz. (pro)
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