Werbung: Grenzüberschreitung in 69 Fällen

Der Deutsche Werberat sorgt dafür, dass "Werbung im Rahmen der Gesetze, des Anstands und der Moral bleibt", so sein Sprecher Volker Nickel. In insgesamt 69 Fällen sah das Kontrollgremium diese Grenzen im vergangenen Jahr überschritten. Die Gesamtzahl der beanstandeten Kampagnen in Deutschland ist aber leicht gesunken.
Von PRO

Wie die ZDF-Sendung "heute" auf ihrer Internetseite mitteilte,
erreichten den Deutschen Werberat 2009 Proteste gegen 255
Werbekampagnen. Im Vorjahr waren es noch 264. Davon waren 186 Proteste
aus der Sicht des Rates unbegründet, 54 Unternehmen stellten nach der
Kritik ihre Werbung ein. Dennoch habe es auch Fälle krasser
Grenzüberschreitungen gegeben, erklärte der Werberat-Vorsitzende
Hans-Henning Wiegmann. Angesichts der Wirtschaftskrise hätten die
Beanstandungen gegen die Werbung in Deutschland nicht zugenommen, so
Wiegmann auf "Welt online".
In acht Fällen wurde eine kritisierte Reklame verändert. Sieben Mal erteilte der Werberat eine öffentliche Rüge, weil das jeweilige Unternehmen zu keiner Änderung der Reklame bereit war. Der Werberat erhält in jedem Jahr hunderte Beschwerden aus der Bevölkerung. Die Proteste reichen vom Vorwurf der Jugendgefährdung und der Gewaltverherrlichung bis hin zur Verletzung religiöser Gefühle.

"Dumpf sexistisch"

Eingestellt wurde die Kampagne einer Kaufhauskette, die mit den Worten "Größe zählt" warb und dabei ein tief ausgeschnittenes Dekolleté zeigte. Weil damit die Bildschirmgröße einer Spielkonsole gemeint war, beurteilte der Werberat dies als Frauendiskriminierung. "Solche Slogans sind dumpf sexistisch – und verstoßen sogar gegen die Regeln der Werbewirtschaft", schreibt das Nachrichtenportal "Spiegel Online".

Ein Bekleidungshersteller bewarb eine Rabattaktion mit dem Foto einer jungen Frau im Bikini, die ein Schild mit der Aufschrift "Ich bin billig! Bis 60 Prozent Rabatt." vor ihren Bauch hielt. Weil mit der Kampagne Gefühle von Frauen verletzt werden, stellte sie das Unternehmen ein. Laut "Spiegel Online" betrafen 35 Prozent der Beschwerden Reklame, die Frauen diskriminiere.

Elf Prozent der Beschwerden beschäftigten sich mit der Gewaltverherrlichung. In dem Werbespot eines Holzfachmarktes waren Schläge eines Mannes gegen eine Frau zu hören und der Satz: "… schlägt die Preise klein". Es gab auch einen seltenen Fall von Männerdiskriminierung: Ein Autoverleih hatte mit dem Bild eines nackten Mannes geworben, dessen Unterleib von einem Schild verdeckt war. Darauf stand: "Wenn’s mal auf die Größe ankommt".

Gefährliches Muster für Kinder

Beanstandet wurde zudem das Plakatmotiv einer Reinigungskette, auf dem ein Kind in einer Waschmaschinentrommel spielte. Hier sahen die Aufpasser ein gefährliches Muster für Kinder. Als moralisch zweifelhaft gerügt wurde die Werbemaßnahme eines Herstellers von Espressoautomaten. Die Werbepost in Form einer Todesanzeige entpuppte sich erst auf den zweiten Blick als Nachricht über das "Ableben des Kaffeefilters".

Gerügt wurde auch ein Fernsehsender, der auf Großflächenplakaten für eine neue Sendung warb, deren Hauptperson ein Serienkiller ist. Das mit Blutspritzern bedeckte Bild und die beiden Textelemente "Keine Angst. Der will nur töten" und "Du sollst nicht töten. Lass ihn das machen" zeugten aus Sicht des Kontrollgremiums von einer klaren Gewaltverharmlosung.

Nicht mit einer Rüge geahndet wurde der Einwand eines Zuschauers, der sich über einen Pudding-Hersteller beschwert hatte. Dieser bewarb sein Produkt mit einer Comic-Kuh namens "Paula". Die Verwendung eines Frauennamens für eine Kuh sei diskriminierend, zudem trage in seiner eigenen Familie jemand diesen Namen. Weil es sich "dabei um überwiegend sehr persönliche Wahrnehmungen und Ansichten der Beschwerdeführer" handele wurde der Einwand zurückgewiesen.

Den Deutschen Werberat gibt es seit 1972. Dort kann jeder Bürger Beschwerde einlegen. Seit fast vier Jahrzehnten regelt der Werberat solche Konflikte zwischen Konsumenten und werbenden Unternehmen. Der Werberat wird allerdings vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) getragen und ist somit keine unabhängige Instanz. (pro)

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